Es gibt etwa 200 Menschen in Deutschland, die im Akkordeonbau ausgebildet sind. Heute wählen nur ganz wenige junge Leute diesen raren Beruf, und starten dann oft mit dem Gesellenabschluss ins Arbeitsleben. Während das mancher Geselle mit eigener Werkstatt als normale Entwicklung sieht, wünscht sich anderswo mancher Meister mehr Lehrlinge, mehr Prüfer – und wieder eine Meisterpflicht.
Akkordeon spielen ist eine Sache, Akkordeons bauen eine andere, aber eines ohne das andere ergäbe keinen Sinn. In Deutschland gibt es dafür traditionell die „Handzuginstrumentenmacher“, die in ihrer Ausbildung lernen, Akkordeons, Harmonikas, Konzertinas und Bandoneons zu bauen, und sie zu reparieren. Im ländlichen Wildenberg in Niederbayern hat Günther Pentenrieder seit fünf Jahren eine eigene Werkstatt. Er repariert dort alles, was ihm seine zahlreichen Stammkunden aus allen Ecken Deutschlands bringen. Sogar aus Norddeutschland reisen einige extra zu ihm, und aus Österreich. Pentenrieder sitzt zudem im Prüfungsausschuss der IHK, und er erarbeitet die Fragen für die jungen Leute, die ihre Gesellen- oder Meisterprüfung absolvieren wollen. Viele sind das nicht, seiner Meinung nach könnten es mehr sein. Er bildet jedenfalls gern aus. Früher, in seinen Arbeitsjahren bei der Firma Hohner in Trossingen hat er schon einigen Lehrlingen die Kunst des Akkordeonbaus beigebracht. Jetzt ist er guten Mutes, dass in seiner Werkstatt nächstes Jahr ein junger Mitarbeiter anfängt. Wenn alles so geht, wie sich Pentenrieder das erhofft, absolviert der Nachwuchs-Handzuginstrumentenmacher zuerst seine Ausbildung bei ihm und arbeitet langfristig weiter mit. Das ist nicht immer so. Der Meisterkollege Georg Öllerer im oberbayerischen Freilassing etwa hat zuletzt zwei Leute ausgebildet, einen Gesellen und einen Meister. Er hätte es gern gesehen, dass sie weiter in der Werkstatt arbeiten. Statt dessen aber haben beide schließlich andere berufliche Wege gewählt, nicht zuletzt aus privaten Gründen. So was kann passieren, es gibt keine Verpflichtung, nach einer Ausbildung für den Ausbilder zu arbeiten. Dazu kommt, dass sich inzwischen diejenigen, die sich für eine Ausbildung entscheiden, oft mit dem Gesellenabschluss begnügen. Meister werden nur wenige. „Das müssen Idealisten sein“, sagt Pentenrieder. Für ihn war das nie ein Thema, er wollte seinerzeit unbedingt Akkordeons bauen. „Es war immer ein Kindheitstraum“, erinnert er sich. Seit dem Alter von neun Jahren spielt er selbst, vor allem Oberkrainermusik. Es ist meistens so, dass Handzuginstrumentenmacher zumindest ein wenig Akkordeon spielen.
Wenige Prüflinge, wenige Prüfer
Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks sind derzeit bundesweit 74 Betriebe in dem Bereich eingetragen (Stand: 2018), die meisten in Bayern (23), Sachsen (14) und Baden-Württemberg (11). Die Zahl hat sich beständig erhöht, 1998 waren es noch 45 Betriebe. Allerdings gibt es keine Angaben dazu, ob in den Betrieben nun Meister tätig sind oder nicht. Eine Auflistung für 2016 benennt insgesamt 196 Handzuginstrumentenmacher bundesweit. Bei dieser Zahl ist aber wiederum nicht klar, wer einen Meisterbrief hat, und wer Geselle ist. Es dürften aber wesentlich mehr Gesellen sein. Eines zeigen die Zahlen aber relativ eindeutig: Die Handzuginstrumentenmacher sind selbst bei den Instrumentenmachern rar. Für Holzblasinstrumente gab es 553 Leute, für Klavierbauer 1.106 und für Orgelbauer gar 1.315. So gesehen darf der Akkordeonbau wohl wirklich eine seltene Kunst genannt werden. Umso mehr bei einem Blick auf die Lehrlingszahlen. Das waren im Jahr 2018 bundesweit drei.
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Text: Christina M. Bauer; Fotos: Magdalena Kaiser; Hohner Musikinstrumente; Weltmeister Akkordeonmanufaktur; Fritz Fabert.