Fritz Mayr, langjähriger Leiter der Abteilung Volksmusik im Bayerischen Rundfunk ist im Alter von 80 Jahren verstorben, still und leise fand er in seiner Heimat Bad Feilnbach seine letzte Ruhe.
Ein Nachruf von Stefan Semoff vom Bayerischen Rundfunk – „Grüß Gott liebe Freunde unserer Volksmusik…“ Mit seinen obligaten Begrüßungsworten hat Fritz Mayr den Hörer sogleich bei der Hand genommen. Menschlichkeit und Herzenswärme strahlte seine Stimme aus, und viele seiner ‚Fans‘ waren wehmütig gestimmt, als er 2003 in den Ruhestand trat. Er gehörte zu jener Volksmusik-Generation, die den oberbayerischen ‚Liedervater‘ Kiem Pauli noch persönlich erlebt hat. Mit der Sänger-Ikone Wastl Fanderl verband ihn eine echte Freundschaft und er war zeitlebens sein großes Vorbild. Auch der Mayr Fritz besaß jene Eigenschaft, die ihn aus der Vielzahl der Sänger und Musikanten hervorhob: Charisma. Unvergessen sind seine Moderationen für den ‚Heimatspiegel‘ und der ‚Bayern 1 Volksmusik‘, wo er zahlreiche Sänger und Musikanten zu Gast hatte und ihnen in launigen und humorvollen Gesprächen manche Anekdote entlockte: Der Schwab Franzi aus Marktschellenberg, der Winkler Sepp aus Kreuth, Kathi Greinsberger mit den Fischbachauer Sängerinnen, Michi Eberwein aus der Holledau und der Stoiber Fritz aus dem Bayerwald – sie alle standen dem Fritz gern Rede und Antwort, die ‚Größen‘ der Volksmusik gingen in der Redaktion ein und aus und leerten mit ihm dort manches Glasl Merlot. Sein Leib-und Mageninstrument war die Maultrommel. Zusammen mit seinem Bruder Helmut machte er das ‚Gasslinstrument‘ zu einem beliebten Volksinstrument, spitzbübisch interpretierte der Fritz gar manches komplexe Werk der Klassik, mitunter sogar begleitet vom BR-Rundfunkorchester. Die Konzertreihe ‚Treffpunkt Volksmusik‘ machte er dank seiner Bühnenpräsenz und stimmigen Programmauswahl zu einem Publikumsmagneten. Nur wenige wissen: Fritz Mayr gehörte zu den Initiatoren des Volksmusikspektakels ‚drumherum‘ in Regen, das 1998 erstmals stattfand. A propos: Die sogenannte ‚Neue Volksmusik‘ behutsam ins Programm zu integrieren, dabei die Spreu vom Weizen zu trennen – ein Spagat, den er hinbekam, weil er stets die angestammte Volksmusikklientel im Auge behielt. Als Programmgestalter hat Fritz Mayr stets die Kirche im Dorf gelassen und auf die Kraft des Bewährten gebaut. Als der Fritz vor 17 Jahren in den Austrag ging, hat er ein geordnetes Haus hinterlassen: Dass später BR Heimat aus dem Stand heraus ‚durchstarten‘ konnte und sich täglich eines reichhaltigen Fundus‘ an erstklassigen Musikaufnahmen bedient – auch das ist eine Frucht der ‚Ära Fritz Mayr‘. Basis und Quintessenz seiner Arbeit als Programmverantwortlicher war ein untrügliches Gespür für musikalische Qualität und für die Authentizität der musizierenden und singenden Menschen. Obschon ausgestattet mit italienischen Genen und einem großen Faible für Espressobars in der Münchner Innenstadt – Fritz Mayr war zeitlebens ein bajuwarischer Charaktermensch, seiner Heimat unterm Wendelstein stets verbunden in Sprache und Lebensart. Die Volksmusik im Ganzen, der Bayerische Rundfunk im Besonderen haben ihm Einiges zu verdanken. Wir sagen Dankschön – und ‚Servus Fritz‘.
Für den Bayernbund erinnert Dr. Helmut Wittmann – Fritz Mayr hat von Anfang an am großen Projekt des Bayernbundes „Freude an der Mundart“ von 2012 -2016 mitgewirkt. Schon der Projekttitel war ganz auf seiner Linie.“Pflegn muaß ma an Krankn – de Kinder muass ma Gelegenheit und Vorbild gebn!“ war seine Devise. Und in dieser Absicht ist er mit der Maultrommel – manchmal auch begleitet von seinem großartigen Musikerfreund Hubert Huber an der Orgel – in Kindergärten und Grundschulen höchst erfolgreich aufgetreten. Er hat als großer Freund der Kinder mit viel Empathie sofort Kontakt mit ihnen gehabt, konnte sie mit seinen selbst erfundenen Märchen in bairischer Mundart in seinen Bann ziehen und auf ganz natürliche Weise lebendige Dialoge mit ihnen entwickeln. Im Projektbericht schreibt Fritz: Ein wunderschönes Beispiel hab ich in einer Schule in Starnberg erlebt, wo ein Mädchen, nachdem ich die „Haslmaus“ erzählt hab, ihrer Leherin kundtat: „Wenn der Mann vom Bayerischen Rundfunk bairisch redt, nacha traun mia uns aa…“ Und er fährt fort: Diese Aussage ist ja geradezu eine Aufforderung an uns alle, die wir unsere Mundart lieben und schätzen und auch fördern wollen. Am 31.Juli 2016 wurde in Birkenstein seine „Birkensteiner Messe“ uraufgeführt. Nicht nur dass er die Messe musikalisch im „alpenländischen Stil“ gestaltete, wie er im Vorwort schreibt; er hat als gelernter Maler die Notenblätter auch kunstvoll gestaltet. Ein besonderes Anliegen war es ihm, dass sein Lieblingsinstrument, die Maultrommel, die er gemeinsam mit seinem Bruder Helmut als Gebrüder Mayr zu großer Blüte und Bekanntheit geführt hat, auch wieder von Kindern erlernt wird. Seine von ihm verfasste Spielanleitung hat er mir einst mit dieser Bitte gewidmet. Einige Musikschulen u.a. in Grassau haben die Anregung aufgegriffen. Sein tiefer Glaube und seine Heiterkeit kommen auch in seiner Schilderung einer kleinen Begebenheit zum Ausdruck: Als ich das Märchen „Warum Engel im Himmel Maultrommel spuin“ einmal in einem Kindergarten erzählte, fragte ich zum Schluss: „Moants ihr, dass i aa amoi in´Himme kimm?“ Da gab ein Vierjähriger zur Antwort:“Ja, wannst amoi gstorbn bist!“ Der Theologe Karl Rahner meint, dass wir uns den Himmel sehr subjektiv vorstellen dürfen. Da würde es zum lebenslangen Wirken von Fritz Mayr für die Musik – insbesondere die alpenländische Volksmusik – passen, dass er das himmlische Orchester mit der Maultrommel bereichert.
Persönliche Anmerkungen: Kennengelernt hab ich Fritz in Studienzeiten; wir haben zusammen im Rahmen einer Gartenoper die Zauberflöte aufgeführt; Fritz hat den Tamino gesungen (damals als Gesangsstudent!): außerdem hatten wir als Auer Tanzlmusi (Gebrüder Mayr) und Wolpertinger Tanzlmusi, in der ich mitspielte, gemeinsame Interessen; schließlich trafen wir uns auch über Wastl Fanderl.
Fotos: Dr. Helmut Wittmann / Privat – u.a. zur „Birkensteiner Messe“