Im Pfarrheim von Berchtesgaden stellte Prälat Dr. Walter Brugger sein neues Buch „Unterm Gipfelkreuz des Lebens“ vor. Eingangs bedankte sich Anton Plenk junior vom Plenk-Verlag beim Autoren dafür, dass das Werk in einer Zeit des Umbruchs in der Kirche zur richtigen Zeit erschienen ist. Die Kirche – so der Verleger weiter – steht unter einem großen Spannungsfeld, da sie von der Taufe bis zum Tod die schönsten, aber auch die schwierigsten Momente zu begleiten hat. „Wie sieht das ein Pfarrer? Wie geht ein Pfarrer damit um? Wie schafft man es, diesen ganzen Spannungsbogen abzudecken? – all diese Fragen bekommen in diesem Buch antworten, denn Pfarrer Brugger gewährt tiefe Einblicke und er hat auch nicht Rücksicht auf manche Würdenträger oder hierarchische Strukturen genommen“ – so Anton Plenk in seinen einführenden Worten.
Ehe Autor Dr. Walter Brugger Auszüge aus dem Buch vorlas stellte er sich und einige seiner prägendsten Erlebnisse vor. Zu diesen gehörten unter anderem der Streit um die Wiedereröffnung des alten Friedhofs in Berchtesgaden, die Seligsprechung von Kaspar Stangassinger, die „Wies“ bei Freising als seine neue Heimat und das nunmehrige Leben im Wohnstift in Marquartstein. Dem Menschenschlag der „Berchtesgadener“ und dem teilweise erstarrten Brauchtum in Berchtesgaden werden weitere Beiträge gewidmet. Während der Präsentation hebt Dr. Brugger zwei sehr schwere Schicksalsschläge in seinem Leben als Pfarrer in Berchtesgaden hervor und diese Textstellen aus seinem Buch hervor, so auch diese:
Auf den Tag drei Monate nach dem Drama am Schablweg, am 12. Januar 1992, ereignete sich das zweite, in der Auswirkung auWf die betroffene Ehefrau und Mutter vielleicht noch schlimmer und grausamer als das am 12. Oktober 1991. Was war geschehen? Der Vater Peter Schnur (33) aus der Königseestraße fuhr am Sonntag (12. Januar) mit seinen beiden Töchtern Katrin (7) und Daniela (4) nachmittags nach Marktschellenberg. Von der Abzweigung Kugelmühle-Almbachklamm ist die Alpenstraße (Schnitzhofallee) bis Marktschellenberg als „Rennstrecke“ bekannt und berüchtigt. Hier geschah es: Überholmanöver – Gegenverkehr – das Fahrzeug kracht an zwei Bäume – der Vater ist sofort tot, und die zwei Mädchen liegen im Gras – zwei Notärzte bemühen sich noch Stunden, um zu retten, was zu retten war – alles umsonst. Jetzt bist du wieder gefragt, du musst in die Königseestraße, zur Witwe und zur verlassenen Mutter der beiden Töchter. Es ist wieder das gleiche, wie beim Schablweg. Du hast Angst, dieses Mal panische Angst. Denn ich musste auch damit rechnen, dass mich Frau Schnur nicht mehr sehen will und mir vielleicht entgegenschleudert: „Herr Pfarrer, mit Ihrem Gott habe ich es nicht mehr!“ Da ist wieder Hilfe von oben erfleht, aber auch gezeigtes Mitleiden und Mittrauern. Dann die Begegnung: ein Bild, das ich nicht mehr vergessen konnte. Sie hat mich nicht hinausgeworfen, im Gegenteil. Sie saß auf der Couch und hatte in ihren Armen, links und rechts, die Puppen ihrer Katrin und Daniela. Ich durfte mich zu ihr setzen, sie umarmen und mitweinen. Wieder – auf den Tag nach drei Monaten – am Samstag, 17. Januar 1992, war das Requiem. In der Ansprache habe ich klar gemacht, dass ich auf das „Warum?“ auch keine Antwort habe, aber dass wir uns behutsam vielleicht an einen letzten Sinn herantasten sollten, der nur im Kreuz und in der Auferstehung liegt und gefunden werden kann. Nur keine frömmelnden Worte, die würden hier wie Gift wirken. Dann die Beerdigung: Ein großer Sarg und zwei weiße Kindersärge hinter mir. Ich musste den Totengräbern Anweisungen geben, wie man die Särge einzeln hinunterlassen soll, so waren auch sie erschüttert und fassungslos. Soll ich mich jetzt noch einmal wiederholen, wie es mir in diesen Tagen ging und woher ich die Kraft habe, das alles durchzustehen? Wer von Ihnen hat nicht Ähnliches erlebt, und wie haben Sie es dann geschafft? !
Nach dieser Lesung erklärt Prälat Dr. Walter Brugger: „Warum ich das so breit geschildert habe? Damit man einen Bereich des Pfarrerlebens kennenlernt, der den meisten Leuten verborgen bleibt. Wie geht es mir als Pfarrer in so einer Situation? Wer steht mir dann bei, wenn ich heimkomme? ER allein, sonst Niemand!“.
Fotos/Buch-Titel: Plenk-Verlag – Prälat Dr. Walter Brugger bei der Buchpräsentation im Pfarrheim Berchtesgaden
Buch-Informationen: 24,80€ ISBN 978-3-98504-061-2
Bestellbar unter: Verlag Plenk Berchtesgaden Telefon 08652-4474 oder online unter www.plenk-verlag.com