„Neugierde für das, was der Herr uns in dieser Zeit sagen will“ – Kardinal Reinhard Marx hat an sein Schreiben an Papst Franziskus vor einem Jahr erinnert und seine Vorstellung einer synodalen Kirche erläutert. Für viele sei es verstörend und irritierend gewesen, dass er vor einem Jahr „von einem gewissen ‚Toten Punkt‘“ gesprochen habe. Dieser aber könne „zu einem Wendepunkt werden“. Immer in der Geschichte der Kirche gebe es solche Punkte, „wo viele spüren: So geht es nicht weiter. Es müssen auch neue Impulse gesetzt werden, es muss ein neuer Weg gefunden werden. Nicht das Alte abschneiden und wegwerfen. Mitnehmen, aber doch Offenheit und Neugierde für das, was der Herr uns in dieser Zeit sagt. Auch durch die Krisen hindurch“, sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Predigt zum Bennofest am Sonntag, 19. Juni, im Münchner Liebfrauendom. Die 2000 Jahre Geschichte der Kirche seien „immer auch eine Geschichte der Sünde, der Vergebung, des vielfältigen Versagens gerade derer, die Verantwortung haben, die die Kirche leiten.“
Der Weg der Kirche sei nicht an einem Tag einfach zu verändern. „Ein synodaler Weg, von dem der Heilige Vater ja auch spricht, ist ein längerer Weg. Aber ein Weg, an dem wir auch spüren: Wir gehen neu“, so Marx. Der Kardinal erinnerte an die Abschiedsszene im Johannesevangelium: Jesus spreche mit den Jüngern: „Euer Herz sei ohne Angst! Euer Herz lasse sich nicht verwirren! Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“ Traditionell habe man das auf den Himmel bezogen. Das Haus des Vaters sei aber nicht nur das Leben nach dem Tod, es sei vielmehr auch „die Kirche, ja mehr noch, das ist eigentlich die ganze Welt!“ Marx erläuterte: „Alle sollen einen Raum finden, ein Haus finden, eine Wohnung finden, eine Heimat finden, das ist doch die Vision Jesu, die er dort vor seinem Tod mitteilt. Euer Herz lasse sich nicht verwirren!“ Eine Kirche die stehenbleibe, die nicht unterwegs sei und auch Dinge hinter sich lasse, nach vorne gehe mit der Erfahrung des alten Weges, sei nicht das, was Jesus meine.
„Das Programm der synodalen Kirche“ sei im Jesuswort „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ zusammengefasst, so Marx. „Wir gehen auf die größere Wahrheit zu, die Christus ist“ und würden erkennen, dass das Leben der ganzen Welt mit ihm verbunden sei. Der Heilige Benno sei ein Bischof in turbulenter Zeit gewesen, „insofern fühle ich mich ihm natürlich nah“, so Marx. In der Geschichte der Kirche habe es „immer ein Suchen, ein Aufbrechen, Spannungen, von Anfang an“ gegeben. „Das ist sogar ein Kennzeichen der frühen Christenheit, wie die Historiker sagen, dass es immer wieder ein Ringen gab um den rechten Weg, auch Spaltungen, Trennungen, Versöhnungen“, erläuterte Marx. „Hoffen wir, dass wir das in unserer Zeit in einer guten Weise gestalten können, mit der Vielfalt von Meinungen und Wegen, aber doch in der Überzeugung, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen müssen.“
Am Nachmittag des Bennofests zu Ehren des Münchner Stadtpatrons steht Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg, Bischofsvikar für die Seelsorgsregion München, um 17.15 Uhr der Vesper mit Reliquienprozession vor. Die Seelsorgsregion München und der Katholikenrat der Region München haben diesmal besonders geflüchtete Menschen und ihre ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer eingeladen. Der Gedenktag des Heiligen Benno ist der 16. Juni, sein Todestag. Er war Bischof von Meißen. In den Wirren der Reformationszeit übergab 1576 der letzte katholische Bischof des alten Bistums Meißen die Reliquien des Heiligen an Herzog Albrecht V. von Bayern. Seit 1580 befinden sie sich im Münchner Liebfrauendom. Besonders die Stadt München verehrt ihn bis heute als ihren Patron. (glx)
Hinweise: Die Vesper wird unter www.erzbistum-muenchen.de/stream live ins Internet übertragen. Weitere Informationen sind unter www.bennofest.de online.
Bericht: Erzbischöfliches Ordinariat
Archiv-Foto: Hötzelsperger – Kardinal Marx 2018 bei seinem 65. Geburtstag