Natur & Umwelt

Blühparadies am Hochwasserschutz

Veröffentlicht von Toni Hötzelsperger

Deiche schützen. Sie halten Hochwasser zurück und bewahren auf diese Weise Menschen sowie deren Hab und Gut vor Unglück. Deiche sind zugleich wichtige Standorte für besondere Blühpflanzen. Hier wächst, was anderswo keine guten Bedingungen findet. Damit beides funktioniert, verfolgt das Wasserwirtschaftsamt Traunstein in seinem Amtsbezirk ein besonderes Konzept. Dieses Konzept ist für jeden Deich individuell gestaltet und mit den Unteren Naturschutzbehörden und verschiedenen Verbänden abgestimmt.

Ausgeklügeltes Mähkonzept

Deiche zählen als technische Bauwerke zu den wichtigen Bestandteilen des Hochwasserschutzes. Damit sie zuverlässig funktionieren, müssen sie in Schuss gehalten werden. Und wer schon einmal auf oder an einem Deich spazieren gegangen ist, weiß: Hier blüht es besonders schön. Hinter beidem steckt ein ausgeklügeltes Mähkonzept, das das Wasserwirtschaftsamt Traunstein verfolgt. Was genau getan wird, lässt sich derzeit an den Deichen im gesamten Amtsbezirk verfolgen, also in den Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land und Traunstein. Die Mahd findet jeweils wasserseitig, je nach Deich und zugehörigem Konzept zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt. Sie wird zwei bis drei Wochen dauern.

Schützende Schicht aus Gräsern und feinen Wurzeln

Wird nicht gemäht, verliert der Deich seine schützende Schicht aus Gräsern und feinen Wurzeln. Zugleich können Büsche und Bäume wachsen, was nicht erwünscht ist. Denn entwurzelt etwa ein Sturm einen Baum, besteht die Gefahr, dass ein Loch in den Boden gerissen wird. In der Folge ist die Funktionstüchtigkeit des Deiches eingeschränkt. Im schlimmsten Fall kann der Deich brechen. Steht das Gras zu hoch, sind zudem mögliche Schäden am Bauwerk schlechter zu erkennen. Außerdem könnten sich bei Hochwasser in den hochstehenden Wiesen nährstoffreicher Schlamm oder Müll ablagern. Diese „Rückstände“ lassen sich nur mit großem Aufwand entsorgen. Das ist teuer.

Wenn die Nährstoffe fehlen, gedeihen prächtige Blühpflanzen

Auch im Sinne der Ökologie bringt ein ausgewogenes Mähkonzept Vorteile: Mit dem Mähen der Deichwiesen verlieren die Böden Nährstoffe. Für viele seltene Pflanzen ist das entscheidend. Denn wenn diese Nährstoffe fehlen, fördert das die Ansiedlung von seltenen Blühpflanzen.
Häufiger mähen lässt das Wasserwirtschaftsamt Traunstein lediglich jene Flächen, auf denen sich Neophyten ausbreiten: gebietsfremde Pflanzen wie der japanische Staudenknöterich. Sie verdrängen heimische Arten und ihre Verbreitung lässt sich schwer eindämmen. Jede dieser zusätzlichen Mäharbeiten stimmt das Wasserwirtschaftsamt mit der Unteren Naturschutzbehörde ab.

Rücksicht auf Kleintiere und Insekten

Damit nicht nur die Blühpflanzen gedeihen, sondern auch Kleintiere und Insekten auf den Deichwiesen überleben können, legt die Behörde zudem großen Wert auf ein schonendes Mähverfahren. So wird beispielsweise ein Doppelmesser verwendet. Es läuft langsam, mäht vorsichtig, schont dabei Kleintiere und Insekten. Das Schnittgut bliebt im Anschluss zwei bis drei Tage liegen. Auf diese Weise können die Lebewesen ausweichen, etwa auf die andere Seite des Deiches. Eine andere Variante im Rahmen des Pflegekonzeptes ist die Streifenmahd: Zunächst wird nur die Hälfte einer Böschung gemäht, die andere folgt später. Auch möglich ist es, Wasser- und Landseite eines Deiches um einige Wochen zeitversetzt zu mähen. Allen Varianten gemeinsam ist, dass die Blühwiesen nicht gleichzeitig verschwinden. Auf diese Weise bleiben Nahrungsquellen erhalten – insbesondere für Bienen und Schmetterlinge.

Sind die Mäharbeiten abgeschlossen, erfolgt ein zweiter Schnitt im Herbst dieses Jahres.

Bericht und Foto: WWA Traunstein –  Blühender Deich: Den Deich in Fridolfing lässt das Wasserwirtschaftsamt Traunstein nach den Vorgaben der Streifenmahd mähen: Ein Teil der Deichböschung wird gemäht, der andere bleibt zunächst stehen.

 

Redaktion

Toni Hötzelsperger

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