Kunsttherapie – „Habe mich gesund gemalt“
Christiane von Canal, Kunsttherapeutin und Psychoonkologin, hat ein Leuchten in den Augen und sie sprüht förmlich vor Energie, wenn sie über ihre Arbeit spricht. So geschehen bei der Vernissage im RoMed Klinikum Rosenheim. Anlässlich ihrer Verabschiedung in den wohlverdienten Ruhestand erzählte sie voller Elan die Entstehungsgeschichte einzelner Bilder und erklärte ganz nebenbei was es mit der Kunsttherapie eigentlich auf sich hat.
Was der sogenannte „Eyecatcher“ in der Kunst ist, kann beim therapeutischen Malen vielmehr einen Störfaktor ausdrücken. So kann eine Krankheit durch das Malen praktisch sichtbar werden. Ein bekanntes Phänomen! Denn auch große Künstler wie Salvador Dali brachten mit ihren Kunstwerken ihre Krankheit zum Ausdruck, bzw. nutzen das Medium Kunst und drückten dabei ganz nebenbei ihre „Krankheit“ aus. Das ist ein wichtiger Prozess für den Patienten! Zur Genesung ist die medizinische Behandlung existentiell und es mag besser gelingen, wenn auch die Seele umsorgt wird, denn Krankheiten haben immer eine seelische Seite. Manchmal will ein Patient nicht reden und genau hier wirkt die Kunsttherapie unterstützend und kann zum seelischen „Balancefinder“ werden. „Meine Aufgabe besteht darin, den Menschen abzuholen, um erst mal ,runterzukommen‘ und dann an das Malen heranzuführen.“ Aus dem Bauch heraus malen ist freie Selbsterfahrung. Manchmal macht man auch eine Übung wie experimentelles Malen. Aber ganz oft schaut man erst mal, frägt sich: „Welche Farbe hat heute mein Tag?“ Und dann fängt man einfach so „zu pinseln“ an. „Das fördert das Entspannen ungemein“, weiß die Therapeutin aus ihrer über 20-jährigen klinischen Tätigkeit. Und Entspannen ist ein wichtiger Helfer bei Heilung oder Gesundung.
Entscheidend in der Kunsttherapie ist, ein Bild in Balance zu bringen. Christiane von Canal achtet hier während des Entstehungsprozesses sehr genau darauf und leitet die Patienten beim Malen an. Jedes Bild hat, sowie jeder Mensch sein eigenes Gleichgewicht. Deswegen ist Balance immer individuell. Das können Hinweise wie der Einsatz von Komplementär-Farbe sein, wenn es um „Abgrenzung“ geht, aber auch ein Mix von verschiedenen Materialien wie Aquarellfarben, Kreide oder Acryl. Die verschiedenen Techniken wie das Übermalen oder Schichten eröffnen weitere Möglichkeiten. Ein Bild in Balance zu bringen, dieses Gleichgewicht zu finden dauert durchaus mal länger und es braucht mehrere Sequenzen. Übrigens: Auch ein Perspektivenwechsel kann helfen. So mag ein Bild plötzlich „einfach richtig“ wirken, wenn man es dreht oder gar auf den Kopf stellt. Entscheidend ist, dass das Bild „stimmig“ wirkt“, erklärt die Therapeutin, ganz in ihrem Element. Etliche frühere Patientinnen und Patienten, die auch heute noch mit der Kunsttherapeutin verbunden sind und ganz begeistert in ihrem freien Atelier „Canaletta“ regelmäßig malen, besuchten die Vernissage. Reih um waren nur positive und dankbare Stimmen zu hören, vor allem wie gut es tat, dass die Kunsttherapie schon während des klinischen Aufenthaltes angeboten wurde. „Oh Gott, wie war ich krank“, berichtet eine ehemalige Patientin heute, wenn sie sich jetzt ihre ersten Bilder ansieht, die sie während ihrer Erkrankung gemalt hat. Eine der Besucherinnen sagte ganz überzeugt: „Ich habe mich gesund gemalt!“
Chefarzt Dr. Hanns Lohner sprach auch im Namen der Klinikleitung einen herzlichen Dank an Christiane von Canal für ihr außerordentliches Engagement aus und wünschte alles erdenklich Gute für den Ruhestand und betonte: „Diese Bilder sind ein Ausdruck von Lebendigkeit und es ist eine wirklich tolle Sache, die Sie hier aufgebaut haben und ich hoffe wirklich sehr, dass diese Arbeit und die Bilder hier noch lange Nachwirken mögen.“ Und was hat die agile Therapeutin jetzt vor? Sie führt weiterhin ihr Atelier, hat ein kleines Buchprojekt über kreatives Stressmanagement mit Kunst, Malen und Yoga in Angriff genommen und wenn dann noch Zeit bleibt möchte sie Kurse zur Krankheitsbewältigung und Gesundheitsförderung anbieten. Ab Herbst sind Projekte für Kinder krebskranker Eltern wieder einmal im Quartal angedacht. Ihr Motto nach 22-jähriger klinischer Arbeit ist frei nach Joachim Ringelnatz: Ein Rauch verweht, ein Wasser verrinnt, eine Zeit vergeht, eine neue beginnt.
Nachdem es immer wieder positive Rückmeldungen gibt, wie schön es ist echte Bilder anzuschauen und keine Kunstdrucke, kann die Ausstellung „Farbe ist Kraft – Farbe ist Leben“ auch von der Bevölkerung während der Besuchszeiten des RoMed Klinikums Rosenheim, täglich von 14 bis 19 Uhr, in den Verbindungsgängen zum Bettenhaus 6 im 1. und 2. Obergeschoss besichtigt werden. Die Ausstellung gewährt einen Einblick in die unterschiedlichsten Form- und Farbwelten. Die ganz unterschiedlichen Bilder zeigen deutlich, wie intuitives, freies Malen und Gestalten die eigenen Gedanken, Gefühle, Vorstellungen und Träume zum Ausdruck bringen können.
Fotos & Text: RoMed Klinikum Rosenheim