Kirche

Ausstellung zum Aschauer Heiligen Grab

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Und jetzt ist es geschafft! Das Aschauer Heilige Grab ist nun nach über 60 Jahren wieder im Altarraum der Pfarrkirche aufgebaut worden und wird über Ostern hinaus zu sehen sein. Innerhalb von drei Tagen wurde das gesamte Kunstwerk von Fachleuten und vielen ehrenamtlichen Helfern aus Aschau errichtet“, berichtete stolz Gemeindearchivarin Ilse Goßner bei der Eröffnung der Sonderausstellung zum Heiligen Grab im Foyer des Aschauer Rathauses. Die Sonderausstellung kann zu den allgemeinen Öffnungszeiten bis Anfang Mai besichtigt werden. Zahlreiche Aschauer fanden den Weg ins Rathaus, um sich ausführlich und kompetent über das Ereignis zu informieren, das die Gemeinde Aschau in den kommenden Wochen prägen wird. Zum ersten Mal seit der Landesausstellung 2008 ist wieder „ein Großereignis im Bankerldorf, das große Teile der Bevölkerung in ein großes Geschehen einbindet“. Seit Wochen verändern sich die Haar- und Barttrachten der Apostel und des Volkes von Israel, an den wallenden Haupthaaren kann man die Teilnehmer am Aschauer Auferstehungsspiel bereits von weitem erkennen.

Gemeindearchivarin Ilse Goßner und Eva Wiegerling-Hundbiß von den Restaurierungswerkstätten Wiegerling in Gaißach gaben bei der Eröffnung einen kurzen Überblick, was in den vergangenen acht Jahren mit den Kulissen des Heiligen Grabes alles gemacht wurde, seit sie vom Dachboden der Pfarrkirche geholt wurden.

1618 wurde das barocke Aschauer Heilige Grab zum ersten Mal erwähnt, die jetzigen ältesten Bauteile stammen aus dem Jahr 1797. Sebastian Furtner, Kistler in Hohenaschau und Kunstmaler Sebastian Rechenauer von Unterflintsbach schufen dieses großartige Werk nach römischem Vorbild. Es ist zehn Meter hoch, acht Meter breit, und neun Meter tief. Die längsten Balken sind über acht Meter lang, die längsten Kulissen sechs Meter hoch. Bis zur Mitte der 1950er Jahren wurde es regelmäßig aufgebaut und bespielt, nach der Liturgiereform durfte es nicht mehr verwendet werden und geriet in Vergessenheit.

Ilse Goßner erzählte von den letzten Tagen des heiligen Grabes: Der damalige Pfarrer Nikolaus Barth schreibt 1952 in der Pfarrchronik, dass der Geistliche Rat Eugen Abele bei einem Besuch die Frage stellte: „Haben Sie immer noch das entsetzliche Heilige Grab?“ Pfarrer Barth war sehr verbittert und enttäuscht, dass viele Aschauer Bürger telefonisch, brieflich und auch am Wirthaustisch über ihn herfielen, weil das Grab nicht mehr aufgestellt werden sollte. Der Grund aber, so glaubte Pfarrer Barth, warum sie das bedauerten, war nicht die Furcht, es könnte der Glaube und die Religion darunter leiden, sondern der Gedanke, es könnten die Geschäftsleute zu kurz kommen, wenn keine Auswärtigen mehr kommen, um sich das Schauspiel anzuschauen. Da hatte er vielleicht nicht ganz unrecht.

Über fünf Jahrzehnte lagerte und verstaubte der Kulissenaufbau auf dem Kirchendachboden. Nur noch wenige der älteren Aschauer erinnern sich an das prächtige Szenarium an den Kartagen, mit dem das ganze Presbyterium der abgedunkelten Pfarrkirche „Darstellung des Herrn“ ausgefüllt war. Das unglaubliche „Schauspiel“ bei der Auferstehungsfeier und die Fertigkeit, dieses kunstvolle Bauwerk innerhalb eines Gotteshauses auf- und wieder ab zu bauen, wirken bis heute nach.

