Land- & Forstwirtschaft

Auf der Hofalm bei Frasdorf im Jahr 1862

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Von Rupert Wörndl – Der damals aufkommenden Begeisterung für die Berge  folgend, bereist der Schriftsteller Friedrich Brinkmann vor 160 Jahren die Alpen und schildert seine Eindrücke in zwei Bänden „Studien und Bilder aus süddeutschem Land und Volk“. Dabei kommt er auch auf die Hofalm, die nach jahrhundertelanger Zugehörigkeit zum Hofgut von Schloss Hohenaschau vor Kurzem in den Besitz des Aschauer Postwirts gekommen war.

Lassen wir Friedrich Brinkmann berichten: „… Nachdem ich das zu Hohenaschau gehörige Hüttenwerk, den sogenannten Hammer, passiert hatte, gelangte ich mit Hilfe vieler Fragen auf den richtigen Weg, der zwar schlecht war, aber nicht gerade schlechter als die Wege zu anderen Almen auch, und mir ziemlich viel Schweiß kostete, bis ich die Höhe erreichte. Bald sah ich die Sennhütte vor mir liegen. Ich trat hinein und befand mich sogleich in dem Hauptteile derselben, wo der Herd steht, der große Kessel hängt, der Käse zubereitet und gekocht wird, kurz dem Raume, welcher als Küche, Arbeitsstube, Wohnstube  und Gastzimmer der Hütte zugleich benutzt wird, und das alles auf wenigen Quadratfuß. Alle Gerätschaften ruhten aber jetzt; kein Feuer brannte auf dem Herde und die dort beschäftigte Sennerin schien nur Einzelnes zu reinigen und in Ordnung zu stellen. Freundlich, wie die Sennerinnen alle sind, bewillkommnete sie mich und frug nach meinem Begehr. Ich bat sie, mir Kaffee zu machen, das beste Getränk, das man bei dem Besuche einer Alm genießen kann, und auf dessen Zubereitung sich die bairischen Sennerinnen sehr gut verstehen, so dass der Almen-Kaffee bei allen Liebhabern des Bergsteigens sich eines gewissen Rufes erfreut. Sie holte nun einiges Reisig, zündete es auf dem Herde an und stellte eine kleine Pfanne mit Wasser darüber, wahrscheinlich das einzige Kochgeschirr dieser Art, welches sich in der Hütte befand, und daher wohl dasselbe, worin sie zu Mittag ihren Schmarren (die gewöhnliche Kost der Sennerinnen) bereitet hatte.

Täglich 220 Maß Milch

Während nun das Wasser erwärmt und der Kaffee gemacht wurde, unterhielt ich mich mit meiner Wirtin über ihre Alpenwirtschaft. Sie regiert mit noch einer Gehilfin eine Herde von vierzig Stück Kühen und zwanzig Kälbern, welche dem Wirte zu Aschau gehörte, demselben, dessen Haus ich am Mittag so bewundert hatte. Davon werden täglich etwa 220 Maß Milch gewonnen und in Butter und Käse verwandelt. Jeden Tag wird ein Käse von etwa dreißig Pfund gemacht, der beste Teil der Milche aber vorher abgeschöpft und zu Butter verarbeitet. Daher ist jener nur von mittelmäßiger Güte und eignet sich weniger dazu, unter der Gattung „Schweizerkäse“ untergebracht zu werden, unter welchem Namen alle in den deutschen Alpen fabrizierten eigentlichen Fettkäse in den Handel kommen, auch wenn sie die Schweiz nie berührt haben…“

Bereitwillig wird der Besucher aus der Stadt auch in der Almhütte herumgeführt. Auch in den Raum, der als Schlafzimmer der beiden Sennerinnen diente, konnte er schauen. „Hier hingen die vielen Halsbänder, welche die Kühe beim Weiden tragen, mit großen und kleinen Glocken, je nach der Würdigkeit der Besitzerin, deren Klang in der Erinnerung der Tiere so enge und fest mit ihrem wonnigen Sommerleben auf Bergesmatten und in Alpenlüften verwächst, dass, wenn er etwa im Winter aus Versehen im Stalle hörbar wird, sie sich wie wütend gebärden, die Ketten zerreißen und die Wände durchbrechen wollen, und der Aufruhr nur mit vieler Mühe beschwichtigt werden kann.“

Wo Milch und Honig fließt

Das hat man ihm wohl ein wenig zu drastisch geschildert. Jedenfalls muss Friedrich Brinkmann von der freundlichen und unkomplizierten Behandlung sehr angetan gewesen sein, denn er resümiert: „Und wenn ich weiter darüber nachdachte, die großen irdenen, von Rauch etwas geschwärzten, aber durchaus reinlichen Töpfe mit ihren nicht zu erschöpfenden Inhalte und die anderen guten Dinge vor mir stehen sah, die roh gezimmerte Bank betrachtete, auf welcher dies alles in Ermangelung eines Tisches gestellt war und ich selbst saß, das trauliche „Du“ hörte, mit welchem mich die Sennerin stets anredete und den Blick auf den frischen, grünen Matten schweifen ließ, die von allen Seiten an den stillen Bergen emporstiegen, so schienen mir in jenem Glase wie in einem Symbole die beiden Charakterzüge der bairischen Alpen ausgesprochen zu sein, die uns vor allen andern so angenehm auffallen: die Einfachheit, Ursprünglichkeit, die Frische, unversehrte Natürlichkeit von Land und Volk, die man dort noch überall findet, selbst in den besuchtesten Teilen, wenn man sich nur etwas von der großen Straße entfernt, und die Lebensfülle, die das bairische Hochland einem jeden als das Land erscheinen läßt, wo Milch und Honig fließt.“

Übrigens kam die Hofalm wenige Jahre später wieder zur Gutsherrschaft Hohenaschau; Baron von Cramer-Klett erwarb sie 1875. Seither ist sie in Cramer-Klett`schen Besitz, wenngleich kein eigenes Vieh mehr aufgetrieben wird. Bei der Abschlussbesprechung der Hauptalmbegehung 2016 konnten sich die Teilnehmer ein Bild von der stattlichen Alm machen, auf der derzeit rund 90 Rinder und einige Pferde versorgt werden. Auch einige Kühe sind immer auf der Alm, deren Milch vorwiegend zu Butter verarbeitet wird.

Bericht und Repros: Rupert Wörndl

– Das Innere der Hofalm um 1905. So hat es sicher auch 1862 schon ausgesehen (Repro Wörndl)

– Um 1910. Drahtzäune waren noch nicht üblich, obwohl Cramer-Klett große Eisenwerke besaß. Gut zu sehen sind die Häufen mit Klaubsteinen im Hintergrund. (Repro Wörndl)


Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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