Kultur

Bayerns Dialektpreise 2024

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

„Unsere bayerischen Dialekte sind nicht nur Muttersprache in ihrer ursprünglichsten Form, sondern auch Ausdruck von Tradition, Heimatverbundenheit und Regionalität: Sie verbinden Menschen in ganz Bayern und schaffen ein Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit. Die beeindruckende Dialektvielfalt zählt zum kulturellen Erbe Bayerns und prägt die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren – Dialekte tragen maßgeblich zur einzigartigen bayerischen Lebensart bei! Unsere heutigen Preisträgerinnen und Preisträger setzen sich besonders für die Stärkung, Pflege und Erforschung der regionalen Mundarten ein. Dieses vorbildliche Engagement würdigen wir heute mit dem ‚Dialektpreis Bayern‘!“, freute sich Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der diesjährigen Preisverleihung am Dienstag (23.7.) in der Allerheiligen-Hofkirche in München.

„Unsere Dialekte haben allerdings nur Zukunft, wenn sie auch von jungen Menschen gesprochen werden: Es freut mich deshalb sehr, dass dieses Jahr erstmalig der ‚Dialektpreis Jugend‘ an zwei junge Menschen verliehen wird, die ihrem jeweiligen Dialekt ein modernes Gesicht verleihen“, so Füracker weiter. Der vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat seit 2017 verliehene und mit je 1.000 Euro dotierte ‚Dialektpreis Bayern‘ würdigt besondere regionale Verdienste im Bereich Dialektpflege und -forschung. Pro Regierungsbezirk ist grundsätzlich jährlich eine Auszeichnung vorgesehen, zusätzlich gibt es einen Preis für die sudetendeutsche Mundartpflege. Die Vorschläge für die Preisträgerinnen und Preisträger wurden im Vorfeld von den bayerischen Bezirksheimatpflegerinnen und Bezirksheimatpflegern eingereicht.

Erstmalig wurde 2024 zusätzlich der mit 1.000 Euro dotierte ‚Dialektpreis Jugend‘ an zwei junge Menschen verliehen, die Dialekt modern aufbereiten und dadurch andere junge Menschen motivieren, Dialekt zu sprechen und wertzuschätzen. Für den ‚Dialektpreis Jugend‘ konnten sich junge Menschen beim Heimatministerium bewerben, die mindestens 10 und höchstens 27 Jahren alt sind. Im Rahmen der Preisverleihung wurden zudem drei Hauptgewinner des „Dialektquiz Bayern“ für den Zeitraum Januar bis März 2024 ausgezeichnet. Die Hauptgewinne gingen an Barbara und Alfred Gleißner aus Weiden i.d.OPf. sowie an Hans Bauer aus Mistelgau (Landkreis Bayreuth).

Folgende Preisträgerinnen und Preisträger werden mit dem diesjährigen Dialektpreis Bayernausgezeichnet:

Oberbayern: Stefan Frühbeis

Als Chef des Digitalradiosenders BR Heimat sorgt Stefan Frühbeis für das Praktizieren und die Pflege des Dialekts in „seinem“ BR Heimat-Programm: Es spiegelt mit seinen tagesaktuellen Inhalten die verschiedenen bayerischen Dialekte in Bayern vorbildlich wider. Neben seinem Studium der Ethnologie, Volkskunde und vergleichende Landeskunde, Bayerische Geschichte und Zeitungswissenschaft absolvierte er studienbegleitend eine journalistische Ausbildung und ist nach eigener Aussage überzeugter „Musikant, Journalist und Radiomensch“. Ob in der Sendung „Fränkisch vor Sieben“ mit fränkischen Sprecherinnen und Sprecher oder in den Literaturlesungen und im Feierabendprogramm: Hauptaugenmerk des Senders ist die zur Musik passende Sprache zu finden. „Ich denke, je mehr das Pendel in Richtung Internationalität, Digitalisierung und Globalisierung ausschlägt, desto weiter schlägt es auf der anderen Seite auch wieder zurück. Die Menschen sehnen sich in diesen schnellen Zeiten nach dem Gefühl, irgendwo verwurzelt zu sein“, verdeutlicht Stefan Frühbeis den heutigen Stellenwert der Dialekte in Bayern.

