Gut 75 Jahre ist es her, dass in Deutschland und Bayern der unselige Zweite Weltkrieg zu Ende ging – und gut kann sich noch der 87jährige Werner Fütterer an die Zeit des Kriegsendes erinnern. Der jetzt in München Wohnende wuchs in der Gemeinde Frasdorf auf und er berichtet von seinen Erzählungen über bislang Bekanntes, aber auch Unbekanntes.
Sieben Tag alt war Werner Fütterer als er zu seiner Ziehvater-Familie von Postboten Josef Aiblinger in der damals so bezeichneten Ginnertinger Straße und heutigen Simsseestraße kam. Der Zweite Weltkrieg war offiziell am 8. Mai zu Ende, fünf Tage vorher am 3. Mai war das in Frasdorf in guter Hörweite zur nahen Autobahn München-Salzburg noch nicht bekannt bzw. zu erahnen. „Um 4 Uhr in der Früh am 3. Mai hat mich meine Mama aufgeweckt wie sie viele Fahrzeug-Lichter auf der Autobahn sah und als sich hinter unserem Haus Panzerfahrzeuge mit einem Stern abstellten, da meinte sie, dass die befürchteten Russen gekommen sind.“ – so Werner Fütterer, der sich weiter daran erinnert, dass er anschließend auf den Hügel hinter dem Haus hinauflief und von dort die neue, gespentische Situation beobachtete. Und danach ergab es sich wie folgt: „Die amerikanischen Soldaten ließen sich bei uns nieder, für uns war das eine gute Gelegenheit, dass aus Feinden Freunde wurden“. Dazu erklärt Werner Fütterer: „Zuerst haben wir von den Soldaten Schokolade bekommen, als wir merkten, dass sie unser selbstgebackenes Schwarzbrot besonders gerne mochten, haben wir erste internationale Geschäfte gemacht und schon bald viele Dollars in den Händen gehabt. Die Amerikaner haben uns bayerische Buben so richtig gemocht und wir hatten schnell Vertrauen zu ihnen“.
Die Ankunft der Amerikaner Anfang Mai 1945 im Chiemgau war natürlich von ganz und gar unterschiedlichen Stimmungen und Schicksalen geprägt. Der 8. Mai, der in Europa als „VE-Day“ (Victory in Europa Day), in der Bundesrepublik allgemein als „Kriegsende“ und in vielen europäischen Ländern als „Tag der Befreiung“ bezeichnet wird, war auch ein Tag der Revanche seitens der Amerikaner, wie Werner Fütterer weiß und sich erinnert: „Die Amerikaner haben unmittelbar zum Kriegsende mit einer Sturmgruppe sogenannte Nazis gesucht, von denen bekannt war, dass sie etwas gegen amerikanische Soldaten getan oder gesagt haben“. Im benachbarten Samerberg hat sich eine Tötungs-Aktion der Amerikaner ereignet, hierzu weiß Fütterer: „Als einige Zeit vor dem Kriegsende am Heuberg einer von mehreren Fliegern abstürzte, da verweigerte der Arzt von Törwang die ärztliche Hilfe für den verletzten Soldaten, das wussten die Amerikaner, suchten den Samerberg mit zwei Panzer und Spähwagen auf. Als die Amerikaner ankamen, da erschoss sich der Arzt in seiner Praxis und die Amerikaner fanden ihn nicht mehr lebend.“
Als junger Bub kam Werner Fütterer dreimal für jeweils vier bis Wochen zum Hitler-Nachwuchs-Ausbildung nach Königsdorf bei Bad Tölz. „Da wurde uns im riesigen Hochlandlager der Umgang mit Munition und das Üben mit Handgranaten gelernt. Dort waren auch die Hitler-Jugend, der Bund Deutscher Mädchen und der Arbeitsdienst im Einsatz“. Fünf Tage vor Kriegsausbruch kam Werner Fütterer wieder heim, dazu erinnert er sich noch an diesen Zufall: „Fritz Fischer, dessen Bruder Ernst ein Schulkamerad von mir war, war ebenfalls in Königsdorf, er stammte aus dem Kaufhaus Fischer in Frasdorf, das neben der KfZ-Werkstatt Leitner war, ihn traf ich ehe es wieder heimwärts ging“. Die Heimreise erfolgte auf einem Lastwagen bis Rosenheim von dort ging es in gut fünf Stunden entlang der damals noch vorhandenen Eisenbahngleise zu Fuß nach Frasdorf. Aufgrund seines Alters wurde Werner Fütterer nicht mehr zu aktiven Kriegsdiensten herangezogen. Aus seiner Frasdorfer Schulzeit weiß er noch zu berichten: „Im Religions-Unterricht von Pfarrer Josef Linsenmann war ich an einer Gaudi beteiligt, da bekam ich von ihm eine gescheite Watschn, der Pfarrer war im übrigen als sehr grob bekannt, mein Vater, der ein Schulkamerad von ihm war, stellte ihn nach meiner Watschn einmal zur Rede, seither hatte ich meine Ruhe“. Noch vor dem Krieg fiel vom Frasdorfer Kirchturm ein Glockenschlägel herunter in den Garten von Johann Weber´s Schreinerei, dazu weiß er: „Die Wucht des herabfallenden Schlengels war so groß, dass sich dieser einen Meter tief in den Gartenboden eingrub“.
Foto/s/Repros: Hötzelsperger – 1. Werner Fütterer (li.) mit seinem etwas älteren Bruder Sepp
- Werner Fütterer als Bergsteiger, Humorist und Ansager
- Werner Fütterer in diesen Herbsttagen mit der Kirche St. Florian bei Frasdorf und den Chiemgauer Bergen
Sehr interessant, interessiert mich als ehem. Frasdorfer Geb. 1970 sehr. Vielen Dank für die tollen Beiträge.