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59. Andechser Europatag

Veröffentlicht von Christina Rechl
  1. Andechser Europatag der Paneuropa-Union Deutschland Greift China nach Rußland?   Europäischer Bundesstaat mit außenpolitischer und Verteidigungs-Union, transeuropäischen Verkehrsnetzen und gemeinschaftlicher Ernährungssicherheit gefordert   /   Manfred Weber: Christentum relevant im „Maschinenraum Europas“

Andechs. Beim 59. Andechser Europatag der Paneuropa-Union Deutschland hat sich deren Präsident, der langjährige CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, gegen die „weit verbreitete Behauptung“ gewandt, ein Europäischer Bundesstaat mit gemeinschaftlicher Außen- und Sicherheitspolitik sei unrealistisch: „Dasselbe hat man seinerzeit von der Direktwahl des Europaparlamentes, vom gemeinsamen Markt und vom Euro auch gesagt, aber heute sind sie selbstverständlich.“ In allen demokratischen Parteien gebe es heftige Auseinandersetzungen zum Thema Europäische Verteidigungs-Union zwischen „Status-quo-Politikern“ auf der einen und wirklichen Europa-Föderalisten auf der anderen Seite. „Wir brauchen ein Europäisches Außenministerium und eine Europäische Armee, in die jeder EU-Bürger direkt eintreten kann, wie dies etwa Franz Josef Strauß schon vor Jahrzehnten forderte.“ Weder das Bündnis mit den USA noch die NATO seien veraltet, aber sie müßten zu einer echten Partnerschaft umgebaut werden, „in der die Vereinigten Staaten von Europa neben denen von Amerika die zweite gleichberechtigte Säule bilden.“

Posselt vertrat die These, daß dem Angriff Moskaus auf die Ukraine Jahrzehnte weiterer geopolitischer Herausforderungen folgen würden: „Rußland dürfte auch nach Putin eine Zone der Instabilität bleiben und außerdem eines Tages von seinem vermeintlichen Schutzpatron China aufgefressen werden.“ Pekings langfristiges Ziel sei „der Griff nach Sibirien und anderen Teilen Rußlands, die dünn besiedelt sind, über gewaltige Rohstoffreserven verfügen und von asiatischen Völkern bewohnt werden, die die Russen als Kolonialherrn empfinden.“  Die zentralen Forderungen der überparteilichen Paneuropa-Union nach europäischer Ernährungssicherheit, dem grenzüberschreitenden Ausbau transeuropäischer Verkehrsnetze und einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft behandelten die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler aus Franken, ihr SPD-Kollege Ismail Ertug aus der Oberpfalz und General a.D. Walter Spindler.

Marlene Mortler, die dem Landwirtschaftsausschuß im Europäischen Parlament angehört, schilderte die sicherheitspolitischen, sozialen und ökologischen Aspekte der europäischen Agrarpolitik in einer klug ausbalancierten Weise. Angesichts zunehmender weltpolitischer Krisen müsse sich Europa, das mittlerweile schon mehr Lebensmittel importiere als exportiere, soweit wie möglich aus eigenem Boden ernähren können. Unser Erdteil verfüge weltweit über die qualitativ besten Agrarerzeugnisse. Dabei dürfe man nicht kraß zwischen Biobauern und konventionellen Landwirten unterscheiden, auch nicht zwischen großen und kleinen Betrieben. Es gelte die verschiedenen Produktionsweisen aufgrund der Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenzuführen und damit für mehr Menschen auf weniger Fläche ressourcenschonend und nachhaltig hochwertige Lebensmittel zu erzeugen. Dazu gehörten sowohl pflanzliche Produkte als auch Fleisch. Mortler verwies darauf, daß 30 Prozent der Weltbevölkerung – die monatlich um 9 Millionen Menschen wachse – sich keine gesunde Ernährung mehr leisten könnten. Auch Biomasse, Land und Wasser würden immer knapper. Deshalb brauche die Agrarpolitik nicht nur modernste Technik, sondern vor allem motivierte Bauern und weniger Ideologie. Sie zitierte Friedrich Dürrenmatt mit dem Satz: „Ideologie ist Ordnung auf Kosten des Weiterdenkens.“

