Debatte über Rußland und Nahost mit Michael Wolffsohn und Martin Schulze Wessel / Gottesdienst mit dem Bischof von Odessa / Podium zu den russischen Wahlen
Andechs. „Beihilfe zum Völkermord durch Unterlassen“ begeht nach Ansicht des langjährigen Münchner Europaabgeordneten Bernd Posselt „jeder Staat, der der Ukraine lebensnotwendige Luftabwehrsysteme und Munition verweigert.“ Der Präsident der überparteilichen Paneuropa-Union Deutschland erklärte beim 61. Andechser Europatag dieser ältesten europäischen Einigungsbewegung, daß es Ziel der russischen Politik sei, sowohl die Ukrainer als eigenständiges Volk auszulöschen als auch ein von Moskau beherrschtes „Eurasien von Wladiwostok bis Lissabon zu errichten, wie Putin und seine Gefolgsleute immer wieder ganz offen sagen.“ Posselt betonte, daß der Aufstieg Putins vor 25 Jahren „durch den blutigsten Wahlkampf der neueren Geschichte, nämlich den von ihm ausgelösten zweiten Tschetschenienkrieg, erfolgt ist. Schon damals hätte man sich ihm entgegenstellen müssen, statt sich energiepolitisch von ihm abhängig und erpreßbar zu machen.“ Für eine künftige Friedensordnung sei außer der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsunion sowie der Osterweiterung von EU und NATO „auch eine präventive Diplomatie vonnöten, die durch Klarheit und Realismus Konflikte frühzeitig vermeidet.“
Bei der internationalen Tagung verwies Prof. Michael Wolffsohn von der Bundeswehr-Universität Neubiberg auf die systematische Einkreisungspolitik des Iran im Nahen Osten, durch die Teheran inzwischen zur Vormacht der ganzen Region aufgestiegen sei. Der Libanon sei weitgehend beherrscht von der mit dem Iran verbündeten und von ihm aufgerüsteten Hizbollah, Syrien von dem mit den Mullahs eng verbundenen Assad-Regime. Hinzu komme die von Teheran gelenkte schiitische Bevölkerungsmehrheit im Irak, in Bahrain und in den östlichen Öl-Gebieten Saudi-Arabiens sowie die Hamas im Gaza-Streifen und die Huthi-Rebellen im Jemen. Die Entwicklung der israelisch-palästinensischen Beziehungen sei eine „Geschichte der verpaßten Gelegenheiten“. Wolffsohn äußerte seine Skepsis gegenüber einer „international festgelegten Zwei-Staaten-Lösung“ und brachte föderalistische Modelle ins Gespräch. An der europäischen Ebene kritisierte er, daß sie im Gegensatz zu ihren Gegnern keine gemeinsame außenpolitische Strategie habe. Jeder Krieg besitze eine emotionale und eine rationale Dimension: „Um ihn zu beenden, muß man die rationale einschalten.“
Prof. Martin Schulze Wessel von der Ludwig-Maximilians-Universität in München nannte die Entwicklung Rußlands seit Zar Peter I. einen „expansiven Irrweg, der wahrscheinlich noch lange nicht zu Ende ist.“ Er warnte davor, sie hauptsächlich den jeweils herrschenden Ideologien zuzuordnen, sie sei vielmehr in erster Linie durchgehend imperialistisch. Die ukrainische Identitätsbildung im 19. Jahrhundert habe Rußland, wie schon zuvor die polnische Eigenständigkeit, als tödlichen Angriff auf die Einheit der Slawen empfunden. Dementsprechend habe man schon damals die Ukrainer nicht als Nation mit eigenem Recht, sondern als ein Werkzeug von „Polen und Jesuiten“ gegen Rußland angesehen. Heute habe Putin dieses Narrativ auf den Westen und die NATO übertragen. Schulze Wessel setzte sich auch mit dem von Putins Vorbild Josef Stalin 1932/33 durchgeführten Holodomor auseinander, der in der Ukraine Millionen von Toten zur Folge gehabt habe. Diese massenhafte Hungersnot habe mit der Kollektivierung der Landwirtschaft begonnen, sei aber dann systematisch gegen die Existenz des ukrainischen Volkes eingesetzt worden. Auf eine Frage nach der Verwicklung der Ukrainer mit dem NS-Regime verwies Schulze Wessel darauf, daß es zwar auch Kollaboration gegeben habe, daß aber der Anteil an Ukrainern, die dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen oder im Krieg gegen die deutsche Wehrmacht ihr Leben gelassen hätten, mit 7 Millionen Menschen prozentual wesentlich höher gewesen sei als der der Russen.
