Kultur

So passen bayer. Bauwerke in ein Museum

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ein Hightech-Produktionsverfahren und ausgetüftelte Designarbeit machen es möglich: Vom Kloster Weltenburg über die BMW-Welt und ein Oktoberfestzelt in München bis hin zu Schloss Neuschwanstein sind in der Dauerausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte zehn Modelle besonderer Bauwerke in Bayern vertreten. Ihr einendes Motto: Bayern ist mehr als Zwiebeltürme.

Das Kulturkabinett „Mehr als Zwiebeltürme“

Gibt es überhaupt bayerische Bauwerke? Zumindest gibt es Bauwerke, die besonders mit Bayern verbunden werden. Neben Schloss Neuschwanstein, der weltweit wohl prominentesten Bauikone für Bayern, gelten zum Beispiel die Bierpaläste mit ihren vielen tausend Plätzen als bayerische Bau-Erfindung und stehen für die Wirtshauskultur. Oder eben die die bayerische Landschaft prägenden Zwiebeltürme der barocken Kirchen.

Zehn spannende Beispiele bayerischer Baukultur haben im Kulturkabinett „Mehr als Zwiebeltürme“ Einzug in die Dauerausstellung „Wie Bayern Freistaat wurde und was ihn so besonders macht“ gefunden. Möglich wurde das durch die finanzielle Unterstützung des Freundeskreises Haus der Bayerischen Geschichte e.V., durch das Engagement der Firma voxeljet aus Friedberg bei Augsburg und die gestalterische Tüftelarbeit des Designstudios Reiter in Augsburg. Das inhaltliche Konzept für das Kulturkabinett ist unter Federführung des Historikers Prof. Dr. Egon J. Greipl entstanden, der von 1999 bis 2013 Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege war. Für Dr. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, eine herausragende und für das Museum wertvolle Teamarbeit: „Wie beim Bau der Originale stecken auch hinter den Modellen viele Köpfe. Wir sind stolz derart kreative und kompetente Partner für das Kabinett gefunden zu haben.“

Von der Skizze zum fertigen Modell

Die hochmodernen 3D-Modelle stehen in der Tradition des Straubinger Modellbauers Jakob Sandtner, der im 16. Jahrhundert lebte und für seine Zeit erstaunlich präzise Ansichten bayerischer Städte anfertigte, die bis heute bedeutende kulturhistorische Dokumente darstellen. Mit seiner Arbeit musste sich der Architekturdesigner Robert Reiter erstmal auseinandersetzen, bevor es ans planen der zehn Museumsmodelle ging: „Wir waren mit der Aufgabe konfrontiert teilweise Jahrhunderte alte Gebäude im virtuellen Raum zu modellieren, für die keine detaillierten Pläne vorhanden waren. Wir mussten hunderte von Fotos sichten, Filmdokumentationen anschauen und so Stück für Stück die notwendigen Informationen zusammentragen, um die technische Umsetzung im 3D-Druck zu planen. Wir sind als Designbüro hauptsächlich mit der Visualisierung von Neubauvorhaben beschäftigt, die jeweils nur einem kleinen Interessentenkreis zugänglich sind. Daher freuen wir uns sehr darüber, dass unsere Arbeit mit den Modellen im Haus der Bayerischen Geschichte nun einem breiten Publikum präsent gemacht wird.“

Von der Visualisierung zum gedruckten Gebäude – die Anfertigung der Modelle wurde von der Firma voxeljet in Friedberg bei Augsburg übernommen, einem weltweit renommierten Unternehmen im 3D-Druck-Verfahren. Jörg Kaltmaier war als Manager Customer Recruitment zuständig für die Umsetzung des Projektes. Die detailgetreuen Architekturmodelle stellten auch für voxeljet ein Einsatzgebiet mit neuen Herausforderungen dar: „Als Basis für den 3D-Druck liegen uns immer CAD-Daten der zu druckenden Projekte vor – dementsprechend ist es für uns immer eine Herausforderung entsprechend einwandfreie Daten von den Interessenten zu bekommen. Erst recht, wenn es sich um komplette Gebäude handelt.  Folglich war es für uns sehr spannend zu sehen, welche Qualität die CAD-Daten haben und wie die Gebäude, gedruckt in PMMA-Pulver (Acryl- oder Plexiglas) bei einer Schichtstärke von 150 µm, tatsächlich final wirken. Das Resultat kann sich wirklich sehen lassen.

Mittlerweile sind wir seit 20 Jahren mit unserer 3D-Druckdienstleistung und unserem Maschinenbau in Bayern fest verwurzelt. Entsprechend ist es eine Ehre, einen Platz im Haus der Bayrischen Geschichte zu finden, da es sich auch um eine dauerhafte Ausstellung handelt. Denn häufig fertigen wir in unserer Lohnfertigung eher temporäre Modelle – beispielsweise für Prototypen, erste Anschauungsmodelle oder verlorene Formen, die im Metallguss eingesetzt werden.“

Für das Haus der Bayerischen Geschichte waren für die Präsentation der Gebäude im 3D-Druck zwei weitere Themen wichtig: Die zehn Gebäude sind in einheitlichem Volumen und in einheitlicher Gestaltung dargestellt und verdeutlichen im Zusammenspiel mit der aufwendigen fotografischen Deckeninstallation mit Aufnahmen des Regensburger Fotografen Uwe Moosburger, dass das bauliche und kulturlandschaftliche Erbe in einem steten Wandel begriffen ist. Darüber hinaus aber stehen die 3D-Drucke den sehbehinderten Besucherinnen und Besuchern als Tastmodelle zur Verfügung und leisten somit einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Inklusionsarbeit des Museums.

© Haus der Bayerischen Geschichte | Foto: www.altrofoto.de

Neuschwanstein im Blick: (v.l.n.r.) Jörg Kaltmaier von der Firma Voxeljet aus Friedberg bei Augsburg, Architekturdesigner Robert Reiter, Dr. Rainhard Rieperting, stellvertretender Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte und Dr. Andreas Kuhn, Leiter Museumspädagogik im Haus der Bayerischen Geschichte, begutachten das 3D-Modell des Schlosses Neuschwanstein. Verwendung nur im Rahmen der Berichterstattung zum Museum der Bayerischen Geschichte.

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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