Ismail Ertug, Mitglied des Verkehrsausschusses, hob hervor, daß die Europäische Union nur so stark sei wie ihre Infrastruktur. Deshalb investiere sie in Straße, Schiene, Luft- und Schiffahrt. Die Transeuropäischen Netze seien die „Pulsadern der EU, auf denen wir Güter und Personen transportieren, wodurch sich der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt erhöht.“ Vor allem der grenzüberschreitende Personenverkehr per Eisenbahn, der für die europäische Einigung so wichtig sei, leide unter nationalstaatlichem Egoismus. Deshalb habe die Europäische Union den großen Schnellbahn-Korridoren eigene Koordinatoren gegeben, die diese Projekte gegenüber den Regierungen vorantreiben sollen: „Wir dürfen uns nicht allein auf die Einsicht der Mitgliedstaaten verlassen.“ Von besonderer Bedeutung für Bayern und Deutschland seien die Verbindung München-Prag über Schwandorf mit einem Lückenschluß nach Nürnberg sowie die Route über den Brennerzulauf und durch den Brenner-Basistunnel zu den norditalienischen Häfen im Süden. Hier mahnte Ertug mehr Tempo an. Der Abgeordnete plädierte für die Digitalisierung im Eisenbahn-Güterverkehr, der immer noch weitgehend von Zügen getragen werde, die mühsam per Hand zusammengekuppelt würden. Nur mit modernster Technik sei es möglich, den Verkehr, wie ökologisch, wirtschaftlich und sozial geboten, in nennenswertem Umfang von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

General a.D. Walter Spindler machte sich die Idee einer nicht nur gemeinsamen – also zwischenstaatlichen -, sondern gemeinschaftlichen – also teilweise supranationalen – Sicherheitspolitik ausdrücklich zu eigen. Diese sei ganzheitlich, also ressortübergreifend zu organisieren und müsse politisch-diplomatische, wirtschaftliche, soziale, kulturelle, ökologische, militärische, polizeiliche, verwaltungstechnische und humanitäre Aspekte gleichermaßen umfassen: „Grundsätzlich ist die EU für solche künftigen Herausforderungen gar nicht so schlecht aufgestellt.“ Sie sollte aber das Machtmittel Militär künftig „im erforderlichen Umfang aufweisen. Soft Power ist ja gut, aber wenn Ihnen ein Kampfpanzer gegenübersteht, sollten Sie vielleicht auch einen haben. Wir erleben gerade die Renaissance der Hard Power.“ Vor diesem Hintergrund müßten sowohl mehr Investitionen in die nationale Verteidigung getätigt als auch ein gemeinsamer europäischer Verteidigungshaushalt geschaffen werden. Die militärischen Fähigkeiten der Europäer könnten durch gemeinsame Beschaffungen wesentlich verbessert werden: „Wir haben in der EU 17 verschiedene Produktionslinien für Panzer und Schützenpanzer, die USA haben zwei. In der EU verfügen wir über 170 verschiedene Waffensysteme, in den USA gibt es im Vergleich nur gut 30.“ Spindler bekannte sich klar zu einer gemeinsamen Europa-Armee sowie zu einer Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie. Dabei dürfe auch nicht tabuisiert werden, die nukleare Abschreckung der EU zu überdenken. Nur ein auf allen Gebieten sicherheitspolitisch geeintes Europa werde sich als einer der fünf Machtpole neben den USA, China, Indien und Rußland behaupten können.

In seinem Einleitungsreferat zum Andechser Europatag entwickelte der Historiker Prof. Wilfried Loth aus der Geschichte der Europäischen Einigung Ideen für deren Zukunft. Er verglich den Integrationsprozeß seit dem Zweiten Weltkrieg mit der Echternacher Springprozession: „Zwei Schritte vor, einer zurück.“ So komme man letztlich doch weiter. Der Brexit markiere für ihn den Moment, an dem der Höhepunkt antieuropäischer Entwicklungen in zahlreichen Mitgliedstaaten überwunden wurde. Nationalisten wie Marine Le Pen in Frankreich oder die AfD in Deutschland trauten sich aufgrund der negativen Entwicklungen auf den britischen Inseln nicht mehr so laut vom EU-Austritt zu sprechen oder sich gegen den Euro zu wenden. Italiens neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni versuche inzwischen sogar, ihre antieuropäischen Wurzeln ganz vergessen zu machen, und bemühe sich, ein maßgebliches Element des europapolitischen Fortschritts zu sein. Dies müsse man nutzen, um Europa krisenfest zu machen. Loth setzte sich dafür ein, die Mittel zur Wahrung der Rechtstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten effizienter zu gestalten. Die verteidigungspolitische Fortentwicklung der EU werde wahrscheinlicher, wenn es zu einem erfolgreichen Ausgang des Ukrainekrieges komme. Der Historiker würdigte den Weitblick des Paneuropa-Gründers Richard Coudenhove-Kalergi, der schon vor 100 Jahren auf gefährliche Entwicklungen in Rußland hingewiesen und deutliche Zweifel an der Integrierbarkeit Großbritanniens geäußert habe.