Monsignore Wolfgang Huber, Präsident des in Afrika und Asien tätigen katholischen Missionswerks „Missio“, sprach über den möglichen europäischen Beitrag zu Frieden und Entwicklung in der Welt. Christliche „Mission“ sei nicht im Sinne von Kolonialisierung zu verstehen, sondern es gehe darum, aus der Solidarität des Evangeliums heraus Lebensqualität mit anderen Menschen zu teilen. Dabei sei Aufmerksamkeit und Gespräch von besonderer Bedeutung, damit die Hilfe wirklich den Bedürfnissen der Betroffenen entspreche. Gerade dieser Aspekt werde in der Entwicklungspolitik oftmals vernachlässigt, weshalb es viele „Geschenke“ gebe, mit denen die Beschenkten gar nichts anfangen könnten. Der Auftrag des Evangeliums, Frieden zu stiften, sei anstrengend, weil er es nötig mache, auch Kultur, Geschichte und Zusammenhänge wahrzunehmen – um nicht erst reagieren zu können, wenn der Krieg bereits ausgebrochen sei: „Viele Dinge kündigen sich schon vorher an.“ Ein besonderer Schwerpunkt liege bei Missio auf Bildung, vor allem auch für Frauen; dabei müsse immer die heimische Kultur einbezogen werden. Der Vorteil der katholischen Kirche liege dabei darin, daß sie überall auf der Welt auf Ortskirchen, Klöster und Pfarreien zurückgreifen könne, mit denen gemeinsam es möglich sei, Projekte zu entwickeln, die für sie wichtig sind. Afrika und Asien hätten erhebliches Potential, sowohl in ökonomischer Hinsicht als auch an Frömmigkeit, die ein säkularisiertes Europa befruchten könne. Huber berichtete über die kapitalistische und neokoloniale Ausbeutung Afrikas durch Rußland sowie vor allem durch das kommunistische China.
Prof. Mislav Ježić von der kroatischen Akademie der Wissenschaften, internationaler Vizepräsident der Paneuropa-Union, faszinierte durch eine vergleichende Analyse des Friedensbegriffes und des Friedenswerkes des indischen Staatsgründers Mahatma Gandhi, des Vaters der Paneuropa-Bewegung, Richard Coudenhove-Kalergi, und des 1928 von einem serbischen Nationalisten ermordeten Vorsitzenden der Kroatischen Bauernpartei, Stjepan Radić. Alle drei seien Friedenskämpfer im Jahrhundert der Weltkriege gewesen. Richard Coudenhove-Kalergi als jüngster von ihnen habe schon nach dem Ersten Weltkrieg begonnen, die Idee der europäischen Einigung als Instrument des Friedens zu verkünden, und sich dann nach dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzt. Der Älteste von ihnen, Mahatma Gandhi, habe schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Menschenrechte der von der Apartheidspolitik bedrückten Inder in Südafrika verteidigt, diesen Kampf dann in der Zwischenkriegszeit auf dem indischen Subkontinent fortgesetzt und nach 1945 die Dekolonisierung verwirklicht. Die Trennung Britisch Indiens in eine hinduistische Republik Indien und ein muslimisches Pakistan habe er abgelehnt und sich mit ganzer Kraft für Frieden und Versöhnung zwischen den beiden Volksgruppen eingesetzt. Beeindruckend waren auch die Parallelen, die Ježić zwischen dem 1905 erschienenen Buch von Radić „Das zeitgenössische Europa“ und dem wichtigsten Werk Coudenhoves, dem 1923 erschienenen „Pan-Europa“, aufzeigte. Beide waren fest davon überzeugt, daß die europäische Kultur und Identität ihre Wurzeln in christlichem Glauben, griechischer Philosophie und dem römischen Rechtsgedanken besäßen. Anders als für Coudenhove sei aber für Radić eine politische Einigung Europas noch nicht vorstellbar gewesen. Alle drei waren, so Ježić, „keine illusionistischen Pazifisten, sondern realistische Friedensstifter.“
