Kultur

„Aufgspuit am Chiemsee“ mit Rekordbesucherzahl

Schätzungsweise 3000 Besucher sind bei bestem sommerlichen Wetter nach Chieming gekommen, um mit über einhundert Musikanten und Trachtlern in 22 Musikgruppen deren Liebe zur echten alpenländischen Volksmusik zu teilen. Insgesamt waren 152 Mitwirkende im Einsatz, die rund um den Schlossplatz unter dem Motto „Aufgspuit am Chiemsee“ einen volksmusikalischen Spaziergang beziehungsweise einen XXL-Marathon an fünf Stationen ermöglichten, der mit zwölfstündigen musikalischen Nonstop-Darbietungen echter überlieferter Volksmusik seinesgleichen sucht. Eine der Organisatorinnen, Bärbel Baumgartner, sprach von „fast schon einer kleinen Brass Wiesn, die hier stattfindet“, in Anspielung auf die Ausrichter der großen Brass Wiesn (Blasmusik Festival) in Eching unter den beiden Pächtern des Chiemseer Wirtshauses Helmut Würtz und Alex Wolff. Die beiden Wirte zeigten sich sehr großzügig und hielten alle Musiker mit Speis und Trank frei.

Neben Baumgartner sorgten als Organisatoren Hubert Steiner, Lisbeth Genghammer, Irmi Wallner und Thomas Schlicht für einen reibungslosen Verlauf der Großveranstaltung. Unterstützt wurden sie vom Trachtenverein, der in den Mittagsstunden für Bühnenprogramm im Biergarten des Chiemseer Wirtshauses sorgte, vom katholischen Frauenbund, der Kaffee und Kuchen verkaufte und vom Heimatverein, der personell und unterstützend hinter dem Konzept der Veranstaltung steht.

Den Auftakt im Chieminger Biergarten machte die mit 20 Musikanten mittlerweile etablierte Blasmusiktruppe „Nix is Fix Böhmisch“ unter Leitung von Pius Bauer, die mit jungen Musikanten aus dem Landkreis Traunstein und dem Rupertiwinkel zwischen 18 und 30 Jahren der Musik von Ernst Mosch folgen. „Bei uns spielen alle gerne Musik, und es sind die besten Musiker aus unserer Gegend, die bei uns mitspielen“, sagte Bauer.

Die Chieminger Kindergruppe des Trachtenvereins sorgte mit Tänzen wie dem Dätscher oder dem Kikeriki für Begeisterung beim Publikum, auch mit ihren Plattlern, dem Heisei und dem Birkei, erfreuten sie die Zuschauer. Genauso gut kamen die aktiven Trachtler mit ihren Tanzformationen wie dem Mühlradl, dem Chiemseer, dem Sterntanz oder dem Hoizhacker an. Insgesamt standen 15 Kinderpaare und 25 Aktive auf der Bühne.

Die „Daxnschnoater Tanzlmusi“, die bereits seit 39 Jahren zusammenspielt, hielt am Nachmittag drei Stunden lang die Stellung auf der Hauptbühne im Biergarten. Das Alleinstellungsmerkmal liegt für den Leiter der Gruppe, Herbert Abeska, in der Tiroler Besetzung mit zwei Flügelhörnern und dem Diatonischen Hackbrett, das von Irmi Eckart gespielt wird.

Es folgte die „junge Oarkarrer Musi“ aus Ampfing, deren Name aus dem Brauch des Eierübergebens von jungen Frauen an gefällige junge Männer am Ostersonntag hergeleitet ist. „Rote Eier bringen viel Sympathie der Weiblichkeit dem Beschenkten gegenüber zum Ausdruck, wer ein blaues Ei bekommt, hat verloren“, erklärte Harfinistin Annemarie Kainzmaier, die zum Sextett der jungen Tanzlmusi gehört, das seit elf Jahren zusammenspielt und deren 18- bis 28-jährigen Mitglieder alle miteinander verwandt sind. Zwei Bassflügelhörner, und je eine Trompete, Tuba und Ziach gehören zu den Instrumenten der Gruppe, mit denen sie vom gmiatlichen Boarischen über Pollkas bis zum zünftigen Marsch ihre musikalische Vielfalt zum Ausdruck brachte.

Den Schluss-Akkord am Abend setzte die „Trumpf oder Kritisch Musi“, die seit sieben Jahren gemeinsam musiziert und für flotte boarische Musi steht, „wie man sie bei Hochzeiten, Hoagart, Frühschoppen oder auch mal an der Bar brauchen kann“, sagte Korbinian Schneider aus Anger über das Sextett, das sich aus Musikern zwischen Ruhpolding und Anger zusammensetzt. Entsprechend stimmungsvoll und mitreißend war ihr musikalischer Beitrag am Ende eines langen Volksmusiktages.

