Die Schindelmacherei gehört zu den aussterbenden Berufen – eigentlich. Denn seit einigen Jahren erlebt das alte Handwerk eine Renaissance. Besonders bei moderner Architektur auf dem Land und denkmalgeschützten Gebäuden kommen Holzschindeln wieder zum Einsatz. So auch in Kloster Seeon, wo dem neu entstehenden Mesnerhaus jetzt ein „Schindelkleid“ aus regionaler Produktion angelegt wurde.
Spätestens seit der Bezirk Oberbayern sich in diesem Jahr den Standards der Erzdiözese München und Freising für „Nachhaltige Baumaterial- und Baustoffwahl“ angeschlossen hat, setzt er bei seinen Neubauten überwiegend auf regionale Materialien. Beim Mesnerhaus von Kloster Seeon war die Entscheidung für die ökologische Schindelfassade allerdings schon vorher gefallen. Wie die neue Energiezentrale des Kultur- und Bildungszentrums bekam nun auch das historische Gebäude, in das nach der Renovierung neben Klosterladen und Ausstellungsraum eine kleine Gastronomie einziehen soll, eine Hülle aus Lärchenschindeln.
Das Besondere dabei: Die Holzschindeln stammen komplett aus regionaler Herstellung. Sogar die dafür verwendeten Lärchen kommen aus dem Chiemgau und sind im Forstbetrieb Ruhpolding, Unterwössen und Teisenberg gewachsen. Was für Schindelmacher Stefan Rapold aus Inzell, in dessen Werkstatt die Seeoner Schindeln entstanden, tatsächlich eine Herausforderung war. Denn im Gegensatz zu Fichten und Tannen sind Lärchen in den hiesigen Wäldern eher selten. „Und nicht jeder Baumstamm lässt sich spalten“, erklärt er.
Doch warum musste es ausgerechnet Lärche sein? Stefan Rapold kennt die Antwort: „Weil der rötliche Farbton schön aussieht und weil Lärche ein sehr haltbares Holz ist.“ Das Mesnerhaus in Kloster Seeon ist nur eines von vielen Projekten, die seine Werkstatt momentan beliefert. Schon vor dem Ukraine-Krieg war die Nachfrage nach heimischen Holzprodukten stark gewachsen, und jetzt sind auch noch die Lieferungen aus Russland weggefallen. Als einer der wenigen heimischen Handwerker, der die Schindelmacherei noch beherrscht, kann sich Rapold aktuell vor Aufträgen kaum retten. In der allgemeinen Krise sieht er aber auch eine Chance: „Vielleicht besinnen wir uns dadurch ja wieder mehr darauf, dass wir regional und nachhaltig wirtschaften müssen.“
Berich tund Bilder: Bezirk Oberbayern