Pater Valentin Ziegler begrüßte die Gäste – unter ihnen den Beauftragten des Freistaats für den Kampf gegen den Antisemitismus, Staatsminister a.D. Ludwig Spaenle sowie die Vizepräsidenten der Paneuropa-Union Deutschland Michael Gahler MdEP aus Hessen und Andreas Raab aus Baden-Württemberg – namens des Konvents auf Bayerns Heiligem Berg. Mit dem Titel „Welt in Flammen. Wozu der Frieden Europa braucht“ habe sich die Paneuropa-Union den Herausforderungen der Zeit gestellt. Im urgeschichtlichen Teil der Heiligen Schrift, der Genesis, fänden sich neben Elementen, die auf die Gegenwart Gottes in der Welt hinwiesen, wie dem „Garten des Paradieses, wo alles blüht“, auch solche wie die große vernichtende Flut. Diese fragile Balance müßten alle bewältigen, die sich an die Aufgabe wagten, „die Erde zu retten wie Noah“. Die Geschichte von Kain und Abel zeige, daß der Mensch immer Gefahr laufe, durch Neid und Eiferssucht selbst in den Sog von Haß und Gewalt zu geraten. Der Turmbau von Babel verweise darauf, daß der Versuch, Einheitskulturen zu errichten, von vornherein zum Scheitern verurteilt sei: „Gott will die Vielfalt der Kulturen, Sprachen und Staaten, und der Mensch muß im Mittelpunkt stehen, die Menschlichkeit darf nicht verlorengehen.“
Ein mitreißendes musikalisches Programm gestaltete die von jungen Menschen mit Behinderungen gegründete „Rolli-Gang“ unter der Leitung von René Vollmar, die im Klostergasthof „Lieder für Europa und den Frieden“ präsentierte.
Den Festgottesdienst zu Ehren des Heiligen Benedikt in der Andechser Wallfahrtskirche hielt der römisch-katholische Bischof von Odessa, Stanislaw Szyrokoradiuk, der von den Leiden und der Geduld der Menschen seiner Diözese erzählte, deren Glauben und Hoffnung er bewundere. In ihrem Namen dankte er für jede praktische und moralische Unterstützung, aber auch für unser Gebet, „das wir brauchen und um das wir ständig bitten“.
Das abschließende Diskussionsforum, das vom Vorsitzenden der Paneuropa-Jugend Bayern, Frederik Ströhlein, moderiert wurde, befaßte sich mit dem Thema „Wahltag in Rußland – Zahltag für Europa?“
Bischof Szyrokoradiuk wies darauf hin, daß der Krieg gegen die Ukraine nicht erst 2022, sondern 2014 mit der Besetzung der Krim begonnen habe. In der Zeit habe er als Weihbischof in Charkov die vielen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen erlebt. Damals sei aber in Rußland der Krieg noch weithin als schlecht empfunden worden. Nach „acht Jahren ununterbrochener brutaler Haßpropaganda, Tag und Nacht,“ habe Putin die Zeit reif gesehen, den Krieg im großen Stil zu beginnen. Dabei sei er zum Teil Opfer der eigenen Lügenpolitik geworden, weil seine Leute in der Ukraine ihm versichert hätten, seine Soldaten würden dort mit Blumen empfangen. Auf die Frage nach der Rolle der Kirchen bedauerte er, daß die orthodoxe Kirche von Putin zu einem politischen Instrument gemacht worden sei, das die Kriegspropaganda aktiv unterstütze. In der katholischen Kirche in den besetzten Gebieten und in Rußland stehe man vor der schweren Entscheidung, zu schweigen und weiter für die Gläubigen zur Verfügung zu stehen oder die Wahrheit zu sagen und damit Repressalien auszulösen. Dies sei auch der Hintergrund der Äußerungen von Papst Franziskus zu diesem Thema.
