Leitartikel

Österliche Bräuche im Chiemgau

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Österliche Bräuche – Gespräch mit der Chiemgauer Brauchtumswartin Anja Voit aus Oberwössen    –     Der Jahreslauf im allgemeinen, Bayern sowieso und der Chiemgau im Besonderen erfreuen sich reger Bräuche. So auch zur Kar- und Osterzeit wie ein Gespräch mit Anja Voit vom Trachtenverein „D´Rechlberger“ Oberwössen zeigt. Die Brauchtumswartin des Chiemgau-Alpenverbandes für Tracht und Sitte pflegt die überlieferten Gewohnheiten selbst gerne mit ihrer Familie, in ihrem Verein, im Ort sowie im Gleichklang mit der Kirche.

Gleich zu Beginn kommt Anja Voit auf das Osterei – das mit dem Hasen als Hauptsymbol des weltlichen und geschäftlichen Ostern gilt –  zu sprechen. „Den an Gründonnerstag gelegten Eiern wurde eine besondere Kraft zugesagt. Eingegraben im Acker sollte es eine gute Ernte bringen, auf den First gelegt sollte es den Blitz abhalten oder einmal über das Haus geworfen sollte es ebenfalls Schaden an Haus und Hof abhalten. Diese Eiern, die auch `Antlass-Eier` genannt wurden, hatten oder haben nach alter Überlieferung eine besondere Heilwirkung“. Ein weiterer österlicher, leider oft vergessener Brauch ist die Osterkrippe, ihre Bedeutung ist durchaus der der Weihnachtskrippe gleichzustellen. „Auch hier bewegen sich die Figuren wie zum Beispiel Maria Magdalena, Judas, Johannes, die römischen Soldaten, das Volk oder Pontius Pilatus. Die verschiedenen Darstellungen zeigen am Palmsonntag den Einzug Jesu in Jerusalem, am Gründonnerstag die Szenen vom Jesus-Gebet im Garten Gethsemane sowie den Verrat durch Judas, am Karfreitag die Kreuzigung, am Karsamstag das verschlossene Grab und am Ostersonntag die Frauen vor dem offenem Grab. Weitere Darstellungen sind noch möglich mit der Szene als der Auferstandene Jesus zu den Emmaus Jüngern spricht, das letzte Abendmahl, die Geißelung, die Gefangennahme am Ölberg oder die Verurteilung Jesu“. Weitaus bekannter und auch wohl weltlicher als die Osterkrippen ist das an den Feiertagen Ostersonntag und Ostermontag beliebte Eier-Scheiben mit zwei zusammengestellten Rechen. Beim „Oarscheibn“ freuen sich besonders Kinder, wenn ihr abgerolltes Ei andere Eier vor den Rechen trifft. Wenn dabei die auf den Eiern liegenden Münzen aufgrund des Kontaktes zu Boden fallen, dann bekommt der Besitzer des abgerollten Eis das Geld. Dieser Brauch hat in Familien, Nachbarschaften und Vereinen verstärkt Einzug gehalten.

Osterfeuer: in Reit im Winkl mit Baumschwammerln heimgetragen

Eng mit der Kirche und mit dem Glauben verbunden ist das Weitertragen des Osterfeuers vom Ostersonntagmorgen, dazu weiß die Oberwössenerin: „Mancherorts, zum Beispiel in unserer Nachbargemeinde Reit im Winkl werden Baumschwammerl an Drähten befestigt, am kirchlichen Osterfeuer entzündet  und durchs Schwingen zum Glühen gebracht. So wird das Feuer von Haus zu Haus gebracht, dabei gibt es eine kleine finanzielle Belohnung. Dies galt auch eine Woche vorher am Palmsonntag als schlichte oder mit farbigen Bändern zusammengehaltenen Palmbuschen nach der kirchlichen Weihe von den jungen Trägern in der Verwandtschaft und Nachbarschaft gegen freiwillige und in der Regel gerne gegebenen Spenden den Besitzer wechseln.  Bei diesem schmücken die Palmzweige vor allem die hauseigenen Herrgottswinkel.

Ein guter oder nicht mehr hörbarer kirchlicher Brauch ist es in der Kirche, dass ab dem Gloria in der Messe am Gründonnerstag bis zur Ostermette am Karsamstag die Kirchenglocken verstummen. Deshalb kommen während dieser Zeit die „Ratschen“ zum Einsatz. „Das Essen von etwas Grünem am Gründonnerstag kommt nach mittelhochdeutscher Sprachfassung von Greinen oder Weinen und bezieht sich auf das letzte Abendmahl Jesu als dieser von Judas verraten wurde und die Jünger weinten“ – so Anja Voit, die auch selbst noch daran festhält, dass am Karfreitag gefastet und zudem fleischlos gegessen wird, denn der Karfreitag ist wie der Aschermittwoch ein höchster Feiertag. An diesem „stillen“ Feiertag gibt es keine Märkte, keine Veranstaltungen, keinen Tanz – und damit gute Voraussetzungen zur Ruhe zu kommen.

 (Archiv)-Fotos: Hötzelsperger –  1. Symbole für Ostern (Der Auferstandene in der Kirche Christkönig Wildenwart, blühender Kirschzweig, Karfreitagsratschn Wildenwart)  2. Brauch des Ostereischiebens  – 3. Anja Voit, Brauchtumswartin des Chiemgau-Alpenverbandes für Tracht und Sitte

 

 


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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