Josef erlebt eine Kindheit, die geprägt ist von fehlender Liebe und Geborgenheit, Angst und Schuld. Er lebt mit seiner Mutter im Haus der Großeltern in einem Dorf in Schlesien. Als uneheliches Kind ist er ein Schandfleck in der Familie. Seine Mutter, eine gebrochene Frau, schützt ihn nicht vor den Misshandlungen der Großeltern. Die Schulkameraden hänseln ihn, weil er keinen Vater hat. Als er seinen Nachbarn Wilhelm Reckzügel kennenlernt, erfährt er in dessen Familie zum ersten Mal in seinem Leben liebevolle Zuneigung. Es ist aber auch die Zeit, in der die Nazis in Deutschland auf dem Vormarsch sind und das Land für die jüdische Bevölkerung zu einem gefährlichen Pflaster wird. Wilhelm, überzeugter Nazi, befreundet sich mit Josef, beschützt und fördert ihn und versteht es blendend, den unbedarften Jungen in Richtung Nationalsozialismus zu lenken. Der angehende Arzt nutzt die Macht, die ihm seine braune Uniform gibt, skrupellos aus für seine Zwecke aus. Er lehrt Josef, was „Rassen“ sind und wie man sich gegen den „undeutschen Geist“ wappnet. Josef wird zu seinem folgsamen Gehilfen, spioniert die Bewohner im Ort aus und ist stolz darauf, dass er gebraucht wird. Als Josef die Perfidität von Wilhelms Treiben bemerkt, kommt es zum Bruch.
Ihren Roman hat die Autorin erst in fortgeschrittenem Alter unter dem Eindruck der lange verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer Eltern geschrieben. Sie versteht es recht gut, die Atmosphäre und die schwierigen Umstände Deutschlands während der Hitlerzeit zu vergegenwärtigen. Eine absolut lohnende Lektüre.
ISBN/EAN: 9783865328311