Die Osteuropa-Analystin Barbara von Ow-Freytag, Vorstandsmitglied des Prague Civil Society Centre, befand, man könne das Geschehen in Rußland „nicht einmal in Anführungszeichen als Wahl bezeichnen“ Es habe früher schon simulierte Demokratie und Scheinwahlen gegeben, aber „das ist jetzt Fake und Farce in einem“, sagte die langjährige Moskau-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung. Mehrere frühere Amtszeiten des Präsidenten, der in seine fünfte Periode starte, würden ignoriert; die Wahl werde drei Tage lang manipuliert, es werde digital abgestimmt, was nicht nachprüfbar sei, und es gebe keine verläßliche Wahlbeobachtung, etwa durch die OSZE. Auch die letzte Wahlbeobachtungs-Organisation der Bürgergesellschaft sei aus dem Land gedrängt worden. Dafür laufe die Propaganda im Fernsehen auf allen Kanälen. Anders als bei früheren Wahlen sei der einzige halbwegs glaubwürdige Gegenkandidat, für den 200 000 Bürger unter großem Risiko mit ihren persönlichen Daten unterschrieben hätten, nicht zugelassen worden. In Rußland habe in den letzten Jahren eine Veränderung stattgefunden. Putin habe auf Kriegswirtschaft umgeschaltet, 40 Prozent des Haushalts würden für Rüstung aufgewendet. Von seinem Volk verlange er inzwischen nicht nur Stillhalten, sondern Komplizität, was den Krieg betreffe. Dafür gebe er „ein bißchen Ehre, wie im Zarenreich“. Die Osteuropa-Analystin rief deshalb dringend zu realistischer Wahrnehmung auf:„Wir brauchen einen klaren Blick, mit wem und mit was wir es zu tun haben, um die entsprechenden politischen Schritte unternehmen zu können“.
Der litauische Botschafter in Deutschland, Ramūnas Misiulis, dankte insbesondere Bernd Posselt für die Beachtung der baltischen Länder in seinem Vortrag. Zur Manipulation der russischen Wahlen lieferte er weitere Details, etwa in Bezug auf die besonders hohe angebliche Wahlbeteiligung in Tschetschenien (über 90 Prozent), und in den besetzten ukrainischen Gebieten. Estnische Journalisten hätten herausgefunden, daß Putin mehr als eine Miliarde Dollar für Filme, Computerspiele und Ähnliches zur Unterstützung seiner Wahl ausgegeben habe. „Putin hat sich in eine Sackgasse getrieben. Er kann seine Politik nicht ändern, und er kann auch nicht von der Macht zurücktreten, denn das wäre nicht nur sein politischer, sondern höchstwahrscheinlich auch sein tatsächlicher Tod.“ Deshalb könne der Krieg nicht „eingefroren“ werden: „Rußland wird bis zum Ende gehen, bis zum Sieg oder bis zur Niederlage. Wir können uns nicht erlauben, daß Rußland gewinnt.“ Deshalb sei es unerläßlich, der Ukraine jegliche, auch militärische Unterstützung zu geben.