Es gibt Termine, da kann man sich gar nicht vorstellen, dass sie einmal nicht wären. Die Gedenkwallfahrt der Veteranen- und Traditionsvereine aus dem Chiemgau am letzten Sonntag im August auf die Kampenwand ist so ein Termin.
Trotz der offiziellen Absage der Veranstaltung durch die ausrichtende Gemeinde Schnaitsee und die Gemeinde Aschau kamen die beiden Vorsitzenden der Interessengemeinschaft der Krieger-, Veteranenvereine und Soldatenkameradschaften im Landkreis Rosenheim Pius Graf und Gauvorstand Michael Bernauer vom Gauverband der Krieger- und Soldatenkameradschaften des Chiem- und Rupertigau – zusammen mit dem Schnaitseer Diakon Konrad Maier und einer Abordnung der Krieger- und Soldatenkameradschaft Schnaitsee – zur Kapelle „Maria, Königin des Friedens“ auf der Steinlingalm und legten dort zur Erinnerung an die Gefallenen und Vermissten des Chiemgaus ein Blumenbukett nieder. Die Gemeinde Schnaitsee wäre in diesem Jahr die Ausrichterin der Gedenkfeier gewesen. Dazu kamen noch einige Vereinsmitglieder von verschiedenen Vereinen der IG Rosenheim und des Gauverband des Chiem- und Rupertigaus trotz strömenden Regens und Nebels auf die Kampenwand und gedachten ihrer Kameraden – ganz so wie in den vergangenen 68 Jahren.
Gauvorstand Michael Bernauer lud die wenigen Unentwegten, die auf eigenen Antrieb auf die Steinlingalm gekommen waren, zum Gedenken ein: „Seit 75 Jahren dürfen wir in unserer schönen Heimat in Frieden und Freiheit leben. Wir gedenken aller Toten aus unserer Heimat dem Chiemgau, die ein Opfer der beiden Weltkriege wurden und die ihr Leben in diesen Kriegen verloren. Leider ist der 69. Gedenkgottesdienst für die Gefallenen des Chiemgaus am heutigen Sonntag aufgrund der Pandemievorgaben abgesagt worden. Wir wollen trotzdem im kleinen Rahmen ohne Vereine und Ehrengäste ein kurzes Gedenken an der Gedächtniskapelle feiern“.
Diakon Konrad Maier ging in wenigen Worten auf die Gefallenen und damit auch auf das Schicksal der einzelnen Familien ein. Weiter führte er auf, wie sinnlos doch die Auseinandersetzungen der vergangenen Kriege waren und auch in den heutigen Konflikten viel Leid ertragen werden muss.
Die Gedenkwallfahrt der Veteranen- und Traditionsvereine aus dem Chiemgau war seit ihrer Einführung 1951 bisher noch niemals ausgefallen und wurde bei jedem Wetter an der Kriegerkapelle „Maria – Königin des Friedens“ durchgeführt. 100 und mehr Fahnenabordnungen, dazu die Aschauer Gebirgsschützenkompanie, die Musikkapelle des ausrichtenden Ortes und zahllose Gläubige aus der Region trafen sich bei gutem Wetter an der Steinlingkapelle „Maria, Königin des Friedens“ und auch bei grauslichem Schneetreiben, Dauerregen oder Nebelreißen waren immer noch mindestens 50 Vereinsfahnen am Berg. Sie gedachten bei einer der größten Bergmessen der gefallenen und vermissten Kameraden aus dem gesamten Chiemgau. Seit 1951 wechselt die Ausrichtung zwischen den ehemals 58 Gemeinden im Landkreis Rosenheim und im Landkreis Traunstein hin und her, jede Gemeinde hat dieses Treffen schon mehrfach ausgerichtet. In diesem Jahr wäre die Wallfahrt zum 69. Mal durchgeführt worden – auch sie fiel Corona zum Opfer, wie so vieles in diesem Jahr.
Die Heimkehrer aus den beiden großen Kriegen des 20.Jahrhunderts sahen bei ihrer glücklichen Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft als erstes die vertrauten heimischen Berge wieder; als äußeres Zeichen des Zusammenhaltes und des Erinnerns bauten sie das Gipfelkreuz auf den Ostgipfel der Kampenwand, des markantesten Berges im Chiemgau. Am 26. August 1951 wurde es eingeweiht, seitdem ist der Gedenktag auf den letzten Sonntag im August festgelegt. Das „Chiemgaukreuz“ ist mit zwölf Metern Höhe und 54 Zentnern Gewicht das größte eiserne Gipfelkreuz in den Bayerischen Alpen. Bronzene Gedenktafeln erinnern an die Gefallenen und Vermissten von 58 Gemeinden rund um den Chiemsee aus den beiden Landkreisen Rosenheim und Traunstein.
Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg