Mit dem Tod des Journalisten, Photographen und Naturschützers Hans Steinbichler aus Hittenkirchen haben dessen Familie, aber auch der gesamte Chiemgau einen „Helden“ verloren. Bei der Trauerfeier unter freiem Himmel auf dem Friedhof würdigten viele Wegbegleiter das immense Wirken des 83-Jährigen, dessen größtes Vermächtnis nach jahrzehntelangem Engagement die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung war, dass der 3.000 Hektar große Geigelstein als Chiemgauer Blumenberg erhalten, von einer Ski-Lift-Erschließung verschont und letztlich unter Naturschutz gestellt wurde. Die damals höchst umstrittene und dank Hans Steinbichler und seiner Mitstreiter erreichte Entscheidung wird heute unumwunden von Almbauern, Bergnutzern und Politikern anerkannt.
Die Trauerfeier hielt Michael Schedl- v. Brockdorff, Diakon in Ausbildung aus München als Freund der Familie, er erinnerte zu Beginn: „Als ich vor neun Jahren mit Hans Steinbichler im Monopol-Kino bei der Premiere zum Film `Das Blaue vom Himmel` mit dem Schicksal einer demenzkranken Frau war, lernte ich einen freundlichen, älteren und zurückhaltenden Mann kennen. Doch in seinem schöpferischen Leben war er eine energische, kraftvolle und dominante Persönlichkeit, der sogar um der Erreichung seiner Ziele willen auf Bequemlichkeit verzichtet hatte. Ja, er war sogar radikal und kompromisslos, er war ein Getriebener, der auch vor verbalen Verletzungen bei anderen und bei sich selbst nicht Halt machte“. Weiters sagte der Seelsorger: „Er spürte eine Hingezogenheit zu den Bergen in sich, denn er wusste, dass Einem Gott mit jedem Menschen und in der Natur begegnet, so war er in den letzten Jahren seiner Demenz-Krankheit auch über jeden Besuch höchst dankbar“.
Hans Steinbichler war der Älteste von sieben Geschwistern, sein jüngster Bruder Georg erinnerte an Episoden aus der Kindheit, aus der Jugend und bis zuletzt, dabei sagte er: „Hans war ein Mensch in Perfektion, er ist dem Zwang der Berge sogar bei der Heuernte unterlegen und er hat für unvergessliche Liederabende im Elternhaus gesorgt. Unvergesslich waren auch die gemeinsamen Ski-Abenteuer am Lauberhorn, die Berg-Abenteuer in den Viertausendern in der Schweiz und seine journalistischen Beiträge, die oft Stürme der Entrüstung und Begeisterung gleichermaßen entfachten“.
Hans Steinbichler junior: „Vater war letztlich ein Vorbild und Held!“
Der gleichnamige Sohn und erfolgreiche Filmregisseur Hans Steinbichler gewährte einen Einblick in das spannungs- und erlebnisreiche Innenleben der Familie Steinbichler, er sagte dabei am offenen Grab unter anderem: „Dass sich vorhin der Sarg weigerte, in die Grube zu gelangen, das passte zu ihm, auch mein Vater hat sich gegen Vieles gewehrt. Sein Leben bestand von steter Arbeit, ein schier nie endender Tatendrang führte ihn in die Berge, zu Vorträgen, auf Messen – für mich und uns war er wahnsinnig kraftvoll und letztlich ein Vorbild und ein echter Held“ – und er fügte hinzu: „Die Bayerische Staatsregierung und auch die Bundesregierung dürften sich heute vor ihm niederknien, denn mein Vater hat sich in 30 Jahren Geigelstein-Streit ganz und gar aufgeopfert“. Hans Steinbichlers Nichte Erika erinnerte im Rahmen ihrer Laudatio zum 75. Geburtstag daran, dass Hans Steinbichler seine vielen Talente nicht vergeudet hat, dass er gerne und oft im Mittelpunkt stand – ganz gleich ob er persönlich anwesend war oder nicht – und dass er bei vielen Menschen tiefe Spuren hinterlassen hat. Profunde Kenntnisse im Alpinismus bescheinigte in einem persönlichen Rückblick der langjährige Freund Gerald Kampel, der Gründer von ORTOVOX erinnerte an eine Sternstunde vor 40 Jahren bei der gemeinsamen und erfolgreichen Vorstellung von Lawinensuchgeräten und er erlebte Hans Steinbichler als lebendes Berglexikon.
Georg Antretter: „Hans Steinbichler hat sich mit dem Oberen Priental ausgesöhnt“
„Hans Steinbichler hat sich vor neun Jahren beim Jubiläum 20 Jahre Naturschutzgebiet Geigelstein mit der Prientaler Bevölkerung und den Almbauern ausgesöhnt, heute hat ihm das Obere Priental viel zu verdanken, ohne ihn und den Naturschützern gäbe es das Bergsteigerdorf Sachrang so nicht, wie es heute gut dasteht“ – mit diesen Worten würdigte Georg Antretter vom BR-Fernsehen den Verstorbenen. Und Klaus Gerosa, Freund und journalistischer Weggefährte seit 1975 sprach von einem bewegten Leben, das jede Minute für kostbar hielt, so dass Hans Steinbichler keinen Windhauch, sondern Stürme entfesselte. Gerosa übermittelte auch die Grüße vom Bund Naturschutz, von dessen Präsidenten Prof. Hubert Weiger sowie von den verschiedenen Bürgerinitiativen und Verbänden, die an der Seite von Hans Steinbichler für Schutz und Gerechtigkeit in der Natur sorgten. „Der Hans war nicht nur in der Welt und in den Bergen unterwegs, seit 1971 war er mit seiner Frau Elfriede auch beim Trachtenverein Hittenkirchen daheim, er hat sich vielfach, unter anderem mit Filmaufnahmen vom gesamten Gaufest 1986, mit Musik, beim Gesang mit dem Hittenkirchener Dreigesang sowie bei vielen Veranstaltungsbesuchen in unserem Trachtenheim verdient gemacht“ – mit diesen Worten würdigte Vorstand Christoph Kaufmann die 49jährige Vereinstreue und er dankte ihm noch für den Rat von ihm, den er als junger Vorstand bekam: „Sei immer ehrlich, halte es mit den Jungen und mit den Alten gut, dann hast Du einen stimmigen Verein!“. Kaufmann legte im Beisein der Fahnenabordnung einen Kranz nieder. „Es gäbe noch so vieles zu sagen über den Hans, aber das Chiemgau-Kapítel mit ihm ist jetzt zu Ende“ – so am Rande der Trauerfeier Hans-Jörg Decker, der mit einigen Journalisten-Kollegen der sogenannten Westerbuchberg-Runde Abschied von einem guten Kameraden nahm.
Die musikalische Gestaltung übernahmen die Jugendblaskapelle Hittenkirchen unter der Leitung von Fritz Lampersberger sowie mit Gitarre und Gesang das Duo Domini und Konsti.
Repro: Sterbefoto Hans Steinbichler – Fotos: Hötezslperger – Eindrücke von der Trauerfeier im Friedhof Hittenkirchen
Porträt-Bilder: Armin Prass