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag, Volkmar Halbleib MdL, meinte, Putin habe durchaus die Chance gehabt, die Wahl, die er ein „autoritäres Plebiszit der Legitimation“ nannte, ohne Manipulation zu gewinnen. Deshalb empfahl er der EU und ihren Staaten, sich deutlich zum illegitimen Charakter der Wahl zu äußern, auch wenn dies die Gesprächsfähigkeit beeinträchtige. Zudem solle man diejenigen, die die Wahlinszenierung betrieben hätten, auf die Sanktionsliste setzen und, zumal nach dem Tod von Alexej Nawalny, die Zivilgesellschaft nach Möglichkeit unterstützen. Langfristig brauche es größere Einigkeit in Europa, der NATO und der EU, wie man sich Rußland gegenüber einstelle, wobei man sich auch mit den Staaten in den eigenen Reihen auseinandersetzen müsse, „die sich enthalten“, um eine stärkere Positionierung gegen Putin zu erreichen. In der russischen Nomenklatura sehe er nirgends eine Alternative, „und wenn, weiß ich nicht, ob es besser wäre.“ Halbleib begründete sein besonderes Interesse an Mittel- und Osteuropa mit seinen sudetendeutschen Wurzeln.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Erndl, stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses sowie Vizepräsident des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, rief sich sein Entsetzen im Februar 2022 in Erinnerung, daß „jemand tasächlich im 21. Jahrundert einen Krieg vom Zaun bricht.“ Damals hätten viele geglaubt, Putin habe bei der Besetzung der Krim „halt eine Gelegenheit genutzt“, werde aber mit Rücksicht auf seine Geschäfte sein „Säbelrasseln“ nicht in die Tat umsetzen. Heute sei aber klar, daß er ein „Verbrecher, Kriegsverbrecher und brutaler Dikator“ sei, der „jede Gegenmeinung, jede Opposition, jeden Gegner beiseite schafft, mit absurden Strafen von mehreren Jahren Straflager für einen falschen Satz zur falschen Zeit.“ Das alles habe man nicht sehen wollen, weil man insgeheim eine Eskalation fürchtete, und die Warnungen der baltischen Staaten „beiseitegewischt“. Der Krieg werde nicht in zwei Jahren vorbei sein, schon gar nicht werde man in zwei Jahren weiterwirtschaften können wie vor 2022. Erndl forderte, diese Situation anzunehnen und das Notwendige zu tun, um „eine Position der Stärke zu erreichen. Jede Uneinigkeit ist eine Schwäche, die Putin motiviert, einen Schritt weiterzugehen.“ Deshalb dürfe es im Bereich der Verteidigung keine „roten Linien“ geben, sondern „wir müssen alle Möglichkeiten wahrnehmen“ und verstärkt in die Sicherheit investieren, „egal ob im Herbst Trump oder Biden die Wahlen in den USA gewinnt.“ Deutschland könne sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Zugleich dürfte man „den Faden zu den 20 bis 30 Prozent Russen, die gegen Putin sind, nicht abreißen lassen.“
Der Europa- und Verfassungsrechtler Dirk H. Voß, Vizepräsident der internationalen Paneuropa-Union, zog angesichts der Bedrohung Europas durch Rußland Parallelen zur Zeit des beginnenden Zweiten Weltkriegs, als Chamberlain meinte, Hitler sei mit dem Sudetenland zufriedenzustellen, und man in Frankreich die Frage „Sterben für Danzig?“ stellte: „Ein Jahr später war die Wehrmacht in Paris. Das sind Wahrheiten, die man sehen muß.“ Wer wie die AfD und die Wagenknecht-Partei das Richtige, Naheliegende in der Politik verhindere, sei ein Verräter; wer es aus Bequemlichkeit nicht tue, mache sich an seinen Wählern schuldig. „Im Moment haben wir weder die Strukturen noch die Mittel, um uns gegen einen Aggressor zu verteidigen“, meinte Voß und hielt fest, daß dieses Problem nur europäisch zu lösen sei. Insbesondere sei ein europäisches atomares Drohpotential nötig, um Aggressoren überzeugend abschrecken zu können. „Das ist noch weit entfernt, aber wenn eine Sache schwierig und langwierig erscheint, sollte man so früh wie möglich damit anfangen.“
