Kultur

Altöttinger Spuren in Prag

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Für geschichtsinteressierte Besucher der „Goldenen Stadt“ Prag zählt der Hradschin mit Veitsdom und Königspalast zu den ersten Besichtigungszielen. Vielen kommt dabei das fatale Ereignis des „Prager Fenstersturzes“ in Erinnerung. Am 23. Mai 1618 drangen böhmische protestantische Standesvertreter in die Kanzleiräume des Königspalastes ein. Es kam zu einer heftigen Auseinandersetzung mit den dort anwesenden habsburgischen Statthaltern, den Grafen Jaroslav Borsitz von Martinitz und Wilhelm Slavata von Chlum-Koschumberg. Der Streit eskalierte und die Aufständischen warfen die beiden Grafen sowie den Kanzleischreiber Philipp Fabricius aus einem Fenster im zweiten Stock. Zeitgenössische Quellen berichten, dass Graf Martinitz im freien Fall mehrfach „Jesus – Maria“ gerufen haben soll und Graf Slavata sich der Muttergottes von Altötting „verlobte“. Wie durch ein Wunder überlebten alle drei den Sturz aus 16 Metern Höhe. Aus Dank für die wunderbare Rettung wurde die Familie Slavata zu großzügigen Förderern der Wallfahrt nach Altötting. Die Ehefrau des Grafen Slavata Lucia Ottilia wurde als Ausdruck besonderer Wertschätzung sogar in der Altöttinger Gnadenkapelle anno 1633 beigesetzt.

Auch die Grafenfamilie Martinitz erwies der Muttergottes von Altötting besondere Dankbarkeit. Sie erwarb ein Grundstück im heutigen Prager Stadtteil Breznov und errichtete dort einen Nachbau der Altöttinger Gnadenkapelle. Heute ist davon noch das Oktogon erhalten und wird derzeit restauriert. Im gleichen Stadtteil befindet sich der berühmte „Weiße Berg“ (Bila Hora), wo sich 1620 als militärische Reaktion auf den Fenstersturz die erste große Schlacht des 30jährigen Krieges ereignete. Ein Heer der Katholischen Liga unter dem Kommando von Johann T`Serclaes Tilly schlug dort die Truppen der böhmischen Stände vernichtend.Zum Dank errichteten die Sieger am Rande des Schlachtfeldes zunächst eine kleine Kapelle, später die prächtige Klosteranlage Maria vom Siege, an deren Ausstattung der baierische Barockbaumeister Cosmas Damian Asam mitwirkte. Im Umgang des Heiligtums finden sich Deckenfresken mit der Abbildung bedeutender europäischer Marienwallfahrtsorte, darunter auch Altötting.

Bericht und Bilder: Herbert Bauer

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt!