Seit 1947 und fast bis zuletzt ins hohe Alter arbeitete und recherchierte der in München lebende Journalist Karl Stankiewitz. Nun feierte er im Liebighof im Stadtteil Lehel seinen 95. Geburtstag. Familie und Weggefährten trafen sich hierzu zu einem regen Austausch von Erinnerungen und auch zum Blick nach vorne. Mit dabei war auch der Kabarettist und Freund der Familie Christian Springer.
Karl Stankiewitz, Autor von 38 Sachbüchern, arbeitete lange bei der Abendzeitung, auch bei der Spiegel-Redaktion und noch lange im Un-Ruhestand. Zuletzt erzeugte er positives Aufsehen mit den Darstellungen zur Olympiade 1972 in seiner Heimatstadt München und während der Zeit der Pandemie mit seinem Corona-Tagebuch. Als 16-Jähriger machte er mit seinem Dienst in der Marine Erfahrungen mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Diese und vor allem die aktuellen Entwicklungen in Politik und auf der Welt machten ihn – wie er in seinen Willkommensgrüßen sagte- zu einem Mitmenschen voller Zukunftssorgen. Laudator Christian Springer sprang dem hochbetagten Jubilar zur Seite und pflichtete ihm bei, dass in der Gesellschaft das Gute und Gütige von hoher Wichtigkeit ist und nicht in die Minderheit geraten darf. Springer bescheinigte dem Jubilar, dass das Lesen und Schreiben immer noch immer ein starkes Lebenselexier trotz gesundheitlicher Einschränkungen ist und dass Karl Stankiewitz ein soziales Gewissen hat. Dies zeigte sich an diesem Jubeltag auch darin, dass der Jubilar auf Geschenke verzichtete und dass er die somit gespendete Summe zusammen mit seinem Sohn Thomas nochmals verdoppelte. Freudige Empfänger der Spenden in Gesamt-Höhe von 1.690 Euro kommen zu je einer Hälfte der Orienthilfe von Christian Springer und dem Verein „Journalisten helfen Journalisten“, bei dessen Gründung vor 30 Jahren Karl Stankiewitz mit dabei war, zugute. Christian Springer würdigte in seinen Gratulations- und Dankesworten das Motto „Spenden statt Schenken“ und sagte: „Unser einziges Ziel mit der Orienthilfe ist es, Menschen in Not zu helfen. Leider werden wir dabei oft von der Politik und Realität gestört, umso wichtiger ist es zu wissen mit Blick auf den lieben Karl und sein journalistisches Lebenswerk, dass ohne Journalismus keine Demokratie möglich ist“.
Fotos: Hötzelsperger – Eindrücke von der Feier zum 95. Geburtstag von Karl Stankiewitz – 1. Karl Stankiewitz mit seiner Schwägerin Alwine nach einem Buchgeschenk aus der Kampenwandregion – 2. Karl Stankiewitz zwischen zwei Lampen – 3. Karl Stankiewitz vor seiner Geburtstagsrede mit Schwägerin Alwine
Fotos: Thomas Stankiewitz – 1. Karl Stankiewitz mit Schwägerin Alwine und 95er – 2. Christian Springer bei seiner Laudatio für Karl Stankiewitz
Wortlaut der Glückwünsche von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter anlässlich des 95. Geburtstages von Karl Stankiewitz:
Oberbürgermeister Dieter Reiter gratuliert Karl Stankiewitz zum bevorstehenden 95. Geburtstag: „Erst vor ein paar Monaten haben Sie den Ernst-Hoferichter-Preis in Empfang genommen, der herausragende Persönlichkeiten für ihr weltoffenes und humorvolles Schaffen auszeichnet. Selten hat man das Publikum dort so bewegt gesehen wie bei Ihrer Dankesrede, als Sie sagten, dass viele, die Ihr hohes Alter bestaunen oder höflich Glückwünsche überbringen, Ihnen gleich ein Alter von 100 Jahren und mehr verheißen – dabei würden Sie sich eigentlich etwas ganz anderes wünschen, nämlich einfach weiter Lust zur Bewegung, nicht nachlassende Neugier und ein intaktes Denken, um die komplizierte neue Welt zu verstehen. Ich bin voller Bewunderung, dass Sie Ihre journalistische Arbeit erst kürzlich eingestellt haben. Nach 75 Jahren, 38 Büchern, tausenden von Artikeln und Reportagen. Von den über 60 bereisten Ländern ganz zu schweigen, meist Brennpunkte des Weltgeschehens, von Südafrika bis Grönland. Bei der Geburtsstunde der Abendzeitung 1948 haben Sie bereits für sie gearbeitet – da war die Bundesrepublik Deutschland noch nicht einmal gegründet! Auch wenn Sie auf solche Attribute nie etwas gegeben haben: Wen, wenn nicht Sie, dürfte man mit Fug und Recht als Reporterlegende, ja als Weltbürger bezeichnen? Fast Ihr ganzes Leben haben Sie im Lehel gewohnt. Ehrensache, dass da München auch in Ihrer beruflichen Zeitzeugenschaft einen ganz besonderen Platz einnimmt. Ob Gemütlichkeit, Granteln oder Gentrifizierung – kaum eine Facette unserer Stadt und ihrer Lebensart ist von Ihrem offenen Blick unbedacht geblieben. In lange nachschwingenden Sätzen haben Sie sie Ihrer Chronik eingeschrieben, und dass Sie selbst sich dabei immer ‚eher als Worthandwerker denn als Verseschmied‘ verstanden haben, spricht nur umso mehr für die augenzwinkernde literarische Qualität. Seit einiger Zeit sind sogar im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg persönliche Exponate von Ihnen ausgestellt. Und weil Sie unlängst an dem Ernst-Hoferichter-Abend auch Ihr Geheimrezept für ein langes, erfülltes Leben verraten haben – darunter Sauna, Bewegung und Reisepläne – wünsche ich Ihnen genau davon zu Ihrem Festtag und auch weiterhin reichlich, allem voran aber natürlich Gesundheit und Glück.“
Bilder: Thomas Stankiewitz / Hötzelsperger