Der Historiker und Politikwissenschaftler Prof. Ihor Zhaloba, Präsident der Paneuropa-Union Ukraine, überbrachte die Grüße seiner Kameraden, mit denen er vor kurzem noch an der Front war: „Es ist für sie sehr wichtig, daß hier beachtet und verstanden wird, was in der Ukraine passiert.“ Zhaloba, der am Vortag eine Schule in Ravensburg besucht hatte, freute sich über das Verständnis der angeblich politikfernen Jugendlichen, daß es sich „um einen Krieg zwischen Demokratie und Totalitarismus und eigentlich um ihre Zukunft handelt.“ Das habe ihm große Hoffnung gegeben. “Ich mag Deutschland und Österreich,“ meinte Zhaloba, „aber ich will in der Ukraine mein Leben verbringen, und nicht als Sklave wie die Russen, die jetzt zur Wahlurne gehen. Bei uns ist Wahlkampf eine echte Debatte mit heftigen Diskussionen!“ Als Hochschullehrer habe er seinen Studenten immer gesagt: Verlassen Sie sich auf sich selbst und nicht darauf, daß jemand kommt und Ihnen ein besseres Leben bringt! Jetzt stünden viele junge Ukrainer an der Front in „einem Krieg, der für alle wichtig ist. Deshalb müssen wir in Europa – viribus unitis – gemeinsam handeln, für uns und unsere Kinder.“
Bericht: Paneuropa-Union – Fotos sind von Stefan Zwinge, einige (speziell gekennzeichnet) von Johannes Kijas.
1290291.jpg: Bernd Posselt am Rednerpult.
1290335.jpg: Bundesgeschäftsführer Johannes Kijas.
1290346.jpg: Die Vorsitzenden der ukrainisch-österreichischen und der ukrainisch-deutschen Historikerkommission, Prof. Ihor Zhaloba und Prof. Martin Schulze Wessel.
1290359.jpg: Bernd Posselt mit dem Hausherrn, Pater Valentin Ziegler OSB.
1290387.jpg: 61. Andechser Europatag
1290326.jpg: Prof. Mislav Ježić.
1290405.jpg: Prof. Michael Wolffsohn.
1290415.jpg: Prof. Martin Schulze Wessel.
1290457.jpg: Mons. Wolfgang Huber.
1290439.jpg: Prof. Ihor Zhaloba mit Staatsminister a.D. Ludwig Spaenle.
1290443.jpg: Bernd Posselt mit den beiden Leitern der Rolli-Gang, Benny Dannecker und René Vollmar.
184834.jpg: Konzert der Rolli-Gang im Klostergasthof. (Foto Johannes Kijas)
1290551.jpg: Applaus für die Rolli-Gang.
1290651.jpg: Heilige Messe mit Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk in der Andechser Wallfahrtskirche.
105523.jpg: Podium zur Rußland-Wahl: v.l.n.r. Moderator Frederik Ströhlein, Dirk Voß, Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk, Volkmar Halbleib MdL, Thomas Erndl MdB, Barbara von Ow-Freytag, Botschafter Ramūnas Misiulis und Prof. Ihor Zhaloba. (Foto Johannes Kijas)
1290789.jpg: Michael Gahler MdEP, Ukraine-Berichterstatter des Europäischen Parlamentes.
153750.jpg: Vor dem Klostergasthof v.l.n.r.: Prof. Ihor Zhaloba, Thomas Baumgärtner, Stefan Richter, Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk, Andreas Raab, Johannes Kijas und Prof. Mislav Ježić. (Foto Johannes Kijas)