Die Chorgemeinschaft der Pfarrei Mariä Himmelfahrt und das Collegium Musicum Prien studieren eines der ergreifensten und größten Werke der romantischen Chorliteratur ein. Am Sonntag, den 26. November um 18 Uhr wird in der Priener kath. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms aufgeführt. Die musikalische Leitung hat Rainer Schütz. Der Vorverkauf hat bereits begonnen, Karten sind erhältlich im Ticketbüro Prien, Tel. 08051/96566-0.
Nachdem ihn so lange der Selbstzweifel geplagt und die Ignoranz insbesondere des heimischen Hamburger Publikums geschmerzt hatte, war aus ihm in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als er endgültig nach Wien zog, ein angesehener und enthusiastisch gefeierter Komponist geworden. Der Verleger Simrock soll ihm die Bude eingerannt haben, um noch das letzte beschriebene Notenblatt zu ergattern, das inzwischen gutes Geld wert war.
Wie die Architekten, Literaten und Maler seiner Zeit, so entwickelte auch Brahms ein ausgeprägtes historisches Interesse für sein Metier, das nicht nur Beethoven, Bach und Händel galt, sondern Rückgriffe auf Palestrina, die niederländische Kanontechnik und die mittelalterlichen Kirchentonarten gestattete. Mit bedeutenden Vorgängern befasste sich Brahms wie kaum ein Komponist zuvor; er studierte sie, beteiligte sich aktiv an der Herausgabe von Gesamtausgaben und sammelte Originalhandschriften. Dies alles nicht aus rein konservatorischer Absicht, sondern um wichtige Kompositionstechniken kennen zu lernen und fortzubilden.
Dass er trotz dieser Rückbesinnung einem Komponisten positiv auffiel, der der Musik die radikalste Erneuerungskur verordnet hatte, die ihr je zugemutet wurde, geriet Brahms zur spektakulärsten posthumen Würdigung. Die Rede ist von Arnold Schönberg, der, von den Nazis vertrieben, in Kalifornien den Übergang von der Tonalität zur Zwölftontechnik als eine Entwicklung beschrieb, die sich bei den großen Komponisten der Vergangenheit bereits angebahnt habe. Schritt für Schritt sei es zur Verlagerung der harmonischen auf die motivische Arbeit gekommen. In diesem Umstand vermutete Schönberg den Fortschritt in der Musik und beschrieb darum Brahms als progressiven Künstler, da dieser ein Meister der „entwickelnden Variation“ und thematischen Durchdringung des musikalischen Satzes gewesen sei.
Nachzulesen ist dies im Aufsatz „Brahms, the progressive“, den Arnold Schönberg 1949 für sein Buch „Style and Idea“ schrieb. Brahms war für ihn alles andere als ein Kopist. Er war ein Vortrupp der Avantgarde, der seine Stücke aus kleinsten motivischen Zellen aufbaute und so zur Auflösung der Tonalität beitrug.
Die Vertonung der Totenmesse (Requiem) ist im schaffen eines komponisten selten ein gelegenheitswerk. manchmal ist der komponist – wie es wohl bei mozart war – selbst von todesahnungen ergriffen und sucht seine schwermut und angst, die bangen gedanken an tod und Jenseits sich von der seele zu schreiben. manchmal möchte der komponist einem geliebten menschen oder verehrten künstlerkollegen eine letzte musikalische Ehre erweisen, wie bei Verdi, der sein Requiem zum tod des Dichters manzoni komponierte. Bei Johannes Brahms können Anlass und motivation für sein »Deutsches Requiem« nicht zweifelsfrei rekonstruiert werden. sicher ist, dass der tod seines freundes und förderers Robert schumann, der 1856 nach Jahren der umnachtung in der heilanstalt Endenich bei Bonn starb, ihn tief erschütterte. und dass auch der tod der mutter 1865, fast zehn Jahre später, ein aufwüh- lendes tragisches Ereignis in seinem leben darstellte. sicher ist wohl ebenfalls, dass ihn jenseits dieser realen trauerfälle ein grundsätzlich tragisches lebensgefühl leitete. Ebenso wichtig ist, dass Johannes Brahms als komponist reifen und den künstlerischen Durchbruch schaffen wollte. überwiegend kleinere Werke, klaviermusik, kammermusik, lieder hatte er bis dahin komponiert. nun strebte er nach einem in Besetzung und format »großen« Werk. Die Entstehungsgeschichte des Deutschen Requiems ist kompliziert und zieht sich über Jahre hin.