Die Szene für alte Musik scheint, von außen betrachtet, in zwei Lager gespalten: Das eine ist den Puristen zuzuordnen, sie wollen, dass Musiker ausschließlich auf Originalinstrumenten spielen, lehnen musikalisch gesehen jegliche romantische “Verweichlichung” im Ausdruck ab und postulieren eine Kleiderordnung, die sie aus dem 17. Jahrhundert entlehnt haben.
Dann gibt es Musiker und Ensembles wie Annalisa Pappano und ihr „Catacoustic Consort“, die eine historische Aufführungspraxis pflegen, jedoch im 21. Jahrhundert angekommen sind, also das Alte mit dem Neuen zu kombinieren wissen.
Im Namen steckt Bekenntnis zur Offenheit
Annalisa Pappano, die künstlerische Leiterin, hat das Catacoustic Consort bereits 2001 gegründet, im fernen Cincinnati, Ohio, dort lehrte sie Gambe und Aufführungspraxis an der University of Cincinnati und setzte sich besonders für die Förderung junger Talente ein.
“Manche Ensembles tragen etwas Französisches im Namen oder nehmen Bezug auf einen deutschen oder italienischen Komponisten, weil es extravagant oder elitär klingt. Gleichzeitig ist damit aber eine geographische Einschränkung vollzogen – wir wollen alte Musik aus Frankreich, England, Italien u.a. und jetzt, wo ich in Deutschland bin, vor allem aus Deutschland spielen.”
Kulturschocks und freundliche Begegnungen
Seit 2019 weilt sie nun mit Mann und kleiner Tochter im oberbayerischen Kiefersfelden, und hat bereits eine rege Konzerttätigkeit im süddeutschen und österreichischen Raum aufgenommen. Ihr Ehemann Marcus Küchle, agiert als kongenialer Partner im Hintergrund, seine Expertise und sein Know-How durch die Tätigkeiten in der Intendanz u.a. bei der Cincinnati Opera und den Tiroler Festspielen fließen als wertvolle Unterstützung mit ein.
„Ich habe sie hierher gebracht, nun ist es Zeit für meine Wiedergutmachung”, zwinkert er.
Sprachliche Hürden sind noch vorhanden, Annalisa Pappano kokettiert ein wenig damit: „Frei Reden fällt mir schwer, das wird jetzt bei den Konzerten interessant sein”. Das europäische Publikum wirkt auf sie etwas distanzierter. Ihre amerikanischen Wurzeln kann und will sie aber nicht verleugnen: „Bisher habe ich alles verwirklicht, was ich mir erträumt habe. Ich visualisiere etwas, mache einen Plan und setze ihn um, das ist “the American way”. Sterling Jones (weltweit anerkannter Experte und Pionier auf der Lira da Braccio, d.Red.) hat sie dazu gebracht, ihr sein Instrument, eine Lira da Braccio zu leihen. Wir kannten uns vorher nicht persönlich, uns verbinden jedoch Gemeinsamkeiten: Ich komme aus dem “Midwest” und habe an der Indiana University mit Thomas Brinkley studiert, der mit Sterling Jones in München im Studio der frühen Musik gespielt hat. Er zeigte sich schon überrascht, als ich ihn fragte, ob ich sein Instrument spielen darf, hat aber spontan “ja” gesagt, “komm vorbei.”
Catacoustic Consort im Barockmuseum Oberaudorf
Das Trio, bestehend aus Annalisa Pappano, Viola da Gamba, Michael Anderl, Orgel sowie Simon Steinkühler, Barock Violine und Viola d´Amore führt an diesem Abend an einen besonderen Ort mit kulturellem Kontext, so ist man im Barockmuseum von opulenten Werken, vor allem der Portrait- und Landschaftsmalerei aufwändig restaurierter alter Meister umgeben. Während des Konzerts wacht ein Portrait von Agostino Carracci (bedeutendster Maler der Bolognesischen Schule, 1557-1602) über Annalisa Pappano und ihr Viola da Gamba-Spiel und ich versuche, mir vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn dieser spanische Edelmann mit etwas fordernden Blick jetzt zu Leben erwachen und aus dem Bild treten würde. „Die Musik klingt so vertraut”, könnte er zu uns sagen, „aber was tragt ihr für komische Gewänder?” Weitere Informationen über das Catacoustic Consort, aktuelle Konzerttermine und Veröffentlichungen siehe: https://www.catacoustic.com
Text: cl – Bilder: cl
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de