Der bairische Tanzboden ist seit März verwaist. Auch der legendäre Münchner Kocherlball am Chinesischen Turm ist Corona zum Opfer gefallen. Jetzt hat Bayerns berühmter Tanzmeister Magnus Kaindl über den großen Teich geschaut und das Tanzen in der Reihe entdeckt. Sein Neuestes Tanzkonzept heißt Bavarian Line Dance. Damit alle wieder im Polka- oder Plattlerschritt zu bairischer Musi – aber mit Hygiene- und Sicherheitsabstand – tanzen können. Wie die neu aufgestellte Tanzlust ausschaut und wie sie abläuft, haben alle erlebt, die am Samstagnachmittag in den Diessener Seeanlagen, genauer in den Boxler Anlagen, direkt am Ammerseeufer das Tanzbein geschwungen haben.
„Wir sind ja so glücklich“, hörte man Reihe rauf, Reihe runter, dazu lauter lachende Gesichte und strahlende Augen. Von den Kindern über die Jugendlichen bis zu Oma und Opa, bewegten sich die Tanzlustigen im Takt, den Magnus Kaindl in gewohnter Manier frech, lustig, flott und am Ende immer schneller ansagte. Alle, die nicht so genau wussten, was Line Dance wirklich ist, sind jetzt schlauer und vermutlich sogar süchtig danach geworden in der tanzlosen Zeit. Line Dance, sagt Wikipedia, ist eine Tanzform, bei der einzelne Tänzer unabhängig von der Geschlechtszugehörigkeit in Reihen und Linien vor- und nebeneinander tanzen. Die Tänze sind passend zur Musik choreografiert, die meist aus den Kategorien Country und Pop stammt.
In Diessen und in den nächsten Wochen auch in München, stammt die Musik aus dem Repertoire, mit dem Kaindl im Frühjahr in den USA amerikanischen Trachtlern das bairisch Tanzen beibrachte und wo er mit einem der letzten Flieger vor der Corona-Sperre wieder heimgekommen ist. Aber was blieb, das hat ihn motiviert, fürs Bavarian Line Dance eigene Choreografien zu schreiben: Die bewegen sich vom gemäßigten Rheinländer über den bairischen Footloose bis zum flotten Polka-Tempo mit Wechselschritt, Nachstellschritt oder Hupfschritt. Dazwischen kommt schon mal eine Charleston-Figur gut an. Tanzformen, die bisher in unseren Breitengraden ungewöhnlich sind, weil wir doch es doch am liebsten mit der klassischen Tanzhaltung mögen oder mit dem modernen bairisch Freestyle halten.
Jetzt salonfähig: Kontaktlos Tanzen
Der in Diessen lebende Tanzmeister und Chef vom Kulturreferat München, Abteilung Volkskultur, möchte das gemeinsame Tanz-Erlebnis nicht auf der Strecke lassen. Deshalb hat er die Idee des kontaktlose „alleine“ Tanzens salonfähig gemacht. Diese neue Tanz-Mode feierte jetzt große Premiere. Selbst Diessen-Besucher, die mit dem Dampfer über den See gefahren sind, haben zugeschaut, eine Reihe gebildete und – gleich mitgetanzt. Der Schluss-Applaus, der auch den Musikanten Johannes Sift (Diatonische Harmonika), Marie Schreiner (Geige) und Christoph Lambertz (Bassklarinette) galt, hätte – wäre es nicht im Park gewesen – jeden Tanzboden zum Beben gebracht.
Neue Termine
Und weil es so schön war, geht es weiter: Samstag, 25. Juli, 16 Uhr, in den Seeanlagen Diessen mit Johannes Sift (diatonische Harmonika) und der Volksmusikgruppe ScheinEilig aus Violau, die im letzten Jahr mit dem beliebten Fraunhofer Volksmusikpreis 2019 ausgezeichnet worden sind. An den Start geht der Bavarian Line Dance jetzt auch in München, immer Donnerstag, 23. und 30. Juli, 19 Uhr, im Westpark, auf der Gymnastikwiese unterhalb des West-See, Treffpunkt Fit-im-Park-Bühne. Der Eintritt ist immer frei, über Spenden freut sich die Musi, Tanzvorkenntnisse sind nicht nötig, aber Anmeldung ist Voraussetzung unter volkstanz@muenchen.de.
Bericht und Fotos: Beate Bentele – Begeisterung der Tanzfreudigen am Ammerseeufer in Diessen