Niederbayern: Mathias Kellner

Vom gelernten Schreiner zum erfolgreichen Liedermacher, Schauspieler und Kabarettist: Mathias Kellner wurde 1984 in Straubing geboren, bezeichnet sich selbst als „Niederbayerischer Oberpfälzer“ und laut der Süddeutschen Zeitung ist er „jemand, der inzwischen zum kabarettistisch-musikalischen Inventar des Freistaats gehört“. Im Jahr 2014 veröffentlichte er mit „Hädidadiwari“ sein erstes „bairisches“ Album. Neben eigenen Liedern singt er auch Coverversionen englischsprachiger Pop-Songs mit eigenen bayerischen Texten. Mittlerweile kann er 18 veröffentliche Alben und die (Mit)Arbeit an sechs Filmsoundtracks, unter anderem für den Eberhofer-Krimi „Dampfnudelblues“, für sich verzeichnen. In seinen Soloprogrammen finden sich auch kabarettistische Einlagen und „skurrile G’schichtn“ aus seiner Jugendzeit. Im Jahr 2007 erhielt er bereits den Jugendförderpreis des Bezirks Oberpfalz und 2019 das Kleine Passauer Scharfrichterbeil: In vielerlei Hinsicht ist Mathias Kellner ein Botschafter der bairischen Sprache bei Auftritten in und außerhalb Bayern.

Oberpfalz: Grete Pickl

Aus Kastl im Landkreis Amberg-Sulzbach stammend war Grete Pickl zwischen 1985 und 2000 Mitglied der Autorengruppe „Sindelbacher Kreis“. Seit 2000 ist sie Referentin im Kreisbildungswerk Neumarkt und gleichzeitig langjährige freie Mitarbeiterin beim Projekt „Baierisches Wörterbuch“ der Akademie der Wissenschaften. Neben Vorträgen über die Oberpfälzer Mundart, Oberpfälzer Sprichwörter und Oberpfälzer Bräuche ist ihr großes Hobby das Sammeln von Oberpfälzer Sprichwörtern und Kinderreimen. Ihr wohl bekanntestes Buch mit Gedichten und Texten in Oberpfälzer Mundart über das Essen heißt ganz einfach „Schmeckt’s?“. Zusammen mit ihrem Mann Georg ist Grete Pickl schon seit Jahrzenten eine Bereicherung für kulturelle Veranstaltungen und Publikationen zur Volkskunde, Literatur und Kunst in der Oberpfalz. Zudem hält sie Lesungen eigener Lyrik- und Prosawerke in Mundart, da sie so mit nur wenigen Worten sehr viel ausdrücken kann und die Gedichte mehr Klang bekommen.

Oberfranken: Hilde Ruß

Ganz nach ihrem Motto „Allans bist nix, fueraenanda bist von Nöten und erscht mitaenanda werd alles wos wert.“ liebt und lebt Hilde Ruß seit vielen Jahren den fränkischen Wortwitz, die Wortakrobatik und den Dialekt. Seit über 25 Jahren als Regisseurin tätig, spielt sie eine zentrale Rolle in der beliebten und regional erfolgreichen Theatergruppe Hallstadt. Neben ihrer Regietätigkeit ist sie auch in den unterschiedlichsten Rollen aufgetreten und bietet somit ein unfassbar breites Repertoire an Authentizität, Charme und Herzblut. Als Leitung des Kinder- und Jugendtheaters leistet sie zudem einen wertvollen Beitrag zur Jugendarbeit. Im Jahr 2007 gewann die Theatergruppe bei den Gesamtfränkischen Theatertagen mit ihrem „Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben“ den Wanderpokal „Theaterpärla“ der Arbeitsgemeinschaft Mundart-Theater Franken. Auch im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft zeigt Hilde Ruß großen Einsatz für den Erhalt der fränkischen Mundart und für die Förderung von Spielgruppen sowie Autoren.

Mittelfranken: Kapelle Bomhard

Die drei Brüder Georg, Heiner und Johannes Bomhard mit Wurzeln im mittelfränkischen Dietenhofen im Landkreis Ansbach sind seit 2017 als Trio Botschafter für moderne fränkische Volksmusik auf höchstem Niveau unterwegs. Die Kapelle kombiniert ihre ganz persönlichen fränkischen Liedtexte mit „klassischen“, aber neu interpretieren Volksmusikmelodien: Dabei sind die Lieder mal fränkisch frech, mal poetisch, mal melancholisch oder verträumt lyrisch und von tiefgründigem Humor. Das Trio hat bisher die drei Alben „Herbstgalopp“, „Heimat, du Rindviech“ und aktuell „Etz is Etz“ veröffentlicht. Zudem treten sie in ganz Franken auf, wie beispielsweise 2023 zum „Tag der Franken“ in Bad Windsheim, bei der Sendung „Wirtshausmusikanten“ des BR oder vor kurzem beim Mundartfestival „Edzerdla“ in Burgbernheim statt.

Unterfranken: Dialektgruppe des Männergesangvereins 1906 Erlabrunn e.V.