Eva Wiegerling-Hundbiß berichtete von den Restaurierungsarbeiten in den letzten acht Jahren. 2011 wurden die Balken, Bretter und bemalten Kulissen im Kirchenspeicher gesichtet und zunächst in das kirchliche Depot in Neumarkt gebracht. Alles mögliche an Einzelteilen war neben den Balken, Brettern und Gemälden mit dabei: Öllämpchen für die Illumination, über 100 Metallhalter für die Glaskugeln, 60 Stück alte, mundgeblasene Glaskugeln, Kleidungsrequisiten, wie Panzer, Helme und Lanzen, sogar ein roter Schuh wurde gefunden, dazu eiserne Riegel und Halterungen für das Stecksystem der Kulissenteile. 2013 begannen die eigentlichen Arbeiten mit dem Bau eines Modells im verkleinerten Maßstab. Während des Aufbaus mussten dann fehlende oder marode Bretter und Verbindungsstücke neu angefertigt werden, um überhaupt mit dem Aufbau weitermachen zu können. „Insgesamt waren wir mehr als drei Wochen mit dem Aufbau beschäftigt. 2014 steht das Heilig Grab und wird allseits bewundert, bis über das Jahr 2015 bleibt die barocke Bühnenkulisse stehen und von 2016 bis 2018 durften wir dann mit den eigentlichen Restaurierungsarbeiten beginnen“. An allen Ecken und Enden mussten Holzteile ergänzt und ausgewechselt werden, die Malereien mussten aufgefrischt und ergänzt werden und dazu kamen die Korrekturen früherer Restaurierungen: diese früheren Maßnahmen wurden mal mehr, mal weniger professionell ausgeführt. Weiter ging es mit den Glaskugeln; 40 historische Kugeln waren noch intakt. Nachdem alle Halterungen nachgeprüft wurden sind, stellten die Restauratoren fest, dass die Kugeln auf 150 Stück aufgestockt werden müssen. Nach und nach wurde bereits die Beleuchtung der 50er Jahre entfernt, die übrigens mitleidlos große Löcher für die Glühbirnen in die Kulissen geschnitten hatten; für die Beleuchtung wurde nun LED-Technik verwendet. Immer wieder waren neue Herausforderungen zu klären und zu lösen. „Und an dieser Stelle möchte ich unsere Mitarbeiter loben. Hier bewährte sich die Struktur unserer Firma: mit insgesamt 15 Gewerken konnten alle Arbeiten unproblematisch und fachlich korrekt ausgeführt werden. Durch jahrelange Zusammenarbeit und Erfahrung von Kirchenmalern, Restauratoren, Bildhauern, Schreinern und Schmieden und vielen anderen lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Zuletzt kam jetzt der Einbau in die Pfarrkirche mit dem Team um Rudi Angermeier vom Bauhof Aschau. Es war sofort ein gutes Miteinander, und mit zuletzt zwölf Mithelfern war der Aufbau rekordverdächtig. Vermutlich baut die Gemeinde jetzt doch jedes Jahr das Grab auf, statt drei Jahre zu warten“, schloss Eva Wiegerling-Hundbiß die Vorstellung der Restaurierungsarbeiten. „Acht Jahre hat es uns nun begleitet, und fast hätten wir es nicht mehr hergegeben!“

Bericht: Heinrich Rehberg

Foto: Herbert Reiter – Eröffnung der Sonderausstellung zum Heiligen Grab im Foyer des Aschauer Rathauses – Bürgermeister Peter Solnar bedankt sich bei Gemeindearchivarin Ilse Goßner, Eva Wiegerling-Hundbiß von den Restaurierungswerkstätten Wiegerling in Gaißach und Pfarrer Paul Janßen für die vorbereitenden Arbeiten.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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