Land- & Forstwirtschaft

Almbauernversammlung in Aschau

„Wir hatten ein gutes Almjahr, spätestens Anfang Juni waren alle Almen bestoßen“, freute sich der Bezirksalmbauer des Bezirks Aschau Jakob Müller bei der Almbauernversammlung im gut besuchten Cafe Pauli in Aschau. Für den bisherigen Stellvertreter Sebastian Pfaffinger aus Sachrang, der sein Amt zur Verfügung stellte wählten die Almbauern nach langer Kandidatensuche mit Christoph Kink aus Höhenberg und Korbinian Schmid aus Haindorf zwei junge Almbauern aus der nächsten Generation.

In seinem Rückblick erinnerte Jakob Müller an die vielen Versuche der direkt Betroffenen die Ausbreitung des Wolfes im südlichen Bayern auf der politischen Schiene zu verhindern oder zumindest einzudämmen. Die Almbegehungen der letzten Jahre im Hochfellngebiet und in Rottach Egern hätten auch den verantwortlichen Politikern in Bayern gezeigt, dass die Almen und damit die Landschaft seit Generationen vom Menschen gestaltet und erhalten werden. Deutlich war zu sehen, dass ohne entsprechende Pflege der Almen durch die Bauern die Natur wieder ganz schnell die Oberhand über die mühsam kultivierte Landschaft übernimmt und die Almen zuwachsen. Damit sei dann die Vernichtung von 500 Jahren Arbeit von vielen Generationen verbunden. „Keine Almbauernversammlung ohne den Wolf“, brachte auch Josef Glatz der erste Vorsitzende des Almwirtschaftlichen Vereins das Thema, das den Almbauern am meisten auf den Nägeln brennt zur Sprache. Glatz kam nach seiner Wahl erstmals zur Bezirksalmbauernschaft Aschau mit ihren 125 Mitgliedern.

„Wehret den Anfängen und lasst den Wolf nicht mehr in unserer Kulturlandschaft heimisch werden“. Die Zunahme der Wolfspopulation ist ein Thema, das die Gemüter erhitzt: Während Landwirte mit Sorge auf die Entwicklung blicken, lehnen Tier- und Naturschützer die Aufhebung des strengen Schutzstatus strikt ab. Der Wolf ist in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein wieder präsent. Aktuell nehmen die Sichtungen weiter drastisch zu. „Der Wolf ist eine Gefahr für die Artenvielfalt und die einzigartige Kulturlandschaft“: So lautet die Botschaft des Schweizer Biologen Marcel Züger, der seit einiger Zeit mit Vorträgen zum Wolf durch Deutschland, Österreich, Südtirol und die Schweiz tourt. „Eine friedliche Koexistenz mit dem Wolf ist nicht möglich“. Mittlerweile leben 1500 bis 2700 Wölfe in Deutschland, aufgeteilt auf 161 Rudel, 43 Paare und 21 Einzeltiere.

„Jahrelang wurde uns nachgesagt, dass wir übertreiben würden, aber alle unsere Vorhersagen sind eingetroffen“. Das weitere Vordringen auf die heimischen Berge müsse unbedingt verhindert werden, der Schutz der Nutzviehbestände durch irgendwelche „Wolfsschutzmaßnahmen“ sei auf den unübersichtlich weiten Almflächen illusorisch. „350000 Hektar Weidefläche im Hochgebirge kann niemand wolfssicher einzäunen, 115000 Kilometer Wolfszäune kann niemand bezahlen, pro Betrieb wären dafür rund 15000 Euro aufzuwenden. Welches Amt und welche Naturschutzbehörde würde in den ausgewiesenen Naturschutz- und FFH-Gebieten derart massive Zäune und Einfriedungen genehmigen, welche Firmen könnten sie ohne die vorherige Anlage von Almwegen und Forststraßen bauen? Wie soll das Wild auf den Bergen leben können, wenn es durch diese wolfssicheren Zäune von den Weidegründen ausgesperrt wird oder wenn es die Weidegründe mit dem Nutzvieh teilen muss? Wie oft müssen diese Zäune erneuert werden um Sicherheit bieten zu können?“ Auch die Herdenschutzhunde seien letztlich Augenwischerei, benötigt würden rund 12000 dieser Hunde, dafür gebe es aber derzeit keinen Markt und keine Züchter. Außerdem fiele diese Art von scharfen Hunden unter die Richtlinien für Kampfhunde, wie lasse sich solch ein Hund auf den heimischen Bergen mit dem propagierten und geforderten sanften Tourismus vereinbaren. „Wolf bleibt Wolf und Schaf bleibt Schaf – beides zusammen geht nicht“.

Für das Jahr 2020 zeigt die Schadensstatistik der DBBW über 900 Übergriffe mit über 3900 getöteten oder verletzten Tieren. Die nach einer Attacke stressbedingten Totgeburten (so bei Schafen und Ziegen) gehen in diese Statistik nicht ein.Alle empfohlenen Schutzmaßnahmen vom Einsatz der speziellen scharfen Hütehunde bis zum nächtlichen Einsperren ins Gatter hätten nichts gefruchtet, Wölfe suchten sich ihre Beute auf jedem Weg. „Das Auftreten eines Wolfsrudels in unserer heimischen Almlandschaft beendet die bisherige Almwirtschaft und verändert die auf der Viehhaltung bestehende Kulturlandschaft nachhaltig“. Die Entscheidung der Almbauern könne nur „Wolfsbestandsobergrenze und wolfsfreie Zonen in der Almwirtschaft“ lauten, alles andere würde die Arbeit und das Leben der Tiere gefährden. Gleichzeitig ist er skeptisch, dass die Sorgen der Landwirte ernst genommen und Maßnahmen umgesetzt werden. „Die öffentliche Meinung ist relativ klar pro Wolf“, so Glatz: „Kaum ein Politiker will an das Thema Begrenzung des Wolfsbestandes ran.“

Der neue Almfachbearbeiter im Landratsamt Rosenheim Christian Tegethoff stellte sich und seine Arbeit den Almbauern vor.

Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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