Was man selten schönen Blumen nachsagt, das galt über ein halbes Jahrhundert für die Bilder von Max Raffler (1902-1988): Sie blühen im Verborgenen. Erst 1966 ist der Bauer aus Greifenberg von der Weltöffentlichkeit entdeckt und als „Rousseau vom Ammersee“ gefeiert worden. Jetzt sind die selten schönen Blumen des Bauernmalers neu aufgeblüht: Das Studio Rose in Schondorf zeigt eine Ausstellung mit den naiven Bildern, die in ihrer Vielfalt einem Spaziergang durch Rafflers Malwelten gleichen und wie durch ein Kaleidoskop die Heimat am Ammersee und das bäuerliche Leben Rafflers in der ihm eigenen Farbenkraft aufblättern und zum Schauen, Sehen, Betrachten einladen.
Dr. Silvia Dobler, die Kuratorin vom Studio Rose, strahlt: „Schon vor der Eröffnung wollten Besucher in die Galerie reinschauen. Zur Vernissage sind dann über 120 Raffler-Freunde gekommen.“ Auch Bürgermeister Alexander Herrmann steht inmitten des Rose Studios, das seit geraumer Zeit der Gemeinde Schondorf gehört, und erzählt von den Anfängen der Ausstellung: In fast jedem Haus in Schondorf, Greifenberg und Umgebung entdecke man Raffler-Bilder. So habe sich die Idee entwickelt, den berühmten Ammerseer einmal in Schondorf zu zeigen. Einem öffentlichen Aufruf, Leihgaben für die Ausstellung zu geben, seien viele, viele Menschen gefolgt, „so dass wir jetzt eine stattliche Präsentation der Raffler’schen Malwerke, beginnend aus den 1960-er Jahren zeigen können.“
Darüber ist vor allem Silvia Dober glücklich: „Es ist eine Herzensangelegenheit geworden“, freut sie sich und berichtet, wie sie sich dem Werk wissenschaftlich genähert hat. Die Intention schlummert schon in ihr, weil sie ja auch eine echte Ammerseerin ist, verwandt mit dem ehemaligen Bürgermeister Gerd Hoffmann und einer Inninger Familie. Die Leidenschaft zu dem naiven Schaffen Rafflers spricht aus jeden Wort, wenn sie fasziniert einzelne Bilder und Themen beschreibt und damit den Ausstellungsbesuchern den Raffler Maxl näher bringt und die Ausstrahlung der Bilder erklärt, auf winzige Details hinweist, die der Gedanken- und Erlebniswelt des einfachen Bauern aus Greifenberg entsprungen sind und die heute noch Einblicke und Stimmungen darstellen, die sich im digitalen Zeitalter längst verflüchtigt haben. Raffler hat mit dem Herzen dargestellt hat, was er in seinem Umfeld erlebt und wahrgenommen hat. Es befinden sich aber auch Bilder darunter von Orten, die Raffler persönlich nie erlebt hat. Es ist am Ende seiner Schaffenszeit üblich geworden, dass Kunden Fotografien in den Bauernhof in Greifenberg brachten, um sich ihre Lebensräume in naiver Malerei darstellen zu lassen.
GEFÜHLSEINHEIT MIT DER NATUR
Die „heile Welt“ Rafflers sind Erinnerungen an frühe Weltbilder, an vergangene Arbeits- und Daseinsformen, Dokumente des ursprünglichen Bauerntums. Kunstkritiker Oto Bihalji-Merin hat es einmal so gesagt: „Raffler hat, ohne es zu wissen, den letzte Wiederschein einer Zeitlandschaft festgehalten, in der Mensch, Tier, Pflanze und die Gesamtheit des Lebens eine Gefühlseinheit mit der Natur besaßen.“
Der malende Bub und Bauer ist erst mit über 60 der Weltöffentlichkeit ein Begriff geworden. Sein Nachbar, der Akademieprofessor Toni Roth (1899-1971) hat ihn zu einem Sonntagsmalerwettbewerb in Amsterdam angemeldet. Die Jury – darunter auch Oskar Kokoschka – erkannte ihm unter 3.648 Einsendungen aus 14 Ländern den zweiten Preis zu. Danach wars vorbei mit der Ruhe auf dem Raffler-Hof in Greifenberg. Galeristen und Sammler rannten den Rafflers – damals lebte er mit den Schwestern Fanny und Maria zusammen – die Türe ein, was den Maxl rein äußerlich nicht berührte.