Beim traditionellen Bühnengespräch im Klostergasthof brillierte der Lehrstuhlinhaber für Gastrosophie an der Universität Salzburg Prof. Peter Peter mit einem umfassenden Überblick über die reiche Küchenlandschaft Europas. Gastrosophie sei die Kulturwissenschaft der Küche. Sie handle von der „Weisheit des Magens“ – von der französischen Top-Sterneküche bis zur einfachsten regionalen Mahlzeit. In den letzten Jahren und Jahrzehnten habe sich die kulinarische Welt durch viele Ausdrücke, die man bisher nicht kannte, erweitert; auf der anderen Seite sei auch wertvolles kulinarisches Kulturgut in Vergessenheit geraten: „Im Münchner Hofbräuhaus hängen alte Speisekarten. Was findet man da für Süßwasserfische aus heimischen Gewässern! Ältere Kochbücher kennen die faszinierendsten Variationen traditioneller Speisen.“ Es gebe zwar keine „europäische“ nach dem Modell der Wiener Küche, die die verschiedenen Spezialitäten der Habsburgermonarchie in sich vereint habe, aber gemeinsame europäische Traditionen wie etwa das Essen mit Messer, Gabel und Löffel, das Tischtuch oder das Trinken aus Gläsern. Europa präge noch heute international den Küchendiskurs, es sei auch auf anderen Erdteilen nach wie vor eine kulinarische Großmacht: „Frankreich hat Kochschulen in Japan eröffnet und nicht umgekehrt“.

Christentum im europäischen Maschinenraum

Der neue Erzbischof von Belgrad, Ladislav Nemet, zelebrierte den Festgottesdienst in der Andechser Wallfahrtskirche. In seiner Predigt betonte er, daß Gott seine Schöpfung ständig fortsetze. „Gott ist kein Manager, der etwas tut und dann auf einen längeren Urlaub geht. Er ist auch nicht kleinkariert. Wenn wir proaktiv am Leben dran bleiben, dann zeigt er sich als Gott der Überraschung.“ In Anlehnung an das Evangelium der Auferweckung des Lazarus von den Toten sagte er: „Gott kann uns aus unseren persönlichen ‚Gräbern’ herausführen. Um diese zu erkennen, ist die Fastenzeit eine gute Zeit.“

Ein Diskussionsforum zur Relevanz des Christentums für ein sich einigendes Europa schloß den Europatag ab.

Manfred Weber, der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, nannte zunächst die Bedeutung des Christentums im „Maschinenraum“ der europäischen Politik: „Wenn es um Themen wie Subsidiarität, Solidarität, Personalität, Lebensschutz oder Grundsatzfragen geht, sieht man sehr schnell, daß christliches Denken eine große Relevanz hat.“ Der „European Way of Life“, den der ukrainische Staatspräsident Selenskij in seiner Rede vor dem Europaparlament 18mal erwähnte und der sich durch Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, das Verbot der Todesstrafe und die Soziale Marktwirtschaft auszeiche, trage „als Überschrift die Freiheit“. Christliche Basis hätte der Zugang zur Krankenversorgung, die Hilfe für die Dritte Welt oder der Einsatz gegen Abtreibung und Sterbehilfe, bei dem es darum gehe, „auch im Wissen um schwierige Fragen den Lebensschutz als Priorität hochzuhalten.“ Weber bedauerte die Verdrängung von Glauben und Religion ins Private: „Vielleicht ist es die große Aufgabe, die wir haben, daß der Glaubensbezug wieder Teil der öffentlichen Debatte wird – daß wir offen sagen, ich bin Christ, ich bin Katholik und ich sehe Ostern als großes Geschenk. Wenn das Christentum für Europa Relevanz hat, dann müssen wir raus, dann müssen wir dafür werben und ein persönliches Glaubenszeugnis dafür ablegen.“

Erzbischof Nemet sah in der westlichen Christenheit „viele Probleme und wenig Lösungen“. Die Kontinentalsynode in Prag habe eine Spaltung zwischen „zwei total verschiedenen Ideen“ gezeigt; es gebe aber eine andere Spaltung zwischen Katholiken und Protestanten auf der einen und den Orthodoxen auf der anderen Seite. Der Ukrainekrieg habe klar gezeigt, „daß Kirche Völker zusammenbringen oder voneinander entfernen kann.“ Hier gebe es in der russischen und der ukrainischen Orthodoxie zwei gegensätzliche nationale Auffassungen zur historischen Taufe der Kiewer Rus. Wichtig sei es nicht zu vergessen, daß „wir neben anderen Werten unsere Liebe haben. Wir können auch Solidarität dazu sagen.“ Dazu gehöre es, sich um die Armen, Alten und Einsamen zu kümmern, was aufgrund der demographischen Verschiebungen in den nächsten 10 Jahren ein zentrales Problem werde, aber auch, nicht aufzugeben, um den Frieden zu beten und auch ungewöhnliche Wege zum Frieden zu suchen.

Prof. Ingeborg Gabriel vom Institut für Sozialethik der Universität Wien merkte an, die Jugendlichen ihrer christlich-islamischen Sommertreffen hätten „Europa immer als christlich gesehen. Die Außenperspektive relativiert scheinbar die inneren Unterschiede.“ In Anlehnung an den Religionsforscher Olivier Roy warf sie aber die Frage auf, warum die Kirche sich aus den großen sozialethischen Debatten zurückgezogen habe und die Christenheit höchstes noch „in kleineren Gruppen in der Demonstration gegen die Homosexuellenehe“ in Erscheinung trete. Während eines zweijährigen UNO-Aufenthalts in der Äußeren Mongolei habe sie vor ihrem Fenster eine in ihrer religiösen Terminologie erstaunliche Aufschrift gehabt: „Die unsterblichen Gedanken Lenins werden ewig leben.“ Das Erlebnis der „erdrückenden Leere, die der Säkularismus hinterlassen hat“, sei für sie der Auslöser zum Theologiestudium geworden. Gestern habe sie hier in Andechs eine Taufe beobachtet, was ihr wieder zeigte, „wie vielen Menschen in der Kirche ein Obdach für die Seele gegeben wird.“ Die christlichen Kirchen seien immer noch die größten Zivilorganisationen und ein entscheidendes kulturelles Fundament. „Deshalb treten auch viele, die nicht an alles glauben oder diffusen Vorstellungen von vielem haben, nicht aus der Kirche aus.“

Marian Offman von der jüdischen Gemeinde München und Oberbayern als Beauftragter der Landeshauptstadt für den Interreligiösen Dialog sagte zur Relevanz des Christentums zunächst einmal Nein, um dann zu präzisieren: Dem Christentum komme gemeinsam mit den anderen Religionen große Relevanz zu, „denn wenn wir als Religionen insgesamt uns einigen, gibt dies einer Großstadtgesellschaft wie München, aber auch Europa insgesamt Frieden und Stabilität.“ Er stellte ein Projekt vor, bei dem die verschiedenen Glaubensrichtungen in München miteinander Grundsätze für eine Gemeinsame Erklärung erarbeiten, die eine wertvolle Basis für das Zusammenleben sein sollen. Inspiriert von der Andechser Debatte entwickelte er spontan die Idee, den bislang formulierten Punkten das Thema Europa hinzuzufügen. Besonders erfreut zeigte er sich, daß die Münchener Muslime im Rahmen ihrer Gespräche sich dezidiert gegen jede Form des Antisemitismus in ihren Reihen positioniert hätten. Nicht ohne Stolz vermerkte er, daß es ihm als Juden umgekehrt gelungen sei, jungen Muslimen Räume für das Freitagsgebet zur Verfügung zu stellen, die ihnen bislang gefehlt hätten.

Der Verfassungsrechtler Dirk Voß, der auch Vizepräsident der internationalen Paneuropa-Union ist, beschäftigte sich mit dem „Recht des Anderen auf eine vermeintlich falsche Meinung. Für den einen ist der Klimaschutz eine Priorität, für den anderen die Vermeidung von Armut oder die Bekämpfung von Wohnungsnot.“ Um einen gemeinsamen Staat aufzubauen, „können wir uns nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen, sondern müssen Kompromisse machen.“ Toleranz bedeute nicht „egal“, sondern: „Du denkst anders – wie kann ich dich trotzdem verstehen?“ Das Fundament Europas sei eine aufgeklärte Erinnerung an traditionsreiche Werte und Quelle unserer Identität – „Das hat etwas mit den christlichen Kirchen zu tun, auch mit Nation, Nationalität, Rationalität und Wissen.“ Europa sei nicht Europa, wenn es nicht gegenüber der Welt offen sei – dazu müsse es aber selbst wissen, wo es stehe: „Ohne Herkunft keine Zukunft“.

Prof. Davor Džalto, Ikonenmaler und serbisch-orthodoxer Theologe an der Universität Stockholm, mahnte eine Unterscheidung zwischen den institutionellen Kirchen und dem mystischen Christentum an. „Es gibt viele verschiedene Ideen und Positionen, was Orthodoxie ist, wie auch in der katholischen Kirche. Was wir von Patriarch Kyrill hören können, ist für mich nicht Orthodoxie.“ Seit der Aufklärung werde zwischen den Religionen und der politischen Sphäre unterschieden. Džalto zitierte Jean-Jacques Rousseau mit seiner Idee von der „Zivilreligion“, die meist nur ein säkularer Religionsersatz sei: „Unsere Gesellschaften brauchen eine Art Religion oder Ideologie, um zusammenzuhalten.“ Es sei oftmals ein mystifizierter Nationalstaat oder auch die Ideologie des Nationalismus, die an die Stelle des transzendentalen Glaubens an Gott trete. Es gelte die Frage zu diskutieren: „Was für ein Europa wollen wir sehen?“ Wichtig sei es, auf geistiger und religiöser Grundlage, die offen und vielfältig sein müsse, in Europa eine unabhängige Politik zu konstituieren.

Prof. Enver Hoxhaj, Vizepräsident des kosovarischen Parlamentes, berichtete vom Aufbau des seines Landes zu einem demokratischen, säkularen und multiethnischen Staat. Die Mehrheit der Kosovaren seien Muslime, trotzdem sei die katholische Kirche sehr relevant; die serbisch-orthodoxe Kirche wiederum habe eine zentrale Rolle im multiethnischen Bereich. Hoxhaj ging auf die Errungenschaften des deutsch-französischen Elysée-Vertrages von 1963 ein, der die Versöhnung von Frankreich und Deutschland betrieben habe. Dieser zeige, „wie die EU Religion vermittelt in Fragen, die mit Ethnizität und Frieden zu tun haben.“ Das Friedensprojekt EU sei eine Hoffnung in den sehr mühsamen Versuchen, mit Serbien zu einer Einigung zu kommen. Die anfängliche Erwartung, daß der Ukrainekrieg zu einem „geopolitischen Erwachen“ der EU in Sachen Balkan führen würde, habe sich wieder verflüchtigt. Bei der südosteuropäischen Jugend schlage sich das in illiberaler Verhärtung nieder. Hoxhaj verlieh seiner Besorgnis Ausdruck: “Ich war ziemlich lang Außenminister, und ich habe vor 20 Jahren die Bücher von Rußlands Staatsphilosoph Dugin gelesen. Ich habe Angst, daß die EU nicht imstande ist, schlimme Entwicklungen in unserer Region zu stoppen.“

Bericht und weitere Informationen: www.paneuropa.org

Fotos: Johannes Kijas (JK) bzw. Gerhard Hermann (GH).

(JK) 20230325_113431.jpg: Der Historiker Prof. Wilfried Loth.

 

(JK) 20230325_134657.jpg: V.l.n.r. Die ehemalige Abgeordnete Saranda Musliu aus dem Kosovo, Bernd Posselt, der Vizepräsident des Parlamentes von Kosovo, Enver Hoxhaj, und der Bundesvorsitzende der Paneuropa-Jugend Deutschland, Christian Hoferer.

 

(JK) 20230325_111708.jpg: Blick in den Saal.

 

(JK) 20230325_135326.jpg: Marlene Mortler MdEP.

 

(GH) IMG_20230325_150346.jpg: Ismail Ertug MdB

 

(JK) 20230325_164236.jpg: General a.D. Walter Spindler.

 

(GH) IMG_20230325_112151.jpg: Bernd Posselt.

 

(JK) 20230325_195823.jpg: Andechser Bühnengespräch: Bernd Posselt interviewt den Gastrosophen Prof. Peter Peter.

 

(JK) 20230326_093408.jpg: Gottesdienst in der Wallfahrtskirche.

 

(JK) 20230326_094152.jpg: Erzbischof Nemet bei der Predigt.

 

(JK) 20230326_124005.jpg: Podium v.l.n.r.: Prof. Ingeborg Gabriel, Erzbischof Ladislav Nemet, Dirk Voß, Manfred Weber MdEP, Marian Offman, Prof. Davor Džalto und Prof. Enver Hoxhaj.

 

(GH) IMG_20230326_113591.jpg: Manfred Weber MdEP.

 

(GH) IMG_20230326_091739.jpg: Alpenblick in Andechs.

 

(JK) 20230325_160654.jpg: Paneuropa-Debatte: v.l.n.r. Dirk Voß, Stephanie Waldburg und Bernd Posselt

 

 

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Christina Rechl

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