Naturbeobachtungen am Chiemsee –
Als die Wettervorhersage endlich einen wolkenlosen Himmel über dem Chiemsee vorhersagte, machte ich mich schon mittags auf den Weg, um bei ausreichend Sonnenlicht in den zahlreichen temporären Wiesenlachen nach den heftigen Regenfällen Wasserflöhe für Makroaufnahmen zu suchen. Meine Überraschung war groß, als mir Urzeitkrebse vor die Linse der Unterwasserkamera schwammen. Deren Eier überdauern oft Jahrzehnte im Trockenen. Bei Überflutung schlüpfen die Nauplien am nächsten Tag und schon in den darauffolgenden zwei Wochen paaren sich die Tiere und die Weibchen beginnen mit der Eiablage. Sind sie optimal an den oft nur wenige Wochen existierenden Lebensraum angepasst.
Eine weitere, allerdings weniger erfreuliche Überraschung präsentierte mir bei einem Zwischenstopp ein Chiemseefischer, dem schon wiederholt ein Gabelwels ins Netz gegangen war. In seiner Heimat in Nordamerika wird der bis 1,25 Meter lange und an die 20 Kilogramm schwere Wels wegen seiner Gefräßigkeit intensiv befischt. Den heimischen Fischen im See droht Unheil.
In der Hirschauer Bucht genoss eine Ringelnatter die letzten warmen Sonnenstrahlen und der Eisvogel blickte argwöhnisch zum Turm. In langer Keilformation überquerten hunderte Kraniche das Grabenstätter Moos, drehten eine Runde vor den Alpen und überquerten den See nach Norden, wobei zwischenzeitlich wohl Uneinigkeit über den richtigen Weg bestand. Aber aus dem ungeordneten Schwarm bildete sich bald wieder die typische Keilform und die Kraniche setzten ihre Reise zu den Winterquartieren nach Westen fort.
Das Warten auf die Dämmerung, um den bei einsetzend Dunkelheit sichtbaren Kometen Tsuchinshan-Atlas fotografieren zu können, verkürzten überraschend auftauchende Fledermäuse. In großer Zahl jagten sie vor dem Beobachtungsturm in der Hirschauer Bucht dicht über der Seeoberfläche im rasendem Flug Wasserinsekten. Die unsteten Zickzackflüge waren bei spärlichem Licht für Kamera und Fotograf eine Herausforderung. Leider erschien der Komet hoch über dem Horizont und konnte deshalb nur mit einer Doppelbelichtung über der Fraueninsel dokumentiert werden.
Text und Fotos: Andreas Hartl