„Alle Schulklassen und Politiker sollten zu einem Praktikum auf einen Bauernhof gehen, damit sie sehen woher das tägliche Essen kommt, damit sie sich davon überzeugen, welches Verhältnis ein Bauer zu allen seinen Tieren hat, welche Probleme speziell die Almbauern haben und was die Politiker mit ihrer ganzen Bürokratie mit ihrer Gülleverordnung und ihrer Bauernmilliarde anrichten“, luden die Aschauer Bauern bei der Sendung „Jetzt red i“ in der Aschauer Festhalle ein. „Der Bauer ist nicht der Buhmann“, so Rosi Hell, „wenn der Politiker einmal vier Wochen mit einem Nebenerwerbslandwirt bei jeder Arbeit mitgehen würde, wäre vieles anders“. Starke Sprüche und starke Aussagen sind Tilman Schöberl und sein „Jetzt red i“-Team vom Bayerischen Rundfunk zweifelsohne gewöhnt, aber was sie in Aschau an Beiträgen zu hören bekamen, das waren Forderungen um als Bauern und Landschaftspfleger auch in kommender Generation weiterleben zu können.
Redner gab es genug in der Festhalle: Zwei Dutzend Männer und Frauen stellten sich vor die Kameras in der vollbesetzten Halle und erzählten von den großen und kleinen Problemen der Bauern in Aschau, in der Region und weit darüber hinaus. Bei der Fernsehsendung fühlten sich alle verstanden und gut aufgehoben und wer weiß, vielleicht hilft es ja auch.
Als politische Ansprechpartner standen bei dieser Sendung Ludwig Hartmann als Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag sowie Thomas Kreuzer als Fraktionsvorsitzender der Christlich-Sozialen-Unions-Fraktion zur Verfügung; er sprang kurzfristig für die erkrankte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ein.
„Schaut auf die kleinen Betriebe“ eindringlich bat Ingrid Scheck um eine Unterstützung der heimischen kleinstrukturierten Landwirtschaft in der Region. „Wir machen diese Arbeit auf den kleinen Betrieben noch, unterstützt von unseren Kindern. Aber wenn sich die die ständige Gängelei und den finanziellen Druck nicht mehr gefallen lassen und lieber in die Stadt in die Arbeit gehen, dann geht hier alles kaputt. Der Tourismus und die ganze regionale Wirtschaft leben von den kleinen Bauern, die hier als Landschaftspfleger das Alpenvorland gestalten. Thomas Kreuzer möchte die regionale Landwirtschaft und damit verbunden die Kulturlandschaft in Bayern in der jetzigen Form erhalten, Ludwig Hartmann ist mit dem jetzigen Zustand noch nicht zufrieden und fordert einen Ausgleich für die finanziell überforderten Betriebe zu schaffen.
„Alle wollen Bio, aber keiner will mehr dafür bezahlen. Die Bauern sollen immer mehr leisten und produzieren, bekommen aber immer weniger Geld dafür“. Der nächste Sprecher beklagte die finanzielle Überlastung der Bauern durch die ständig anwachsenden fachfremden Forderungen aus Brüssel und Berlin, seien es die Gülleverordnung oder das Anbindeverbot in Ställen. Er bat um Hilfe gegen die bevorstehende Vorschrift Kühe im Stall nicht mehr anbinden zu dürfen, damit ruiniere man in Brüssel die kleinen Bauern, die sich keine umfangreichen Stallneubauten leisten könnten. „Diese Brüssler Regelungen gelten eigentlich auch für Österreich und Tirol, aber dort werden sie – im Gegensatz zu Deutschland – mit Hirn umgesetzt“, waren sich die Landwirte einig.
„Jeder Bauer ist ein Naturschützer, jeder Bauer liebt die ihm anvertrauten Tiere“, Sebastian Pertl aus Innerwald lobte die Idee der Direktvermarktung, die Einrichtung von Erzeugergenossenschaften und die Einrichtung von Hofläden. Hier könne der Verbraucher beste Lebensmittel aus der Region ohne den Umweg über große Handelsketten bekommen. Jeder könne sich – auch mit einem niedrigen Einkommen – im Bergbauernladen gute Lebensmittel leisten. Durch die kurzen Wege entstünden auch keinerlei Abfälle, alles könne verwendet werden. Allgemein sei natürlich bekannt, dass die drei Begriffe Qualität, Quantität und Preis unvereinbar miteinander seien. In diesem magischen Dreieck passen stets nur zwei Begriffe zusammen und schließen den dritten aus: ist die Menge der erzeugten Lebensmittel groß, dann sind die Qualität und der Preis gering, ist die Qualität hoch, kostet es den entsprechend hohen Preis aber das Angebot ist gering um den Preis hochzuhalten.
Andreas Sepp beklagte dass die Preise nirgends so niedrig seien wie bei uns, sobald die Preise zugunsten der Bauern jedoch steigen, leite der Handel mit seinen Monopolen sofort Gegenmaßnahmen ein.
Ludwig Hartmann erklärte, dass eine vernünftige Agrarpolitik nur im Zusammenwirken zwischen Erzeugern, Handel und Verbrauchern funktionieren könne. „Wir dürfen nicht die eigenen Erzeugnisse kaputt machen und müssen Mindestpreise für alles schaffen. Faire Preise sind kein Almosen, sondern eine Verpflichtung“.
Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg