Eine 17-jährige Spanierin rebelliert gegen die kapitalistische Gentrifizierung in ihrem großstädtischen Umfeld.
In Madrid sind die Verhältnisse eng geworden, das Leben der weniger wohlhabenden Bevölkerungsschichten wird immer prekärer. Die 17-jährige Ana lebt, seit die Ehe ihres Vaters Aitor und ihrer Mutter Isabel geschieden wurde, zusammen mit ihrem Bruder Luis bei Aitor. Ana kritisiert die Verhältnisse und streitet viel mit ihrem Vater, in dem sie einen Handlanger des Kapitals sieht. Sie läuft öfter von zuhause weg und taucht einige Tage später wieder auf mit einem neuen Tattoo oder einem neuen Piercing. Mit 17 bricht Ana die Schule ab und zieht ins „El Agujero“, ein besetztes Haus in Lavapiés, einem Viertel von Madrid, das vom großstädtischen Strukturwandel noch nicht erfasst wurde. Sie wohnt dort mit ihrem Freund Alfon und ein paar anderen anarchistischen Gesinnungsgenossen, die für eine andere bessere Welt kämpfen und sich gegen Gentrifizierung und fortschreitenden Kapitalismus wenden. Die Gruppe im „El Agujero“ macht Demonstrationen und Widerstandsaktionen, die aber kein großes Aufsehen erregen. Alfon und Anna ist das zu wenig, sie planen einen Sprengstoffanschlag auf ein noch unbewohntes Hotel.
Der Roman vergegenwärtigt die gesellschaftlichen Probleme einer spanischen Großstadt in ihrer zeittypischen Verflechtung sowie die dadurch hervorgerufenen Spannungen im Innern einer Familie. Der Autor, ein Erzähler von Format, zeichnet seine Figuren hautnah, glänzt mit klugen, mitunter auch recht düsteren Alltagsbeobachtungen und wirft mit den philosophischen Fragestellungen, mit denen sich seine Figuren herumschlagen, grundlegende, die Menschen bewegende Fragen auf. Ein anspruchsvoller Roman für Leserinnen und Leser literarischer Romane der Gegenwart.
Buchprofile-Rezension von Günther Freund
José Ovejero, Aufstand, EDITION NAUTILUS, 2022, 328 S., 26,00 €
ISBN/EAN: 9783960542964