Land- & Forstwirtschaft

Bienen-Gespräch auf dem Schachen

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Imkereifachberatung des Bezirks Oberbayern erforscht auf dem Schachen in 1.866 Metern Höhe, wie sich Bienen anpassen

Ob Alpenrose oder Enzian: Von Blüte zu Blüte fliegen derzeit sechs Bienenvölker rund um das Schachenhaus, das König Ludwig II in 1.866 Metern Höhe erbauen ließ. Der höchstgelegene Bienenstand Deutschlands wird vom Imkereifachberater des Bezirks Oberbayern, Arno Bruder, betrieben. Bei einem Ortstermin schildert der Imker, warum die Bezirks-Bienen den Sommer in luftiger Höhe verbringen dürfen und wie der gesammelte Honig mundet.

Herr Bruder, warum haben Sie die Bienenvölker auf dem Schachen und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse erhoffen Sie sich?
Arno Bruder: Zum einen geht es uns Imkern natürlich primär um die Frage, ob man in solchen Höhen Honig ernten kann und von welcher Qualität dieser ist. Die Imkereifachberatung des Bezirks Oberbayern möchte aber noch andere Fragen klären: Welche Alpenflora ist für die Bienen interessant? Wie liegen die Erträge im langjährigen Mittel? Denn es gibt ja allein durch die Witterung schlechte, mittlere und gute Erträge. Welche Trachtpflanzen dominieren den Gebirgshonig? Wie verändert sich die Flora mit dem Klimawandel und welche Pflanzenarten wandern bei zunehmender Erderwärmung nach oben? Aber auch Parameter wie der Varroa-Befall und das Verhalten der Bienenvölker bei extremen Wetterumschwüngen interessieren uns sehr.

Was haben Sie über den Varroa-Befall bisher Neues gelernt?
Der Befall ist hier oben wesentlich geringer als im Tal. Das liegt eventuell an der Alleinlage, das heißt, es fliegen keine belasteten Bienen aus anderen Völkern ein und bringen Huckepack weitere Milben von stark belasteten Bienenvölkern mit. Das ist in Tallagen oft der Fall, wenn Bienenvölker unter Varroa-Druck zusammenbrechen und die belasteten Bienen bei anderen Völkern Zuflucht suchen.

Sie haben bereits die extremen Witterungsverhältnisse erwähnt. Was müssen Sie beachten, damit es den Bienen hier oben gut geht?
Wir achten bei der Aufstellung auf die Windrichtung und einen trockenen, höher liegenden Standort. Grundsätzlich müssen auch die Futtervorräte stimmen; bei einem Kälteeinbruch müssen wir notfalls auch mal mit Honig zufüttern. Ganz wichtig ist auch, dass wir die Bienenvölker einzäunen, da es auf dem Schachen Weidebetrieb gibt.

Kommen Bienenvölker in Hochlagen natürlich vor?
Bienen kommen in vielen Gebirgen der Erde natürlich vor. In den Alpen wird die Bienenhaltung vor allem in Tallagen und Höhen bis zirka 1.200 Meter betrieben. Manche Imker bringen ihre Völker auch temporär in höhere Regionen, um beispielsweise die Alpenrosenblüte zu nutzen. Ein Bienenstand in fast 1.900 Metern Höhe wie hier auf dem Schachen ist aber außergewöhnlich.

Seit wann sind die sechs Völker in Hochlage?
Der Winter auf dem Schachen war sehr lang und besonders schneereich. Es lagen weit über vier Meter Schnee, die erst Ende Juni geschmolzen sind. Die Vegetation und die Alpenflora waren rund vier Wochen hinten dran als in normalen Jahren. Deshalb haben wir die Bienenvölker erst Anfang August, als sich die Blütenvielfalt entwickelt hat, raufgebracht.

Was tragen die Bienenvölker ein?
Wir sind immer wieder erstaunt, wie anpassungsfähig Bienen sind. Auch in diesen extremen Höhen sind sie in der Lage, die nur kurz, aber intensiv blühende Alpenflora zu nutzen und Nektar und Pollen zu sammeln. Auch das Sammeln von Honigtau in Fichten-, Tannen-, Kiefern- und Latschenbeständen haben wir beobachtet. Dies hängt eng mit dem vermehrten Auftreten von Ameisenkolonien in den Höhenlagen zusammen. Dort, wo solche Kolonien vorkommen, gibt es auch viel Honigtau für die Bienen.

Finden die Bienenvölker im Hochgebirge überhaupt ausreichend Nahrung?
Zumindest während des kurzen Bergsommers ist auf Grund der großen Blütenvielfalt der Tisch reich gedeckt. Wenn die Alpenrose großflächig blüht und das Wetter passt, kommen gute Honigeinträge zusammen. Wenn aber eine längere Kaltwetterperiode auftritt, kann es auch mal sein, dass wir eine Notfütterung vornehmen müssen. Das geschieht dann natürlich mit Honig.

Wie setzt sich das Pollenspektrum zusammen?
Das Pollenspektrum ist sehr vielfältig. Es können hier bis zu 30 verschiedene Pflanzenarten beteiligt sein. Dominant sind insbesondere Menyanthes trifoliata, der Bitterklee, und Dryas octopetala, der Weiße Silberwurz. Dieser Artenreichtum ist typisch für Honige aus Gebirgslagen.

Welche Pflanze schmeckt den Bienen am besten?

Wir beobachten immer wieder, dass die Bienen die Alpenrosen gerne befliegen. Aber im Grunde genommen suchen die Bienen immer die Blüten mit dem höchsten Nektar- und Zuckergehalt auf. Dies kann sich auch während eines Tages mehrmals ändern.

Den ersten Honig haben Sie schon geschleudert. Schmeckt er?
Der Gebirgshonig hat meist ein besonderes blumenreiches Aroma – kein Wunder bei der tollen Blütenvielfalt. Wenn der Anteil an Honigtau dominiert, ist er vom Aroma eher malzig, würzig. Leider sind die Erträge relativ klein – wir bewegen uns hier halt im Gourmetbereich. Klein – aber sehr fein!

Wann dürfen die Bienenvölker wieder runter ins Tal?
Wir wollen die Bienenvölker bis Ende September auf dem Schachen lassen, auch wenn das mit großem Aufwand verbunden ist. Zum einen rechnen wir mit weiteren Erkenntnissen darüber, ob die Bienen spät blühende Pflanzen aufsuchen. Zum anderen erhoffen wir uns weiteres Wissen zur Varroa-Thematik.

Bildnachweis: © Bezirk Oberbayern | Franz Munkelnbeck

 

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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