„Es wird ein Murmeltier – oder wird es ein Biber – oder wird es ganz etwas anderes?“ Die Zuschauer beim 20. „grenzenlosen“ Sachranger Bauern- und Kunsthandwerker Markt rätselten, was sich denn in dem schweren Baumstamm verberge, den Motorsägenkünstler Guntram Prochaska für sein Kunstwerk bereit stellte. Dann begann die Kettensäge ihr Werk und die Holzspäne flogen nur so nach allen Seiten. Schnell und grob vorarbeiten, hier ein Eck wegnehmen, dort eine Linie begradigen, ein wenig schleifen und schon nach kurzer Zeit wurde den Besuchern klar, dass tatsächlich ein Murmeltier in dem Baum verborgen war. Unaufhörlich kreischte die Säge und mit jedem Schnitt wurden die Konturen des Murmeltieres besser sichtbar. Guntram Prochaska schnitzte im Auftrag des Verkehrsvereins eine übermannsgroße Murmeltier-Skulptur, die künftig an der südlichen Ortseinfahrt des Bergsteigerdorfs ihren Platz finden soll. „Holz lebt und verändert sich“, so der „Holzsägekomponist, der den Bäumen auf höchst ausgefallene Weise neues Leben einhaucht. „Ich erschrecke das Holz mit der Kettensäge so sehr, dass es freiwillig seine Form preisgibt“. Sachrang erhält damit eine der „echten Prochaska-Skulpturen“ und reiht sich in eine Reihe von 40 Ländern ein, in denen die Kunstwerke schon bewundert werden können. Seine detailreich gestalteten Holzmonumente sieht der – weltweit als „ Künstler mit der Kettensäge“ – bekannte Prochaska auch als universelle Kunstform an, die Kulturen zusammenführt und den Menschen ihren Ursprung wieder bewusster macht.
Holz ist auch im Plastikzeitalter noch vielfach der Ursprung aller Dinge im Oberen Priental – beinahe wenigstens. Egal ob aus einem Baumstamm mit Beitel und Stemmeisen eine Frauenfigur zurechtgeschnitzt wird oder mit dem Schnitzmesser zu Edelweißblüten oder ob aus Spänen ein Korb oder eine Schwinge geflochten wird. Bei allen Arbeiten konnten die Marktbesuchter beim 20. „grenzenlosen“ Sachranger Bauern- und Kunsthandwerker Markt zuschauen. Aber es gab noch viel mehr zu sehen, knapp 100 Standlleute zeigten ihre Waren und vor allem auch ihr Können unmittelbar am Stand, vom Holzschnitzer über die Töpferin bis zum Hirschhornknopfmacher. Es gab wieder viel zu sehen und Neues zu erfahren auf dem Sachranger Bauern- und Kunsthandwerker Markt und nicht immer waren die Antworten ganz leicht zu geben. Welche Kleidergröße hat eigentlich Barbie? Wo gibt es Stoff für ein Barbie-Dirndlkleid zu kaufen? Wie heiß ist ein Schmiedefeuer und wie heiß ist das Feuer des Glasbläsers? Wie viele Zähne hat ein Rechen und aus wie vielen Holzarten wird ein Rechen gemacht? Wie funktioniert ein Spinnrad? Welches Material braucht ein Korbmacher und was ist eine Schwinge? Weil all diese Handwerker auf dem Markt da waren und man ihnen in ihrem Standl bei ihrer Arbeit zuschauen konnte, waren alle Fragen zu beantworten. Die Standlleute hatten viel Zeit und auch wenn es eigentlich pressiert hätte, gaben sie noch geduldig Auskunft. Der Markt dauert zwei Tage und so verteilten sich die Fragen auch auf zwei Tage. Brotzeit machen können die Besucher überall auf dem Markt – überall gibt es etwas zu schauen und auch zu probieren.
Die Besucher mussten nur viel Zeit mitbringen denn der Sachranger Markt ist kein Allerweltsmarkt, sondern etwas ganz besonderes. Auch die Aussteller nahmen sich für ihr Publikum viel Zeit, sei es der Drechsler, der Korbmacher oder der Rechenmacher, der Messermacher und Scherenschleifer oder der Hirschhornknopfmacher, der Glasbläser oder die fleißigen Spinnerinnen. Dank des idealen Marktwetters kamen viele Besucher zum mittlerweile traditionellen Marktwochenende ins obere Priental. Es gab aber auch so vieles zu sehen: alte Handwerksberufe und alte bäuerliche Arbeiten, wie Rechenmachen, Spinnen oder Korbflechten.
Essen und Trinken wollen die Marktbesucher immer, die Feuerwehr und die Schützen sorgten neben den Standln und den Wirten für das leibliche Wohl, die Musikkapelle Aschau, der Trachtenverein und die verschiedenen heimischen Musikgruppen trugen zur Unterhaltung der Besucher bei.
Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg