Rosenheim – Auf riesiges Interesse stieß der Vortrag „Zwei Jahre Krieg in der Ukraine. Die Sicht eines Soldaten“, dem eine intensive Diskussion folgte. Markus Michel, Oberst i.G., hatte anschaulich und detailreich die Anfänge des Ukraine-Konflikts, den aktuellen Stand, die moderne Art der Kriegsführung und die Schlussfolgerungen für NATO und Deutschland aus militärischer Sicht beschrieben.
Keinen Zweifel hegt Michel am russischen Kriegsziel: die Einnahme der Ukraine. Putin habe dies bereits mehrfach klar formuliert und mit der alten Größe Russlands, die es wiederherzustellen gelte, begründet. Nach anfänglichen großen Landgewinnen durch Russland sei der Vorstoß überraschend schnell durch ukrainische Kräfte gestoppt worden. Das sei nicht unbedingt zu erwarten gewesen, denn die Übermacht an Soldaten und militärischem Gerät sei auf russischer Seite bis heute enorm. Doch dem starken Verteidigungswillen der Ukrainer und insbesonders der Präsenz von Präsident Selenskyj sei es zu verdanken, dass die Ukraine nicht bereits zu Anfang des russischen Angriffskrieges im Handstreich überrollt wurde. Doch inzwischen stecken beide Seiten fest, Militärexperten erwarten für den Sommer einen Vorstoß durch russische Kräfte.
Neben herkömmlichen taktischen und militärischen Maßnahmen gewinne zunehmend der „Krieg aus der Distanz“ an Bedeutung: weitreichende Artillerie, Drohneneinsatz mit Konsequenzen für Aufklärung und Zerstörung, Cyberkrieg mit Störung elektronischer Systeme sowie hybride Kriegsführung, worunter Desinformationskampagnen und bewusste mediale Fake-News zu verstehen sind, um den Gegner und dessen Bevölkerung zu destabilisieren. Daneben seien privat finanzierte Privatarmeen – am bekanntesten die Wagner-Gruppe – im Einsatz, die zunehmend an Bedeutung gewinnen würden, so der Militär. Um diese Kriegsmaschinerie am laufen zu halten, habe Putin sein Land auf Kriegswirtschaft umgestellt. Wenig wirksam seien bisher die Sanktionen durch den Westen, konstatierte er.
Die Konsequenzen liegen für den Oberst auf der Hand. Er bemühte das alte lateinische Sprichwort: „Si vis pacem, para bellum!“ (Willst du den Frieden, rüste zum Krieg). Auf militärischem Gebiet gelte es, dem Feind die eigene Stärke zu demonstrieren. Und genau hier habe sich Putin verschätzt: Die NATO sei durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht schwächer, sondern größer und stärker geworden. Und Europa sei durch diesen blutigen Krieg aufgewacht. Ob der Krieg bald zu Ende sei, da sei er pessimistisch. Putin höre erst auf, wenn die Weiterführung mehr schade als die Beendigung. Davon ist er überzeugt.
Bericht und Foto: CSU Stadt und Landkreis Rosenheim