Am 23. Juni 2016 haben die Briten bei einem Referendum mit rund 52 Prozent der Stimmen für den Brexit – den Austritt aus der Europäischen Union – gestimmt. Nach mehr als 40 Jahren Mitgliedschaft verlassen die Briten als erstes Land die Europäische Union. Die einzelnen Schritte eines Austritts aus der EU regelt Artikel 50 des EU-Vertrags.
Großbritannien ist seit dem Referendum gespalten. Die Gräben verlaufen zwischen den Landesteilen, zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich, zwischen Alt und Jung. Befürchtet werden negative Folgen eines Brexits für die britische Wirtschaft, aber auch für die EU. Die Austrittsverhandlungen, die die britische Premierministerin Theresa May Ende März 2017 formal eingeleitet hatte, mussten nach spätestens zwei Jahren abgeschlossen sein. Großbritannien wollte ursprünglich am 29. März 2019 um 23.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit die EU verlassen.
Die Brexit-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und Großbritannien kamen monatelang kaum vom Fleck. Trotz der vorläufigen Einigung auf ein Austrittsabkommen im November 2018 war die Gefahr noch groß, dass es zu einem harten Brexit kommt. Die entscheidenden Abstimmungen über das Brexit-Abkommen im britischen Parlament am 15. Januar, 12. März und 29. März 2019 hatte May klar verloren.
Um Zeit für zusätzliche Verhandlungen zu gewinnen, wurde der Brexit auf Antrag von Theresa May vom 29. März auf den 12. April 2019 verschoben. Der Verschiebung des Austrittstermins hatte das britische Parlament dann auch zugestimmt. Auf dem EU-Gipfel am 21. März konnten sich auch die 27 EU-Staaten zu einer Verschiebung bis zum 12. April durchringen.
Da das britische Unterhaus dem mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag erneut nicht zugestimmt hatte, musste Großbritannien vor dem 12. April eine Alternative präsentieren – oder das Land wäre an dem Tag ohne Vertrag aus der EU ausgeschieden. Daraufhin bat Theresa May die EU erneut um eine Verschiebung des Brexits bis zum 30. Juni 2019. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten daraufhin bei ihrem Treffen am 10. April den Brexit auf den 31. Oktober 2019 verschoben.
Nach dem Rücktritt von Premierministerin Theresa May stellte sich die neue britische Regierung unter Premierminister Boris Johnson zunächst auf einen harten Brexit ohne Abkommen mit der Europäischen Union ein. Bis dahin hatte das Parlament allerdings gegen einen Austritt ohne Abkommen gestimmt. Auf Bitten der britischen Regierung hatte die EU den Brexit auf den 31. Januar 2020 verschoben.
Nach dem deutlichen Wahlsieg der Tories bei der Parlamentswahl am 12. Dezember 2019 war klar: Der Brexit wird kommen. Premierminister Boris Johnson hatte das von ihm mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen in zweiter Lesung am 20. Dezember 2019 und am 9. Januar 2020 durch das Parlament gebracht und konnte damit Großbritannien aus der Europäischen Union führen.
In einer Übergangsphase nach dem Brexit blieb Großbritannien bis Ende 2020 im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion, um einen harten Schnitt für die Wirtschaft zu vermeiden.
In letzter Minute haben Brüssel und London am 24. Dezember 2020 ihr Handelsabkommen für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase über die Ziellinie gebracht. Großbritannien wird vom 1. Januar 2021 an nicht mehr Teil des Binnenmarktes sein und in vielen Bereichen eigene Regeln entwickeln.
Für Unternehmen auf beiden Seiten werden deutlich mehr Formalitäten zu erledigen sein. Zwar fallen für britische Waren durch den Handelspakt künftig keine Zölle an, doch britische Exporteure in die EU müssen vom Jahreswechsel an aufwendig nachweisen, dass ihre Produkte tatsächlich überwiegend im eigenen Land hergestellt wurden. Bei für den britischen Markt bestimmten Waren aus der EU müsse künftig nachgewiesen werden, dass sie auch tatsächlich aus der EU kommen. Auch Nachweise für die Einhaltung der EU-Regeln zur Lebensmittelsicherheit und zur Einhaltung von Produktstandards müssen künftig erbracht werden.
Für die britische Dienstleistungsbranche wird der Zugang zum europäischen Binnenmarkt mit dem Ende der Brexit-Übergangsphase am 31. Dezember erheblich schwerer. Das Thema Fischereirechte war am schwierigsten zu lösen. Europäische Fischer müssen zunächst auf ein Viertel ihrer Fangquoten verzichten – gestaffelt auf fünfeinhalb Jahre. Die Personenfreizügigkeit zwischen der EU und Großbritannien endet mit dem 31. Dezember 2020. Das bedeutet, wer künftig in Großbritannien arbeiten und leben will, muss ein Visum beantragen. Das soll durch ein punktebasiertes System geregelt werden. Für Touristen wird es bei kürzeren Reisen keine Visumspflicht geben.
Für das gesamte Abkommen vereinbarten beide Seiten einen Mechanismus zur Lösung von Konflikten. Zentrales Element ist ein „gemeinsamer Partnerschaftsrat“, der die Umsetzung kontrolliert und in dem Streitfragen besprochen werden.
Ab 1. Januar 2021 wird der Handelspakt zunächst vorläufig angewendet. Die verbleibenden 27 EU-Staaten haben dem Pakt zugestimmt. Das britische Parlament hat das Abkommen am 30. Dezember verabschiedet. Das Europaparlament hat den Vertrag am 28. April 2021 ratifiziert. Nach 48 Jahren gehört das Land damit nicht mehr dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion an.
Text: Landeszentrale für politische Bildung
Fotos: Egon Lippert (www.lippert-egon.de)