Gesprochen hat er nur mit wenigen Menschen. Schweigend saß am Küchentisch und malte, später als die Beine versagten, lag er mit einem Zeichenbrett auf dem Kanapee und malte. Zwischendurch schaute er verträumt aufs Alpenpanorama, das er von seinem Küchenfenster aus in allen Wetterstimmungen und Farben immer wieder in seinen Bildern verewigte. Mit wem er stets sprach, war der damalige Monsignore Heinrich Winterholler, der ihn zu Ausstellungen im In- und Ausland begleitete und mit ihm am Küchentisch die Gedankenwelt auf Themen des alten und neuen Testaments richtete.
Zu Rafflers 100. Geburtstag organisierte Schwester Ulrike Peter (Generaloberin der Benediktinerinnen, die im Kloster St. Alben lebte und an 12. August 2008 gestorben ist), zusammen mit der Diessener Redakteurin Beate Bentele eine umfangreiche Jubiläumsausstellung mit den Themen Frömmigkeit im Pfaffenwinkel, Marienlob und Bilder-Bibel. Es dürfte die größte Ausstellung zu Raffler gewesen sein, die Galerist Michael Gausling (Fritz Winter-Neffe) kuratierte und im Traidtcasten gestaltete. Binnen drei Monaten sind damals 6.000 Besucher aus vielen Ländern gekommen. Beate Bentele.
INFO KASTEN
Die Max Raffler Ausstellung im Studio Rose Schondorf begleiten am kommenden Samstag, 25. Juli die Musiker Annette Rießner (Akkordeon) und Johannes Sift (Diatonische Harmonika). Es ist ein Gastauftritt, bei dem die beiden ihr „Jukebox-Programm am Gartenzaun“, mit dem sie in Diessen in der Corona-Zeit sehr erfolgreich waren, jetzt auch in den Garten des Studio Rose hineintragen. Am Sonntag treten dann die Schondorfer Trachtler auf. Beide Veranstaltungen beginnen um 18 Uhr.
Zur Ausstellung hat die Gemeinde Schondorf mit dem Titel „Wunderbar naiv die bunte Bilderwelt des Max Raffler“ in einen 100-Seiten Katalog mit Hardcover herausgegeben. Ein farbenprächtiger Bildband, quasi die Ausstellung zum Mitheimnehmen, zusammengestellt und mit einführendem Text von Dr. Silvia Dobler.
Geöffnet ist die Ausstellung bis Sonntag, 2. August, Dienstag, Mittwoch, Freitag von 10 bis 12 Uhr, 16 bis 18 Uhr. An den Donnerstagen, 16 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag, 15 bis 18 Uhr. Bahnhofstrasse 35 in Schondorf. www.studiorose.de
Bericht und Fotos: Beate Bentele Pressebüro Ammersee
Zu den Bildern:
Dr. Silvia Dobler, Kuratoin im Schondorfer Studio Rose, und Bürgermeister Alexander Herrmann inmitten der Ausstellung
In Ausstellungsvitrinen erfahren die Ausstellungsbesucher vieles über Max Raffler, zum Beispiel aus Pressespiegeln sowie Broschüren und Bücher, die zum Teil auch schon vergriffen sind
Max Raffler auf seinem Kanapee, 1974
Maxl und seine Schwester Fanny Raffler in der Wohnküche, 1982
Max Raffler mit seinen Schwestern Fanny, Maria und dem damaligen Pfarrer Wolfgang Schmid in einer Ausstellung im Greifenberger Pfarrsaal, 1982
Alle Bildwerke von Raffler aus der Ausstllung im Studio Rose Schondorf
Vielen Dank für diesen schönen Bericht, der den Charme dieser Ausstellung sehr gut beschreibt. Ich bin zugegeben kein großer Freund der naiven Malerei und hätte die Ausstellung wahrscheinlich nicht besucht, wenn ich nicht in Schondorf leben würde. Hinterher war ich dann aber doch sehr angetan von der ganz eigenen Bilderwelt Rafflers. Ich habe daraufhin (endlich) einmal die Autobahnkirche an der A96 in Windach besucht, in der die Bilder des Kreuzwegs von Max Raffler sind.
Sehr schöne Bilder. Ich mag ja so Naive Malerei