Die Dialektgruppe wurde im Jahr 2007 gegründet und hat sich den Erhalt des lokalen und ortstypischen Erlabrunner Dialekts im nördlichen Landkreis Würzburg zur Aufgabe gemacht. Da nur noch wenige Erlabrunner den alten ortstypischen Dialekt sprechen, möchte die Dialektgruppe gezielt das Potenzial der älteren Bevölkerungsschicht nutzen, um so den Erlabrunner Dialekt zu bewahren. Im Jahr 2009 hat die Dialektgruppe ein Dialekt-Wörterbuch mit dem Titel „Mir hömm guad rêidæ – Erlabrunner Wortschatz“ mit fast 300 Seiten unter Mitwirkung etlicher Erlabrunner herausgegeben: Die Präsentation dazu fand im Rahmen der Feierlichkeiten zum 800-jährigen Ortsjubiläum statt. Im Laufe der Jahre gab es noch weitere Veröffentlichungen, wie zum Beispiel das Erlabrunner Kochbuch „Was geids’n haüd?“ oder im Jahr 2023 Kostproben für das Dialektquiz Bayern des Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat. 2011 wurde die Gruppe in den Männergesangverein 1906 Erlabrunn e.V. integriert, der sich auch dadurch im Laufe der Zeit zu einem vielfältigen, modernen Kulturverein in und für Erlabrunn entwickelt hat.

Schwaben: Schwäbischer Dialektkurs für Ärztinnen und Ärzte an den Kliniken Mindelheim und Ottobeuren

Initiiert von der Abteilung für Allgemein,- Viszeral- und Gefäßchirurgie mit dem leitenden Oberarzt Dr. Georg Aumann handelt es sich hierbei um ein ganz besonders innovatives und enorm hilfreiches Projekt: Ein Schwäbisch-Kurs in völlig neuartigem Kontext von Krankenhäusern. Der ausgeprägte Unterallgäuer Dialekt von Patientinnen und Patienten stellt die praktizierenden Ärztinnen und Ärzte mit Migrationshintergrund in den Kliniken in Mindelheim und Ottobeuren regelmäßig vor eine große sprachliche Herausforderung. Diese Barriere soll mit Hilfe des Schwäbisch-Kurs spielerisch überwunden werden. Dabei ist der pensionierte Deutschlehrer Ulrich Ratzer als Kursleiter die ideale Besetzung: Seit Jahren ist er ehrenamtlich bei der sprachlichen Integration von Migrantinnen und Migranten in der Region engagiert.

Sudetendeutsche: Thomas Schönhoff

Thomas Schönhoff ist hauptamtlicher Mitarbeiter des Isergebirgs-Museums Neugablonz in Kaufbauren: Als Mundartsprecher der „Nachgeborenen-Generation“ spricht er im Alltag fast ausschließlich den Gablonzer „paurischen“ Dialekt. Der Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz wurde von Heimatvertriebenen aus Gablonz an der Neiße im nordböhmischen Isergebirge gegründet. Durch sein großartiges Engagement wird diese Mundart nicht nur weiterhin gepflegt, sondern auch gleichzeitig für Alteingesessene und Neubürger attraktiv und zugänglich gemacht. Zudem organisiert Thomas Schönhoff Busfahrten nach Gablonz/Jablonec und Umgebung, produziert Videos im paurischen Dialekt für das „wir noppern“-Projekt, brillierte im „Theater im Turm“ in der Rolle als „Böhmischer Don Camillo“ und stellt in gewissen Abständen Begriffe aus dem Paurischen inklusive der hochdeutschen Übersetzung in der lokalen Tageszeitung vor. Er erhielt die Goldene Ehrennadel „für außerordentlich treue Verdienste um die sudetendeutsche Heimat nach der Vertreibung“.

Mit dem ‚Dialektpreis Jugend‘ wurden ausgezeichnet:

Anna Augustin (geb. Neubauer):

Anna Augustin erhielt den ‚Dialektpreis Jugend‘ für ihre fröhlichen, lebhaften und erfrischenden Videos zum fränkischen Dialekt auf Instagram und YouTube. Mit ihrer unglaublichen positiven und sympathischen Art erklärt sie fränkische Redewendungen und Grammatik, immer mit einem Lachen im Gesicht. Anna Augustin hat spürbar Spaß am Dialekt und zeigt ihrem Publikum, dass Dialekt auch modern und angesagt ist.

Noah Hansen:

Noah Hansen ist Jungkoch und erhielt den ‚Dialektpreis Jugend‘ für seine Videos auf Social Media. In diesen dreht sich vieles um das Kochen in der Alpenrose in Samerberg. Dabei spricht Noah Hansen völlig ungezwungen und unverblümt Bairisch. Ein gutes Vorbild, denn unser Dialekt sollte für uns alle das normalste der Welt sein. Der Erfolg gibt Noah Hansen recht: Gerade weil er so ungezwungen Dialekt spricht, kommt er bei seinem Publikum so gut an.

Bericht und Bilder: Bayerisches Finanz- und Heimatministerium

 


Redaktion

Toni Hötzelsperger

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