Aus einer althochdeutschen Abschrift aus dem 8. Jahrhundert geht es schon hervor: Im deutschen Alpenvorland wurde Nagelfluh abgebaut. Während die Steinhauer sich damals noch mühsam in die Felshöhlen einarbeiteten und quasi per Hand und mit Hilfe der Zugkraft ihrer Nutztiere den so seltenen Nagelfluh allein in Form von Mühlsteinen verkauften, dient das heutige Gebiet rund um die Biber zur Gewinnung von Naturstein, herausgesprengt in großen Blöcken, und weiterverarbeitet zu großen rechteckigen Quadern.
Im 16. Jahrhundert wurde den Landbesitzern die Rechte zum Abbruch seitens der Kirche überlassen und etwa drei Steinbrüche konnten gezählt werden. Die Phase der „Hochkonjunktur“ des Mühlsteinabbaus konnte beginnen, auch Transportwege durch flussabwärts entlang des Inns gelegene Abnehmer konnten genutzt werden, wie z.B. das Gebiet des heutigen Ungarn.
„Flouh“ – für Felswand, „“Nagel“ für die optische Erscheinung der verwitterten Gesteinsbrocken mit einzelnen erhabenen Stellen. Mühlsteine waren der Anfang und sie zieren auch heute noch etliche Gärten der Umgebung, als längst der Vergangenheit angehörende Relikte.
Doch das „Rad stand nicht still“, auch wenn die Nachfrage im Laufe der Zeit deutlich sank. Man besann sich auf neue Absatzmöglichkeiten und dies bedeutete, mit der aufkommenden Zunft der Steinmetze zusammenzuarbeiten.
Ein großer Vorteil war, dass nun in größeren Blöcken und mit weniger Aufwand abgebaut werden konnte – und dies in allen drei Steinbrüchen auf die gleiche Art: Die Wandhöhe beträgt dabei 20 – 40 Meter und die Steinblöcke werden mittels Schwarzpulver aus der Wand gesprengt.
Nun konnte Nagelfluh zum reinen Baustoff werden und lieferte zunächst das Rohmaterial für den Brückenbau der Königlich Bayerischen Eisenbahngesellschaft. Als im Jahre 1936 Deutschland Schauplatz der XI. olympischen Spiele wurde, konnte man im Berliner Stadion auch Naturstein aus Nagelfluh für etliche Fassaden verwenden.
Bei Ausgrabungen im Steinbruch Grad sind auch manchmal Geologen zugegen und so wurde die im hinteren Teil befindliche Wand für erdgeschichtliche Zwecke als „Naturdenkmal“ zur Verfügung gestellt.
Nach Ende des 2. Weltkrieges diente Nagelfluh vor allem für Außenfassaden, wurde also beim Bau von Bauern- und Wohnhäusern verwendet. Aber auch Kirchen und Kunst im öffentlichen Raum entstanden nach und nach. Damals waren in den drei Steinbrüchen ca. 80 Leute beschäftigt und die zusätzlich aufkommende Technisierung der 60er Jahre brachte Schneid- und Frästechniken hervor, von denen man in dem Sinne profitieren konnte, dass nun auch größere Platten hergestellt werden konnten.
Erfolgte die Sprengung traditionell mit Hilfe von Schwarzpulver und Manneskraft, übernahmen nun die Hydraulikbohrhämmer oder Drucklufthämmer die Aufbohrung des Gesteinsbrockens und so konnte auch kontrollierter und schonender gesprengt werden.
Abbau ist nicht Raubbau
Im Steinbruch Grad am südöstlichen Abbaugebiet der Biber heißt es: Abbau ist nicht Raubbau. Und so hat Josef Schwaiger vor kurzem seinem Sohn den Betrieb übergeben, schaut darauf, dass die Existenz des Steinbruchs für mindestens zwei weitere Generationen gesichert ist und sorgt als Sprengmeister unter anderem dafür sorgen, dass möglichst wenig Gestein beschädigt wird oder als „Verschnitt“ ausgesondert werden muss. Außer im Winter: dann ist es selbst den Fräsmaschinen zu kalt, die den Stein mit Wasser durchtrennen.
Für Naturliebhaber kann der Rundweg um die Biber mit seinen Stationen der ausführlich beschriebenen Entstehungs- und Verwendungsarten des dort abgebauten „Konglomeratsteins“ eine durchaus reizvolle Entdeckungsreise werden.
Nähere Informationen erteilt gerne auch die Tourist-Info Brannenburg.
Text: cl – Fotos: re
Beitrag entstand in Kooperation mit dem Wendelstein Anzeiger – www.wendelstein-anzeiger.de