Alte Bräuche und traditionelle Feste in Altbayern rund ums Jahr findet der interessierte Leser im „Altbayerischen Festtags- und Brauchtums-Kalender 2025 für Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz“. Wie in allen vorausgehenden Kalendern von Dorothea Steinbacher und Judith Kumpfmüller gibt es auch für 2025 wieder traditionell ein Kalendarium mit Namenstagen, Festtagen und Bauernregeln, einen Veranstaltungskalender, einen Mond-, Aussaat- und Pflanzkalender, sowie einen Holzschlag- und hundertjährigen Kalender.
Im Textteil geht es um den Ursprung von Bräuchen und Festtagen, um Traditionsrezepte und Hausmittel für jeden Monat, sowie um vergessene Wörter der bairischen Sprache. Unterhaltsam lesen sich die Witze in bairischer Sprache. Dabei ist dieser Kalender keineswegs nur für alteingesessene Bayern. Denn es gibt auch Hinweise auf Internetseiten, wie zum Beispiel das Brauchtumswiki.de, ein innovatives Internetprojekt.
So erinnert der Kalender an die Bedeutung von „Gschieß“ („Mach net so a Gschieß“) oder zum Beispiel von „Pfinsta“, dem alten bairischen Namen für den Donnerstag, der aus dem Griechischen „pente hemera“ (fünfter Tag ab Sonntag) abgeleitet ist. Ob das wohl jeder „dagneißt“ (auf Hochdeutsch: versteht)? Es gibt sogar ein Kapitel über „Bairisch für Anfänger“ (im Juli) mit dem berühmten „Edelweiß-Gedicht“ von Hanns von Gumppenberg (1866-1928), der sich über die gewollt bairische Aussprache von Nicht-Bayern lustig machte.
Es geht auch um das Baumwollbrot, mit dem die Berchtesgadener Bäuerinnen am Josefi-Tag (19. März) neuerdings einen alten Brauch aufleben lassen. Man mag sich auch dafür interessieren, wo das bayerische Weissbier „geboren ist“. Die Symbolik, die früher dem Kuckucksruf zugeschrieben wurde, ebenso wie die Zahlensymbolik – etwa die Zahl 40 für die Fastenzeit – wird allumfassend erklärt. Wo sich das älteste Wirtshaus oder der höchste Backstein-Kirchturm der Welt befinden, ist ab sofort kein Geheimnis mehr. Auch nicht, wo sich 92 Engel um das Gnadenbild einer gotischen Madonna scharen. Und wo der Heilige Geist übers Land flog (oder immer noch fliegt), stellte man Birkenbäumchen in Tür- und Fensteröffnungen als Rastplatz für den göttlichen Geist.
Frühere Heilmittel und ihre heutige Verwendung fanden Eingang in den Kalender – zum Beispiel gibt der Weg der Petersilie vom Arznei- zum Gewürzkraut darüber Aufschluss.
Wetterphänomene, wie die Hundstage, bekommen im Kalender eine neue kulturgeschichtliche Bedeutung. Ebenso wie die Bezeichnungen für die Maßeinheiten, wie Elle oder Klafter, Loth oder Seidl, die (in Deutschland) erst 1872 durch das Dezimalsystem ersetzt wurden. Im Oktober geht es um Kirchweih und die dazugehörige Fahne, den „Zachäus“ (der Name des Zöllners aus dem Lukasevangelium). Auf der Seite über den bayerischen König Ludwig I. erfährt man, dass die Schreibweise Bayern mit „y“ anstatt mit „i“ (so nur noch, wenn es um die Sprache geht) auf diesen König zurückgeht. Dass St. Leonhard als Bayerns eigener Herrgott verehrt wird, das erfährt der Leser am 6. November, dem Leonhardi-Tag.
Die Fantasie wird angeregt durch das Kapitel über den Untersberg mit Kaiser Karl und seinen Zwergen. Bedeutung in der katholischen Kirche erlangten die geheimnisvollen drei Bethen, als ihren Namen Barbara, Katharina und Margaretha durch Christianisierung ein „Sankt“ vorangestellt wurde: eine Geschichte im September. Der Dezember bietet den Anlass, die „Berchtesgadener War“, bemalte Spanschachteln und geschnitzten Christbaumschmuck, vorzustellen, ebenso wie Glücksbringer zum neuen Jahr, besonders den Glücksklee, seine Form und Wirkung. Das Jahr ganz bewusst zu erleben, sich auf die Besonderheiten eines jeden Monats zu besinnen, die tiefere Bedeutung hinter all den alten Bräuchen zu entdecken, all das kann das Alltägliche zu einer Besonderheit machen.
Judith Kumpfmüller und Dorothea Steinbacher, Altbayerischer Festtags- und Brauchtumskalender 2025, Battenberg Gietl Verlag, DIN A 4, 134 Seiten
Fotos: Battenberg Gietl Verlag – 9332: Der Brauch des Palmbuschen-Bindens ist beliebt bei den Buben.
4334: Das Titelblatt des Kalenders mit der Zachäus-Fahne zu Kirchweih, dem Baumwollbrot am Josefi-Tag und einem Detail eines Maibaums
Bericht: Brigitte Janoschka