Wie geht es dem Rosenheimer Einzelhandel und der Gastronomie in der Corona-Krise? Und vor allem: Was lässt sich tun, damit die beiden wichtigsten innerstädtischen Branchen nach Beendigung des Lockdowns möglichst schnell wieder Tritt fassen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt eines Gesprächs von Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer, ihrem Nachfolger Andreas März, der Führung von CityManagement und Einzelhandelsverband sowie Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl.
„Die Situation ist bei vielen Einzelhändlern und Gastronomen extrem angespannt. Die Umsätze sind trotz Online-Handel und Liefer- oder Holservice massiv eingebrochen. Nachdem die Kosten nicht auf Null gedrückt werden können, neue Saisonware nicht abverkauft wird, viele Händler und Gastronomen auf laufenden Cashflow angewiesen sind, der jetzt ausbleibt, wird die Liquiditätslage der Unternehmen mit jedem Tag angespannter“, so die Analyse von CityManagement-Vorsitzendem Paul Adlmaier. Maria Reiter, die Vorsitzende des Rosenheimer Einzelhandelsverbands (HBE), wies zudem auf schwierige Personalentscheidungen hin: „Natürlich versuchen viele Unternehmer, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld entgegenzukommen. Aber die Spielräume sind begrenzt. Und gerade bei 450 EUR-Kräften steht das Kurzarbeitergeld als Auffanghilfe gar nicht zur Verfügung.“ Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer zeigte sich besorgt über die längerfristigen Wirkungen des Lockdowns. „Können die Liefer- und Wertschöpfungsketten nicht schnell genug aktiviert werden, müssen wir auch in unserer wirtschaftsstarken Region mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit rechnen“, so Bauer.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass die finanziellen Hilfen von Bund und Freistaat Bayern in die richtige Richtung gehen. „Es war wirklich bemerkenswert, in welch kurzer Zeit Soforthilfen zur Verfügung gestellt, Kreditprogramme erweitert, das Kurzarbeitergeld verbessert, für die Mieter Vertragssicherheit bei Mietausfällen geschaffen und für Vermieter Zins-, Tilgungs- und Rückzahlungsaussetzungen gesetzlich geregelt wurden. Dennoch kann und muss bei einzelnen Instrumenten noch nachgesteuert werden“, so Adlmaier. Der künftige Oberbürgermeister Andreas März verwies in diesem Zusammenhang auf Überlegungen, die Laufzeit von KfW-Liquiditätskrediten von fünf auf zehn Jahre zu verdoppeln. „Das ist dringend notwendig, denn die Folgen eines mehrwöchigen Stillstands sind beim Einzelhandel und in der Gastronomie in fünf Jahren eigentlich nicht zu bewältigen“, so März.
Positiv gesehen wurden von der Runde die bisher von der Stadt ergriffenen Maßnahmen. Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl verwies auf das 6-Punkte-Programm der Stadt und auf eine laufende Umfrage der städtischen Wirtschaftsförderungsagentur bei den inhabergeführten Unternehmen in der Innenstadt: „Zwei von drei innerstädtischen Unternehmen haben die Gewerbesteuervorauszahlungen bereits absenken lassen oder die Möglichkeit der Stundung genutzt. Überraschend selten wurde bisher von dem Angebot der Stadtwerke Gebrauch gemacht, Vorauszahlungen für den Bezug von Strom, Gas und Wasser zu kürzen.“ Bei der Auszahlung der Soforthilfe wurden Rosenheimer Unternehmen bisher von der Regierung von Oberbayern schnell bedacht: Über 600 Anträge konnten bis letzten Samstag (04.04.) ausgezahlt werden, so Bugl. Die ganz überwiegende Zahl von Vermietern war der Umfrage zufolge bereits zu Mietminderungen oder -stundungen bereit. Wo in Einzelfällen Vermieter diesen Schritt bisher nicht gehen wollten, steht die Wirtschaftsförderungsagentur für Vermittlungsgespräche bereit.
Der Verzicht auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren ist CityManagement-Geschäftsführerin Sabrina Obermoser ein wichtiges Anliegen: „Das betrifft gerade die Gastronomen mit Außenbestuhlung. Bei ihnen würde jetzt das Frühjahrsgeschäft in den Außenbereichen losgehen. Weil das aber zusammengebrochen ist, wäre ein Verzicht auf Sondernutzungsgebühren das Gebot der Stunde.“ Bauer und März sagten zu, sich für den Erlass von Sondernutzungsgebühren einzusetzen. Anträge sollen zentral an die städtische Wirtschaftsförderungsagentur gestellt werden.
Wie es mit der Wiederöffnung der Geschäfte und der Lokale weitergeht, ist derzeit Spekulation. Entscheidungen hierzu werden auf Bundes- und Landesebene getroffen Maria Reiter vom HBE Rosenheim wünscht sich so zeitnah wie möglich einen Verkauf mit Terminvereinbarung. Dadurch könne zu jeder Zeit der nötige Abstand zwischen Personal und Kundschaft gewährleistet werden. Diesen Wunsch hat sie auch schon an die Geschäftsführung des bayerischen Handelsverbandes adressiert.
Das CityManagement wird „für die Zeit danach“ Ideen entwickeln und mit der Stadt abstimmen. Geschäftsführerin Sabrina Obermoser plant eine „Charmeoffensive“ für den Besuch der Innenstadt. Ziel muss es nach Einschätzung von Maria Reiter sein, den Menschen trotz sicher noch anhaltender sozialer Distanz wieder Lust auf den Besuch der Innenstadt und der Geschäfte zu machen.
Oberbürgermeisterin Bauer und Andreas März regten hierzu ein zeitlich begrenztes kostenloses Parken und kostenlosen Busverkehr an einzelnen Einkaufstagen an und sagten hierfür ihre Unterstützung zu. „Die Stadt ist bereit, einen Neustart der Innenstadt zu flankieren. Allerdings sind auch unsere eigenen Möglichkeiten durch die aktuellen Steuerausfälle und die verhängte Haushaltssperre eingeschränkt“, so Bauer.
Bericht: Stadt Rosenheim
Foto: Rainer Nitzsche – Luftbild Rosenheim mit Max-Josefs-Platz