Urteile zu den Musterprozessen „Rote Gebiete“ beim Bay. Verwaltungsgerichthof am 22.02.2024
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lehnte am 22.2.2024 drei von vier Musterklagen gegen die Ausweisung sogenannter Roter und Gelber Gebiete in Bayern ab. Die Musterklage im Verfahren zum Grundwasserkörper Vorlandmolasse- Thalmassing wurde gewonnen. Dieser Grundwasserkörper ist in Stadt und Landkreis Regensburg sowie im Kreis Kelheim verortet. Eine dort verwendete Messstelle erfüllt nicht die Bundesvorgaben beschied das Gericht.
Nun steht den unterlegenen Bauern der Weg offen in weiteren Instanzen, die aus Ihrer Sicht fragwürdigen Bundesvorgaben prüfen zu lassen.
Die Interessengemeinschaft Sandsteinkeuper Höchstadt-Bamberg, welche eines der verlorenen Musterverfahren unterstütze, will nun zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann über weitere Schritte entscheiden. Das Gericht hatte in allen 3 verlorenen Musterverfahren die Revision zum Bundesverwaltungsgerichtshof zugelassen.Thomas Pfeiffer Vorstandsmitglied der IG Höchstadt-Bamberg erklärt hierzu: „Wir hätten uns über eine gerichtlich angeordnete Neuausweisung der Roten Gebiete natürlich sehr gefreut! Gerade in unserem Grundwasserkörper ist in Zusammenarbeit mit den zuständigen Wasserwirtschaftsämtern der Messstellenausbau inzwischen gut vorangeschritten. Wir waren uns sicher bei einer Neuausweisung wird es wieder zu einer deutlich genaueren Abbildung, sprich kleinräumigeren Rotgebietsausweisung in unserer Region kommen. Hätte das Gericht die Ausweisung für ungültig erklärt, wären die Gebiete dann aber trotzdem im Wesentlichen weiter, unter den aus Bauernsicht, fachlich und juristisch fragwürdigen Bundesvorgaben bestimmt worden. Auch gegen die Neuausweisung der Gebiete hätte gegebenenfalls neu in München geklagt werden müssen, ist sich Pfeiffer sicher. Deshalb ist er mit der Ablehnung in München aber der grundsätzlichen möglichen Revision vor dem Bundesgericht auch zufrieden.
Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof?
Wie man hört, wollen zudem verschiedene oberbayrische Betroffene unter „Federführung“ vom Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof einreichen. Über den großen Mut und Einsatz von Landrat Bayerstorfer freuen sich die landesweit betroffenen Grundstücksbesitzer und Bauern sehr! Zusätzlich hatten betroffene Bauern aus weiteren Teilen Bayerns in Kooperation mit der IG Höchstadt-Bamberg bereits im vergangenen Jahr sogenannte Feststellungsklagen bei den Verwaltungsgerichten Ansbach, Augsburg, Regensburg und Bayreuth eingereicht. Gemäß Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist dies der reguläre Weg, um fragwürdige Bundesvorschriften höchstrichterlich anzugreifen. Jedoch ist dies über viele Instanzen ein mühsamer Weg.
Hoffnung, dass Cem Özdemir sein Versprechen von 2022 endlich einlöst:
Zusätzlich hoffen die bayerischen Bauern, dass der Donnerhall aus München und Erding auch bei der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen gehört wird. Und diese von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die Einlösung seines Versprechens einfordert! Dieser hatte nämlich der EU die Einführung eines Monitoringsystems versprochen. 2023 stelle diese bekanntermaßen daraufhin das seit vielen Jahren anhängige Klageverfahren gegen Deutschland wegen mangelhafter Umsetzung der Nitratrichtlinie beim Europäischen Gerichtshof ein. Ziel des Monitoringsystem wäre es dann zukünftig europarechtskonform Landwirten mit „guten Düngebilanzen“ die Befreiung von verschiedenen Auflagen in Roten Gebieten zu ermöglichen. Außerdem wurde die Zustimmung des Bundesrates zu den im Jahr 2022 verschärften Bundesvorschriften zur Gebietsausweisung damit erkauft, dass die Einführung des Monitoringsystem zugesagt wurde, die sogenannte Protokollerklärung zum Bundesratsbeschluss.
EU-Grundwasserrichtline verweist auf mögliche Einkommensverluste und EU-Fördergelder für die Landwirtschaft
Selbst die EU gesteht in Abwägungsgrund Nr. 9 ihrer Grundwasserrichtlinie ein, in einigen Gebieten seien Veränderung in der Landbewirtschaftung nötig, diese können zu Einkommensverlusten führen. „Die Gemeinsame Agrarpolitik sieht Finanzierungsmechanismen zur Umsetzung von Maßnahmen vor, um Gemeinschaftsnormen zu erfüllen […]“ Hier wäre es nach Meinung von Thomas Pfeiffer dringende Aufgabe der Deutschen Politik (egal welcher Farbe) in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Wasserwirtschaft und Landwirtschaft nach wissenschaftlichen Fakten auch tatsächlich dem Gewässerschutz dienende Maßnahmen in den Roten und Gelben Gebieten voranzubringen.
Bericht: Thomas Pfeiffer, Schriftführer der IG Sandsteinkeuper Höchstadt-Bamberg – Fotos: Michael Hamburger (Landrat Martin Bayerstorfer) / Thomas Pfeiffer (Güllefass)