„Schleswig-holsteinische Venus“, „Sirene“, „Heidnische Madonna“ oder „Donna Juana“ – so wurde Franziska zu Reventlow (1871 – 1918) schon zu ihren Lebzeiten bezeichnet. Sie war der Inbegriff der Schwabinger Bohème und einer freien, unkonventionellen Lebensführung. Sie war klug, sie war schön und sie lebte ihr eigenes Leben, jenseits der bürgerlichen Moralvorstellungen. In der Dokumentation ʺGräfin Reventlow und die Münchner Bohèmeʺ begibt sich die Münchner Schauspielerin Michaela May auf die Spuren der Schwabinger Skandalgräfin – am Dienstag, 5. Oktober 2021, um 22.50 Uhr im BR Fernsehen.
Wenn man vom alten Schwabing zur Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts spricht, dann hört man auch den Begriff ʺWahnmochingʺ. Und dann ist auch immer gleich die Rede von der Gräfin Franziska zu Reventlow, die diesen Ausdruck erfand, um klarzustellen, dass Schwabing kein geografischer Begriff ist, sondern ein Zustand, eine Vision.
Franziska zu Reventlow stammte aus dem schleswig-holsteinischen Hochadel, unterwarf sich aber nie den Konventionen der Gesellschaft oder den Moralvorstellungen ihrer Zeit. Sie war Geliebte, Prostituierte, Malerin, Schriftstellerin, Glasmalerin und Mutter. Den Vater ihres Kindes hat sie nie genannt – damals ein Skandal für die Münchner Gesellschaft. Doch dieser Lebensentwurf hatte auch seine Schattenseiten. Finanzielle Not bestimmte ihr gesamtes Leben – eine permanente Jagd nach Geld und Anerkennung.
Das Kabarettlokal „Simplicissimus“, das Café Luitpold, ʺDie Elf Scharfrichterʺ oder auch das legendäre Café Stefanie, in München liebevoll Café Größenwahn genannt, waren Franziska zu Reventlows Lieblingsorte, an denen sie ihre Auftritte hatte. Michaela May folgt diesen Spuren der Skandalgräfin. Ihr Streifzug durch Schwabing (und die Maxvorstadt, oder? Da ist zumindest der „Simpl“ :-)) lässt ein wenig auch die alten Schwabinger Größen wiederaufleben: den Schriftsteller Erich Mühsam, den Verleger Albert Langen oder den „Kosmikerkreis“, in dem sich Literaten und Philosophen wie Ludwig Klages, Stefan George oder Karl Wolfskehl bewegten.
Der Film ʺGräfin Reventlow und die Münchner Bohème“ ist eine Erinnerung an eine faszinierende Persönlichkeit, von der Erich Mühsam einst schrieb: ʺDas einzige altmodische an ihr ist ihr Name.“ Er ist aber auch ein Rückblick in eine Zeit, in der München zu einer Kunststadt von europäischen Rang aufstieg.
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Text und Foto: Bayerischer Rundfunk