Kirche

Bräuche und Legenden für die Winterzeit: Stille Nacht

In der Christmette des Jahres 1818 erklang zum ersten Mal das berühmteste Weihnachtslied der Welt: „Stille Nacht, heilige Nacht“. Niemals hätten sich die Verfasser des Liedes vorstellen können, dass ihr Gedicht, ihre Melodie, einmal um die Welt gehen würden.

Entstanden ist das Lied im österreichischen Oberndorf im Salzburger Land, direkt am Grenzfluss zu Bayern, der Salzach, gelegen. In der Salzachschleife steht heute die Stille-Nacht-Kapelle an der Stelle, an der bis vor gut hundert Jahren die St.-Nikola-Kirche über die Salzschiffer wachte, die auf der gefährlichen Wasserstraße immer wieder den Segen des Schifferpatrons Nikolaus erflehten.

Franz Xaver Gruber war Kantor und Organist in dieser Kirche, Joseph Mohr der junge Hilfspriester. Dieser hatte, weil kurz vor Weihnachten die altersschwache Orgel von St. Nikola versagte, ein Gedicht geschrieben und es dem Kantor mit der Bitte überreicht, eine „passende Composition für zwei Solostimmen mit Chor und Guitarrenbegleitung“ zu komponieren. Und so sang der junge Priester in der Christmette die Oberstimme des neuen Liedes und begleitete sich selbst auf der Gitarre. Gruber übernahm die Bassstimme. Die Oberndorfer waren von dem Lied genauso ergriffen wie wir es heute noch sind: Ein Orgelbauer trug es zunächst ins Zillertal, Zillertaler Sänger führten es vor Kaiser und Zar und schließlich 1839 in den USA auf – heute sind Übersetzungen in 330 Sprachen und Dialekte bekannt.

Die alte Nikolauskirche wurde 1899 von einem Hochwasser schwer beschädigt und abgerissen. An ihrer Stelle erbaute man die Stille-Nacht-Kapelle, als Denkmal für die Friedensbotschaft des Liedes von Joseph Mohr.

Den Höhepunkt des Jahres bildet in Oberndorf die Weihnachtsandacht, die normalerweise an Heiligabend ab 17 Uhr an der Kapelle stattfindet. Das Schifferschützencorps und die Goldhaubenfrauen begleiten die Andacht. Nach Bläser- und Sängergruppen und Weihnachtsschützen läuten alle Kirchenglocken auf deutscher und auf österreichischer Seite und die Besucher aus aller Welt singen in ihren jeweiligen Sprachen das Stille-Nacht-Lied.

Dieses Jahr findet die Weihnachtsandacht wegen der Pandemie ohne Publikum statt, sie wird aber per Livestream übertragen, sodass jeder daheim dabei sein kann. Der Link findet sich auf der Seite www.stillenacht-oberndorf.com/events.

Entnommen aus dem Buch:

  • Autor: Dorothea Steinbacher
  • Titel: Wenn’s draußen finster wird. Bräuche und Legenden für die Winterzeit
  • Aufmachung: 192 Seiten, durchgehend vierfarbig
  • ISBN: 978-3-466-37224-9, Kösel Verlag 2020

Text und Bildmaterial: Dorothea Steinbacher (www.dorothea-steinbacher.de)


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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