Am Schlossplatz eröffneten den Reigen die fünf „Tiefenthaler Musikanten“, die im Gemeindegebiet von Teisendorf alle um ein Waldstück namens „Tiefenthal“ herum wohnen. Die drei ältesten Gruppenmitglieder spielen seit 2001 zusammen, 2010 kam mit Vroni Sammer eine Frau als Ziachspielerin zu den vier Männern dazu. Seitdem spielt sie mit Sepp (Tenorhorn) und Christian Dumberger (Bariton) sowie mit Hans Zenz (Tuba) und Matthias Reiter (Ziach) bei Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, Musikantentreffen und Vereinsveranstaltungen. Unter dem Segeldach wechselten sich die „Tiefenthaler“ mit den beiden Volksmusikpflegern Markus Gromes und Antonia Kreppert ab, die mit frischen und lustigen Liedern wie dem „Schuidirndl Jodler“, dem „Rehragout“ oder „Hans bleib da“ den vollbesetzten Platz mit ihrer Ziach zum Mitsingen animierten. Es folgte am späteren Nachmittag die Thalberg Musi, die 1999 als Tanzlmusi im Berchtesgadener Land gegründet wurde und sich gerne bei Sänger- und Musikantentreffen beteiligt. Ältestes Mitglied ist Sebastian Höglauer senior, Vater von Sebastian junior, der bei Metallblasinstrumentenbauer Franz Weber in Chieming seine Lehre machte und als Profi-Flügelhornist unter anderem bei den Original Egerländer Musikanten Teil des Ensembles ist. Andreas Potschacher trat in der sechsköpfigen musikbegeisterten Tanzlmusi als Harfenspieler in Erscheinung.

An der Schlossmauer machte den Auftakt die Nachtliachtl Musik aus den Landkreisen Mühldorf und Altötting. Auch das Quartett mit Monika Gösswald, Arno Meyer, Karl Bönisch und Brigitte Müller brachte authentisch ihre Freude am Singen und Musizieren volksmusikalischer boarischer Musik zum Ausdruck. Ebenfalls an der Schlossmauer – direkt am Chiemseeufer und dem Frauenbach gelegen – musizierten zwei lokale Musik-Gruppen. Zum einen das Burschen-Quartett „Muasa Musi“ mit den Brüdern Toni und Wasti Wallner aus Chieming sowie Sebastian Leidl und Hannes Eckart, zum anderen die SeeOderBerg Musi, die sich aus Mitgliedern der Familien Wallner und Baumgartner zusammensetzt. Auch hier spielte Wasti Wallner die Ziach, seine Mutter Harfe, die Eheleute Bärbel und Hannes Baumgartner Klarinette und deren Söhne Lukas Bassklarinette sowie Markus das Flügelhorn. Die Freude am Musizieren übertrug sich auf die Zuschauer, die von der Musik und der Idylle des Ortes angezogen wurden.

Am Pfarranger neben dem Frauenbach zeigten die Jungmusikanten der Musikschulen Inzell, Traunstein, Grassau und Traunwalchen ihr Können. Die Inzeller Musikschule vertrat Hannes Bereiter aus Vachendorf mit der Ziach. In Begleitung von Musikschulleiter Otto Dufter sind vier Blechbläser der Gruppe „Easy brass“ aus Grassau nach Chieming gekommen: Naomi Prasser, Maximilian Ludwig, Maximilian Schneider und Lukas Kreitmair, die beim Volksmusikwettbewerb den Grassauer Haberspitz-Preis gewonnen hatten. Die Musikschule Traunstein vertraten Michael Sedlatschek und Benedikt Wieser sowie Sebastian Maier und Max Reßtler mit Polkas, Märschen und Oberkrainer-Musi. Aus Traunwalchen begeisterten Lena, Johanna und Lisa Wimmer sowie Johanna und Antonia Waltl die Zuschauer mit boarischer Musi. Auch bei der „kloanen Leobendorfer Tanzlmusi“ mit den Geschwistern Simon, Lucia und Benedikt Öllinger sowie Stefan Frech und Michael Haunerdinger sprang die Freude am Musizieren auf die Zuhörer über. Obwohl noch im jugendlichen Alter zwischen 16 und 23 Jahren, spielen die Ältesten schon seit 15 Jahren miteinander bei festlichen Anlässen wie Hochzeiten, Geburtstagen oder Frühschoppen.

Am beschaulichen Bienen-Lehrpfad zwischen Naturblumen, einem großen Insektenhotel und vor der Kulisse einer Haflinger-Koppel machten die Familienmusi Stief, die Ribisl Musi mit Rudi und Marianne Tusch sowie Rudi Rudholzner, und das Zweiländer Trio ihre musikalische Aufwartung. Besonders die Zweiländer Trio mit Markus Gromes an der Ziach , Simon (Harfe) und Christine Rottmayer (Geige) sowie Regina Kolb (Kontrabass) zogen die musikalischen Spaziergänger mit ihren frischen Klängen in den Bann der bodenständigen alpenländischen Volksmusik.

Optische und musikalische Schmankerl waren die drei Chieminger Alphornbläser, mit Irmi Wallner, Albert Asenkerschbaumer und Hermann Probst, die den Alphornchoral, den Kärnsermichel, den Keamsee schee blau und den Olperer spielten. Sie wechselten immer wieder ihre Standorte und zogen mit ihren langen Instrumenten die Blicke der Zuschauer auf sich. Den krönenden Abschluss am See neben dem Dampfersteg bildeten drei Boote mit Weisenbläsern: In einem Boot saßen die Daxnschnoater Bläser, im zweiten die Thoma-Fischer Weisenbläser mit Toni, Wasti und Irmi Wallner und im dritten Boot gaben Pius Bauer und Markus Baumgartner in abwechselnder Folge der sonntäglichen Abendstunde vor mehreren hundert Zuschauern einen festlichen Rahmen. Es lag eine besinnlich meditative Stimmung in der Luft, mit Blick über den blau-grauen See, die Chiemgauer Bergkulisse und vereinzelt Standup-Paddlern im Hintergrund sowie dem an- und ablandenden Chiemseedampfer Josef im Blick. Mit großem Applaus wurden die Weisenbläser von den beeindruckten Zuschauern am Ufer honoriert.

Bericht und Bilder: Bärbel Baumgartner / Aufgspuit am Chiemsee


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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