„Jetzt bin ich eigentlich der, den sie am Anfang gesucht hätten“, sagt der Rohrdorfer Schorsch Loferer Mit „sie “ ist die Regierung von Oberbayern gemeint. Dort suchte man im Jahr 2015 einen Pomologen für ein Projekt, bei dem man herausfinden wollte, welche seltenen, vielleicht sogar noch unbekannten Apfel- und Birnensorten es in den Alpenrandlandkreisen, von Weilheim bis Berchtesgaden wohl gäbe. Ein Projekt das mittlerweile den schönen Namen „Apfel-Birne-Berge“ trägt und das aktuell in den Aufbau eines „Obstsortenerhaltungsgartens“ in Höhenmoos bei Rohrdorf mündet.
Pomologen sind Obstkundler, doch die wissenschaftliche Bezeichnung trügt etwas. Man kann das Fach bislang nirgendwo studieren, die Koryphäen auf dem Gebiet sind alles Autodidakten, die ihre Kenntnisse durch meist jahrzehntelange praktische Erfahrung erworben haben. Insofern war Schorsch Loferer bei Projektbeginn so etwas wie ein weißer Rabe, denn er war damals gerade mal 26 Jahre jung, eben fertig mit seinem Studium der Forst- und Holzwissenschaften. Allerdings hatte er sich mit seinen Obstkenntnissen schon damals zumindest in der näheren Umgebung einen Namen gemacht und hatte darüber hinaus einen weiteren unschätzbaren Vorteil: Er stammte anders als alle anderen, die man mit diesem Projekt hätte beauftragen können, direkt aus der Region.
Auch das Projekt selbst aber war in gewissem Sinn Neuland, unbekanntes Terrain, denn man wusste vorher nicht, wie groß die Ausbeute an seltenen oder unbekannten Apfel- beziehungsweise Birnbäumen sein würde. Die Feststellung, dass deren Zahl alle Erwartungen überstieg, war dann bereits die erste Überraschung. „Schließlich sind die Alpenrandlandkreise“, so sagt Schorsch Loferer, „nicht gerade für den Obstanbau prädestiniert. Das Klima, verglichen zum Beispiel mit der Bodenseeregion, relativ kühl, dazu viel Regen.“ Gerade diese nur mäßig günstigen Bedingungen haben aber dann die Vielfalt hervorgerufen: Die Bauern in der Zeit vor 150 oder 200 Jahren mussten experimentieren, sie brauchten das Obst ja für ihre Ernährung. Und so suchten sie nach Sorten, die mit den äußeren Bedingungen nicht nur zu Rand kamen, sondern auch noch reichlich Früchte tragen. Weil aber die Standortbedingungen fast von Dorf zu Dorf wechseln, wechselten auch die dortigen Apfel- und Birnbäume.
Diese Vielfalt stellte Schorsch Loferer durchaus vor eine große Herausforderung. „Die „Großen“ der Zunft zeichnen sich dadurch aus, dass sie quasi eine riesige Datenbank im Kopf haben, aufgebaut über Jahrzehnte. Bekommen sie einen „unbekannten“ Apfel vorgelegt, erschließt sich Ihnen aus Geschmack, dem äußeren Aussehen und inneren Aufbau vielleicht noch nicht gleich die definitive Sorte, aber doch die Richtung, in der man weitersuchen sollte. Auch Schorsch Loferer hat mittlerweile eine solche Datenbank im Kopf, gespeist auch aus regem Austausch während des Projektes mit den Koryphäen der Zunft, in jüngster Zeit auch zusätzlich noch unterstützt durch Gendatenbanken.
Von daher sein Satz, jetzt sei er der, den man damals gesucht hätte: In Sachen Äpfel und Birnen der Alpenlandkreise macht ihm heute so schnell niemand mehr etwas vor – soweit man sie denn bislang schon identifizieren konnte. Denn unter den 260 seltenen Apfel und Birnensorten, die Schorsch Loferer fand, sind viele, die trotz gebündelten Expertenwissens und den Infos der Gendatenbanken noch nicht bestimmt werden konnten. Sie, aber nicht nur sie, sollen in dem neuen „Obstsortenerhaltungsgarten“ bei Höhenmoos, dieser Arche Noah für Apfel und Birnen, fortdauern können. Ziel ist es daneben durchaus, die Breite der heute angebotenen Äpfel- und Birnensorten wieder zu erweitern. „Mancher Baum wurde über die Jahrzehnte hinweg einfach vergessen“, sagt Schorsch Loferer, existiert nur in wenigen Exemplaren, obwohl er vom Ertrag und dem Geschmack seiner Früchte her durchaus das Zeug zu einer zweiten Karriere hätte“ Wenn denn also in Zukunft nicht nur die Standardsorten zu kaufen sein werden, sondern auch „neue alte Sorten“ wie etwa der Paradiesapfel – dann ist das ein Verdienst des Projektes, vor allem aber auch von Schorsch Loferer.
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de