Gesundheit & Corona

Heilwissen-Symposium in Sachrang

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Mitte Oktober lud der Müllner Peter Verein zu einer Veranstaltung der besonderen Art in die Alte Schule Sachrang ein, zum grenzenlosen Symposium „Heilwissen & Rezeptsammlungen aus Bayern, Tirol und der Schweiz um 1800. Initiiert hatte die Tagung im historischen Ambiente Dr. Günter Fleischmann (Apotheker, Bad Aibling) und in enger Kooperation mit ihm hat es der Verein umgesetzt.

Cäcilie v. Feilitzsch-Rauch (1. Vors.) begrüßte alle TeilnehmerInnen und bedankte sich bei allen, die diese Veranstaltung ermöglichten: bei der Gemeinde, der Tourist Information Aschau i.Ch., bei der Euregio Inntal e.V. für die Kleinstförderung, beim Ökum. Frauenkreis, beim Dorfladen Sachrang, bei Familie Krempl (gebackenes Brot), bei C. Hertle und F. Ostermann (Musik) sowie bei allen Vereinsmitgliedern für deren großes Engagement. Geladen waren hochkarätige Dozentinnen und Dozenten, die mit ihren Vorträgen Einblicke in ihre aktuellsten Forschungserkenntnisse gaben und viele Zuhörer ins Staunen versetzten. So stellte der Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums Innsbruck, Mag. Dr. Michael Span, sein frühneuzeitliches „Artzneybüechl“ aus dem Tiroler Raum vor, in welchem auf wundersame Weise mit kryptischen und schwer zu entziffernden Zeichen das Thema „Schmerzmittel – Farbpigmente – Schutzzauber“ behandelt wurde. Prof. Dr. Michael Stolberg vom Institut für Geschichte der Medizin Universität Würzburg, referierte ausführlich über „Ärzte und Laienbehandler im ländlichen Bayern um 1800“. Die Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie, Dr. Ursula Hirter-Trüb (Basel), nahm die Tagungsteilnehmer mit auf eine „detektivische Suche“ nach den Ursprüngen der Handschrift „Arzneien Buch von Christian Langen 1721“ und verglich diese akribisch genau mit anderen Werken aus jener Zeit. Der aus Südtirol stammende und in Wien lebende Apotheker Mag. Pharm. Arnold Achmüller stellte seine Forschungskenntnisse zu den Volksarzneitraditionen vor und gab Einblicke in die „Bäuerliche Heiltradition in Südtirol des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Ragginer und des Lackmüllers aus Verdings“. In seinem lebhaften Referat durch die Sonderausstellung über das Schreibbuch des Müllner Peter und die darin enthaltene Materia medica erläuterte Dr. Günter Fleischmann historische Hintergründe, Wissen und Anwendung von Heilmitteln basierend auf Rezepten, die im zufällig entdeckten und neu kommentierten Schreibbuch des Müllner-Peter niedergelegt sind. Informationen zu Herstellungsverfahren, Anwendung und Heilwirkung verschiedenster Essenzen wurden hier den Besuchern auf sinnliche Weise vermittelt. Martina Glatt vom Müllner Peter Museum Sachrang und seit 25 Jahren als leidenschaftliche Kräuterexpertin tätig, referierte zum „Sachranger Rezeptbuch“: „Rezeptsammlung aus dem Besitz des Müllner Peter“ und zeigte hier Zusammenhänge bis ins Mittelalter auf. Die vielen teils über die Jahre in Vergessenheit geratenen Informationen zu Rezepturen und deren mannigfaltiger Form der Niederschriften boten allen Beteiligten Anlass, um bei der abschließenden Podiumsdiskussion, begleitet von wunderbarer Musik, in regen fachlichen Austausch zu kommen.

Das vielseitige Rahmenprogramm stieß ebenfalls auf große positive Resonanz und ließ keine Wünsche der beeindruckend gut organisierten Tagung offen. Durch das wunderbar gestaltete Museum führte Brigitte Peters (2. Vors.), die mit großer Begeisterung anhand der Exponate der Dauerausstellung über Leben und Werk des Müllner Peter referierte. Ergänzt wurde die Museumsführung mit einer Führung durch den davor gelegenen und mit Sorgfalt angelegten Heilkräutergarten (Martina Glatt). Verschiedenste Aspekte über Wirkung und Anwendungsbereiche von Heilpflanzen wurden vermittelt, wie z.B. Bedeutung und Heilwirkung von Salbei, Johanniskrautöl oder Holunder. Mancher Besucher berichtete hier aus eigener Erfahrung. In Anknüpfung an das gehaltene Referat zum Rezeptbuch des Müllner Peter, fand am darauffolgenden Tag eine erlebnisreiche Kräuterführung zur nahegelegenen Ölbergkapelle statt. Hier wurde das Wissen des Müllner-Peter nochmals lebhaft vermittelt. Graf Georg von Saurma gab einen Einblick in die historisch einzigartige Ölbergkapelle Sachrang. Hier konnten neben dem Inventar und der Architektur die seit letztem Jahr mühevoll in einer Münchner Reparaturwerkstätte restaurierten Holzfiguren der Fastenkrippe bewundert werden.

Wieder einmal ist es dem Verein gelungen, aus dem Wissensfundus des Müllner Peter ein Thema in einen größeren Kontext mit grenzüberschreitender Bedeutung zu stellen und damit das kulturelle Erbe zu beleben.  Ein gelungenes Ereignis, das neugierig macht auf mehr – und – wer weiß, welche Themen noch zukünftig aus dem umfangreichen, vielseitigen Wissensschatz des Müllner Peter gehoben werden? Die Vorstandschaft des Vereins wünscht sich für den Umgang mit dem überregional bedeutenden Erbe des Müllner Peter auch in Zukunft Veranstaltungen dieser Art ins Priental zu holen und freut sich stets über engagierte Neumitglieder, die ebenso viel Freude an diesem kulturellen Ehrenamt haben.

Alle Vorträge und Referate werden in absehbarer Zeit auf der Internetseite des Müllner-Peter Museumvereins als Audiodatei abrufbar sein. www.muellner-peter-museum.de/

Foto: CSH – Hintere Reihe, von li. nach re.: Brigitte Peter (2. Vors.) – Prof. Dr. Michael Stolberg (Institut für Geschichte der Medizin, Universität Würzburg) – Mag. Pharm. Arnold Achmüller (Südtirol) – Martina Glatt (Beisitz) – Vordere Reihe von li. nach re. – Dr. Günter Fleischmann (Apotheker Bad Aibling) Cäcilie v. Feilitzsch-Rauch (1. Vors.) – Dr. Ursula Hirter-Trüb (Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie) – Mag. Dr. Michael Span (Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums Innsbruck)

 

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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