Hier wird die Qualität mit Füßen getreten. Und das ist bei der Inntal Handweberei sogar ausdrücklich erwünscht. Denn die Teppiche, die vom Traditionsunternehmen in Pfraundorf hergestellt werden, sind einerseits hochwertige Produkte von zeitloser Schönheit, andererseits jedoch auch für den täglichen Gebrauch gedacht. Was in der Praxis heißt: Darauf gehen, stehen, sitzen, liegen, hüpfen, tanzen, springen. Denn da ist sich Werner Rechenauer, der Inhaber, sicher – so ein in Handarbeit hergestellter Teppich, vermittelt einfach ein gutes Gefühl. Vor allem, wenn das verwendete Material Schurwolle ist. Die meisten Teppiche der Handweberei bestehen aus Schurwolle. Und das nicht nur, weil sich der Mensch auf Schurwolle wohlfühlt. Die verwendete Wolle hat auch faktisch viele Vorteile. Werner Rechenauer nennt einige davon: So kann ein Schurwollteppich nicht nur den Schall aus kahlen Räumen schlucken, er speichert auch bis zu zehn Prozent der Raumwärme, nimmt bis zu 33 Prozent Luftfeuchtigkeit auf und ist zudem ein echter Tipp für Hausstauballergiker, da er den Feinstaub bindet. Ein Schurwollteppich ist auch bei einer Bodenheizung ausgezeichnet geeignet.

Damit nicht genug. Für den Webermeister ist Schurwolle ein Material, das ideal in die heutige Zeit passt. Er erklärt: „Schurwolle ist ein nachhaltiges Naturprodukt mit einem Qualitätssiegel. Sie stammt vom weiblichen lebenden Wollschaf. Kein Tier muss deswegen sterben. Außerdem darf man Schurwolle nicht mit Schafwolle verwechseln. Schurwolle braucht keinerlei chemischen Zusätze als Spinnhilfe.“

Die Qualität der Wolle wirkt sich auch auf die Lebensdauer und die Pflege der Teppiche aus. Produkte aus der Inntal Handweberei können ohne Qualitätsverlust gut 40 Jahre alt werden und können auch den ein oder anderen Fleck vertragen. Bestes Beispiel: Der Betrieb produziert immer mehr Teppiche für die Küche. „Da kann schon mal Soße draufkommen, die ist einfach wegzuwischen, das macht dem Teppich nichts aus“, sagt Werner Rechenauer.

Am Standort Raubling/Pfraundorf können fertige Teppiche lagernd, viele Muster, Strukturen und Farben nach vorheriger Terminabsprache angeschaut werden, doch ein Großteil des Geschäfts spielt sich im Paulig-Flagship, Paulig since 1750, by Werner Rechenauer, in der Maxburgstraße 4, in München ab. Rechenauer: „Die Handweberei und der Flagship-Store sind zwei eigenständige Betriebe, die trotzdem zusammengehören.“ In dem 2021 komplett umgebauten Geschäft in München haben Kunden eine große Auswahl an Teppichen für alle Ansprüche. Dazu bekommen sie eine intensive Beratung. „Wir achten darauf, dass wir die richtige Qualität zum richtigen Zweck anbieten“, berichtet der Chef. „Auch die richtige Größe des Teppichs ist ein wichtiges Thema. Schließlich muss er perfekt an den gewünschten Ort passen.“ Ist sich der Kunde dann unsicher, fährt Rechenauer oft auch persönlich vorbei und nimmt die Räumlichkeiten in Augenschein. „Da sehe ich auch, ob eventuell eine Balkon- oder Haustür gut drüber gehen muss.“ Sollte trotz umfangreichem Sortiment das passende Stück nicht auf Lager sein, wird der Traumteppich individuell gefertigt. Sowohl in Pfraundorf als auch in München nimmt das Team der Handweberei die Aufträge für die maßgefertigten Teppiche entgegen. Bei so viel Sorgfalt nehmen die Kunden auch eine Wartezeit von etwa sechs Wochen in Kauf.

Welches Material schließlich verwendet wird, hängt vom jeweiligen Bedarf und Raum ab. Neben den Schurwollteppichen fertigt die Handweberei auch Teppiche aus Baumwolle, Jute und Sisal. „Die Basis ist allerdings immer ein Naturrohstoff“, sagt der Webermeister und weist auch auf die verwendeten Farben hin. „Die kommen aus der Schweiz oder aus Deutschland und sind so gut und naturnah wie möglich.“ Produziert werden die Teppiche außer in Raubling auch in Ungarn, Rabat und Kathmandu. Das hängt von der jeweiligen Art ab. Während im Inntal Handwebteppiche aus Schur- und Baumwolle entstehen, kommen die Knüpfteppiche aus Rabat, wo die Spezialisten für Berberknoten sitzen, und in Kathmandu wird der Tibetknoten (u.a. mit Seide) handgeknüpft. „Ungarn ist ohnehin Textilland, wo sehr viel Fachwissen sitzt“, erklärt Werner Rechenauer. Der Firmeninhaber, der den 1945 in Happing gegründeten Familienbetrieb in dritter Generation führt, ist überzeugt: „Schurwollteppiche, wie wir sie herstellen, haben nichts mehr mit den Wollteppichen zu tun, wie man sie vielleicht von früher kennt. Das sind moderne Produkte, auch Design-Teppiche bis hin zum Einzelstück, und darüber hinaus nachhaltig.“

Text: af – Fotos: Werner Rechenauer

Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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