Ein runder Geburtstag ohne große Sause, dafür aber mit stolzer Bilanz: Der Bayerische Heilbäder-Verband (BHV) wird 70 Jahre alt. Am 1. März 1948 wurde der größte Landesverband des deutschen Kur- und Bäderwesens gegründet. Das Ziel: Die Bäderwirtschaft und –wissenschaft fördern, die Anliegen der Mitglieder gegenüber Behörden und Politik vertreten. Zwei Jahre dauerte es, bis 1950 das erste Faltblättchen mit dem Titel „Kurmittel und Heilanzeigen“ mit einer Auflage von gerade einmal 50.000 Stück erschien. Die Zielgruppe waren Ärzte im In- und Ausland, eine Zielgruppe „Patienten“ oder „Kurgäste“ war im schmalen Marketingbudget nicht in Sicht.
Der BHV anno 2018: Aus dem Verein mit Faltblättchen ist ein starker Wirtschaftsfaktor, ein anerkannter Partner der Gesundheitsinstitutionen, Krankenkassen und der Politik geworden. Mit einer Bruttowertschöpfung von 4,5 Milliarden Euro jährlich steht er für 100.000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum. „Wir leisten einen erheblichen Anteil an der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auf dem flachen Land, wir sind der Innovationsmotor für den Gesundheitstourismus in Bayern“, sagt der Verbandsvorsitzende Klaus Holetschek, MdL. Jede vierte Übernachtung findet in einem Heilbad oder Kurort statt, unter den Top-12-Destinationen in Bayern sind acht Kurorte und Heilbäder. 2017 verzeichneten alle bayerischen Kurorte und Heilbäder 23,6 Millionen Übernachtungen und 5,46 Millionen Ankünfte. Zum Vergleich: 1957 waren es gerade einmal 8,5 Millionen Übernachtungen.
Dabei mussten die Heilbäder und Kurorte durch die Reformen in der Gesundheitspolitik einen dramatischen Rückgang der ambulanten Badekuren verkraften. Insbesondere die Gesundheitsreform 1989 war ein Schlag für die Heilbäder und Kurorte. Die Zahl der ambulanten Kuren halbierte sich innerhalb eines Jahres fast von 820.000 auf 435.000. Der Rückgang setzte sich fort – die ambulanten Kuren sind nahezu in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Nach Angaben der zuständigen Kurärztlichen Verwaltungsstelle Westfalen-Lippe wurden 2016 bundesweit nur mehr knapp 41.000 ambulante Vorsorgeleistungen abgerechnet.
Diesen Wandel im Gesundheitswesen haben die Heilbäder und Kurorte erfolgreich bewältigt – auch und gerade wegen ihrer starken Verbandsarbeit. „Wir sind mehr als eine Lobby für Heilbäder und Kurorte“, so Klaus Holetschek. „Mit einer professionellen Vermarktung, einer intensiven Zusammenarbeit und Förderung durch die Bayerische Staatsregierung und mit den von uns angestoßenen Forschungsprojekten haben wir uns zu modernen Gesundheitskompetenz-Zentren entwickelt.“ Seit Jahren schärft der Verband das Profil der Heilbäder und Kurorte, vor allem mit der Entwicklung der Marke „Gesundes Bayern“. Die Mitgliedsorte punkten mit ortsgebundenen, einzigartigen Heilmitteln und entwickeln mit Hilfe eines professionellen Coachings einzigartige Gesundheitsprogramme. So etwa „Mit Moor zum Inneren Gleichgewicht“ in Bad Aibling, oder mit der AGES-Studie in Bad Birnbach mit einem Präventionsprogramm gegen Burnout.
Mit einem weiteren Projekt beschreitet der BHV Neuland in einem gesellschaftspolitisch brisanten Bereich: Für Pflegekräfte soll es in Bayern künftig maßgeschneiderte Präventionsangebote geben. Gemeinsam mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und der Ludwig-Maximilians-Universität München ist das Forschungsprojekt „PFLEGEprevent“ entstanden. Anfang 2018 starteten die ersten Pflegekräfte mit ihren Gesundheitsaufenthalten in Bad Reichenhall.
Erfolgreich wurden die Heilbäder und Kurorte aber auch dank ihres Mutes zu Investitionen. Sie untermauern die Wirtschaftskraft der Mitglieder. Von 2014 bis 2016 waren es über 200 Millionen Euro. Investiert wurde unter anderem in die Sanierung oder Erweiterung von Bädern oder Kneippanlagen, den Neubau oder die Sanierung von Kurmittelhäusern oder in die Anlage von Rad- und Wanderwegen. „Nur mit solchen Investitionen und mit Innovationen kann man im Tourismus punkten“, meint Holetschek. „Deshalb legen die Heilbäder und Kurorte auch einen Augenmerk auf die Digitalisierung und den Breitbandausbau. Vor der Zukunft ist uns nicht bange – wir werden weiter hart an unseren Erfolg arbeiten.“ Und noch eines kann Holetschek versprechen. Der BHV wird sich auch künftig kräftig in die Politik einmischen. „Von einer echten Prävention sind wir noch weit entfernt, der Mangel an Pflegekräften brennt nicht nur uns unter den Nägeln, die längere Lebensarbeitszeit der Menschen und die steigende Zahl von Volkskrankheiten wie Rückenleiden oder psychische Erkrankungen sind riesige Herausforderungen. Langweilig wird es uns die nächsten 70 Jahre nicht!“
Foto: Der Vorsitzende des Bayerischen Heilbäder-Verbandes Klaus Holetschek, MdL.