Ein einmaliges Musikerlebnis für Freunde der echten Barockmusik war das mit „Feuerwerk des Barocken Musiktheaters“ überschriebene Konzert im Heftersaal, veranstaltet von der Wolfgang-Sawallisch- Stiftung und ihrer Musikakademie. Trotz strömenden Regens und Brückentag fanden weit über 100 Besucher – teils aus München, Salzburg und weiter – den Weg zu diesem ganz besonderen Konzert.
Zum Abschluss eines sechstägigen Meisterkurses für Barockgesang in der Villa Sawallisch boten sechs junge Meisterstudentinnen aus Europa, Australien und China den Zuhörern glockenhelle Arien, begleitet von dem Orchester Accademia Di Monaco mit Konzertmeisterin Meret Lüthi, die ein eigenes von ihr mit gegründetes Barockorchester in der Schweiz leitet. Weitgehend auf historischen Instrumenten der Barockzeit spielte das junge Ausbildungsorchester auf Spitzenniveau unter der musikalischen Leitung von Joachim Tschiedel, auch Cembalo. Die weltweit bekannte Sopranistin und Dozentin des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper, Nicola Beller Carbone, übernahm die Einstudierung der Arien und szenische Einrichtung.
Neben Werken von Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759), zum Beispiel der Arie der Cleopatra aus seiner Oper „Giulio Cesare“, standen vor allem Werke von Johann Adolph Hasse im Mittelpunkt (1699 bis 1783), ein einflussreicher Komponist des Spätbarock, dessen Ruhm sich zu Lebzeiten vor allem auf seine Opern im italienischen Stil gründete. Obwohl Maria Theresia, Rousseau oder Voltaire zu seinen großen Bewunderern zählten, wurde Hasse im modernen Musikleben weitgehend vergessen, bis die Adolph Hasse Gesellschaft München 1986 gegründet wurde, dessen künstlerischer Leiter Joachim Tschiedel ist.
Wie der Leiter der Sawallisch Stiftung Andreas Hérm Baumgartner bei der Begrüßung feststellte, vermag die Barockmusik jeder Regung der Seele unverblümt und direkt Ausdruck zu geben. Der Klang der Instrumente ist weich, zart, insgesamt sind sie etwas tiefer gestimmt. Nach Erforschung der vielen alten Quellen zur Barockmusik weiß man heute, dass der Gesang dem Publikum zu der zeit wichtiger als die Instrumente war. Größte Gesangskunst bedeuteten die Verzierungen, bei denen jeder Sänger frei improvisieren konnte. Jede Melodie konnte anders verziert werden, was zu einer großen, lebendigen Bandbreite an Variationen führte.
Große Gesangeskunst wurde dem Publikum von den jungen Sängerinnen präsentiert sowohl was die technischen Finessen anbelangt als auch Bühnenpräsenz und Bewegung. Ganz anders als die oft voluminösen Diven in vergangenen Zeiten bewegen sich die meist gertenschlanken Solist/innen während der Arien, nehmen den gesamten Bühnenraum ein, sitzen, liegen, verändern die Stellung. Es ist schwierig und nicht notwendig, hier einzelne Wertungen zu den Sängerinnen zu treffen. Alle hatten sie wunderbar ausgebildete, große Stimmen, die ihnen zweifellos eine Karriere auf den großen Bühnen der Welt garantiert. Zu nennen sind die Sopranistinnen Carly Power, Chiara Braggion, Odelette Wallace sowie die Mezzosooranistinnen Johanna Reithmeier, Ana Molina Garcia und Klara Brockhaus. Wie die Sänger spielte das Orchester spielte in verschiedenen Besetzungen technisch versiert mit großem Können und Hingabe an die Musik, beeindruckend das feine, aufeinander abgestimmte Zusammenspiel. Pulsierende Lebensfreude auf der einen Seite, aber auch tiefe Traurigkeit und das Bewusstsein des unvermeidlichen Todes auf der anderen – das beherrschende Lebensgefühl in der Barockzeit. Langer, dankbarer Applaus, Bravorufe und stehende Ovationen für ein unvergleichliches barockes Musiktheater, von dem man sich öfter mal Wiederholungen auf dem grünen Hügel in Grassau oder dem Heftersaal wünscht.
Bericht und Fotos: Christiane Giesen