Die überparteiliche Paneuropa-Union Deutschland als bereits in den 1920er Jahren gegründete älteste europäische Einigungsbewegung veranstaltete in der ersten Woche, in der dies nach Rückgang der Pandemie wieder möglich war, ihren Jahreskongreß, die 46. Paneuropa-Tage. Die internationale Tagung verteilte sich mit Kundgebungen und Gottesdiensten auf vier Orte in der grenzüberschreitenden Euregio Egrensis: das oberfränkische Hof, das oberpfälzische Waldsassen und zwei böhmische Städte, Eger (Cheb) und Franzensbad (Františkovy Lázně).
Der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, Bernd Posselt, nannte vor den Teilnehmern aus ganz Europa den Nationalismus in Anlehnung an ein Zitat von Otto von Habsburg „eine schwere politische Geisteskrankheit“. Noch gefährlicher als Nationalisten seien aber Pseudo-Europäer, „die vom Vereinten Europa reden und nichts anderes meinen als intergouvernementale Zusammenarbeit.“ Deren Schwächen hätten die Europäer gerade zu spüren bekommen: „Bei Schönwetter kooperieren die Nationalstaaten miteinander; wird es stürmisch, kappen die National-Egoisten in den Hauptstädten einfach die Verbindung, und der ins Gras beißt, ist der Kleine.“ Die EU sei nicht einfach ein Nebeneinander von Ländern, sondern eine starke Rechtsgemeinschaft, „die auf einer gemeinsamen Kultur gründet, welche schon tausend Jahre lang existiert hat, bevor der erste Nationalstaat entstand.“
Die Bayerische Verfassung gehe vom bayerischen Volk aus, das deutsche Grundgesetz vom deutschen. Diesen Widerspruch aufzulösen nenne man Föderalismus: „Warum soll es dann nicht auch noch ein gemeinsames europäisches Staatsvolk als dritte Ebene geben?“ Posselt kritisierte in diesem Zusammenhang jüngste Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die der EU langfristig jeden Staatscharakter absprechen wollten: „Nach diesem Verständnis ist das Bundesland Bremen ein Staat, die supranationale europäische Demokratie hingegen nicht. Dabei haben sowohl der Deutsche Bundestag als auch der Bayerische Landtag kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einstimmig, lediglich gegen das Votum der Kommunisten, die Verantwortlichen mit der Errichtung einer europäischen Föderation beauftragt. So etwas geht klarerweise nicht schnell, aber jetzt ist es höchste Zeit, eine Art Vereinigter Staaten von Europa als starke Solidargemeinschaft mit integrierter Außen- und Sicherheitspolitik und Mehrheitsentscheidungen in allen Institutionen zu errichten.“ Finde die EU nicht bald zu dieser Form von Handlungsfähigkeit, werde die „herrliche und reiche europäische Kultur mitsamt unserem europäischen Lebensmodell einfach von der Bildfläche verschwinden.“
Posselt kritisierte den ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus, einen Freund und Förderer der AfD, der die europäischen Gemeinschaftsorgane abschaffen wolle: „In einem Europa des Ellenbogens würde sich zunächst der Stärkere durchsetzen, sich aber letztlich selbst damit schaden. Die EU macht den Größeren kleiner und den Kleineren größer, was im Interesse aller ist.“
Der Vorsitzende der stärksten Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (EVP), forderte klare Konsequenzen aus den Krisen der letzten Jahre, insbesondere auch aus der Corona-Krise: „Wir haben in den Abgrund von Nationalismus geblickt!“ Plötzlich seien in den verschiedenen Mitgliedstaaten die Kräfte zurück gewesen, „die meinten, allein schaffen wir das am besten, machen wir schnell die Grenzen zu.“ Der Bürgermeister von Bayerisch Eisenstein habe ihm Eindrücke aus dieser Zeit geschildert: „Da waren nicht nur Polizisten, sondern plötzlich auch Militär an der Grenze – ein schlimmes Gefühl.“ Für die Menschen sei spürbar geworden, daß die in Jahrzehnten mühsam erarbeitete europäische Einheit „viel fragiler ist, als manche glauben.“ Die Antwort darauf müsse Solidarität heißen. Deshalb sei das 750-Milliarden-Finanzpaket, das derzeit im Europäischen Rat verhandelt werde, unverzichtbar: „Wenn schon die erste gesundheitspolitische Phase nach Ausbruch der Pandemie nicht recht gelungen war, müssen wir zumindest jetzt beim Wiederaufbau zusammenstehen.“ Das Europäische Parlament wolle die Mittelverwendung allerdings demokratisch und streng kontrollieren, da diese für die Zukunft Europas investiert werden sollten und nicht zur Schuldendeckung der Vergangenheit. Der CSU-Politiker warnte allerdings davor, sich angesichts dieser vielen Aufgaben in reine Alltagspolitik zu verstricken. Es gelte sich an Gründerpersönlichkeiten der europäischen Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg wie Robert Schuman zu orientieren: Sie mußten in einem total zerstörten und verarmten Europa voller Vertriebener und Flüchtlinge anpacken. Damit hätten sie zwar genug zu tun gehabt, entwickelten aber darüber hinaus ein europäisches Leitbild für die Zukunft! Ein solches auch heute wieder zum Leuchten zu bringen, sei die Aufgabe „meiner Paneuropa-Union als Bannerträger der europäischen Idee.“
Kroatiens Außenminister Gordan Grlić Radman erzählte, daß er innerhalb weniger Tage zum zweiten Mal in Deutschland sei: „Zuerst war ich in Berlin, um an meinen Kollegen Heiko Maas den Stab der EU-Ratspräsidentschaft weiterzugeben – und jetzt bin ich auf Einladung meines Freundes Bernd Posselt zu Gast bei der Paneuropa-Union Deutschland.“ Diese habe sich seit Jahrzehnten nicht nur für ein starkes und demokratisches Europa eingesetzt, sondern auch für die Freiheit und die EU-Mitgliedschaft seines Landes. Der Ratsvorsitz Kroatiens im ersten Halbjahr sei zwar im Schatten der Pandemie gestanden, aber voller ungeahnter Herausforderungen gewesen: „So mußten wir über 650 000 EU-Bürger von anderen Kontinenten unter schwierigsten Umständen wieder in die Heimat zurückführen.“ Ein wichtiger politischer Erfolg für die Stabilisierung und dauerhafte Sicherung Europas sei der Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, den die kroatische Präsidentschaft erreicht habe. Die Tore für ein reformiertes Südosteuropa seien weit offen, weil dies im Interesse aller Europäer liege. Grlić Radman plädierte vor dem Hintergrund der weltpolitischen Lage „für mehr Europa und nicht für Rückzug. Ich glaube an ein solidarisches Europa, das stark durch seine Werte ist; vor allem aber glaube ich an die Europäer.“
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag Volkmar Halbleib beschwor die Leistungen bedeutender sozialdemokratischer Europäer nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, die die Weichen für ein starkes Europa gestellt hätten. Er nannte vor allem den Schlesier Paul Löbe, den großen Reichstagspräsidenten der Weimarer Republik und ersten Präsidenten der Paneuropa-Union Deutschland; den früheren deutschen Bundeskanzler Willy Brandt und den letzten Vorsitzenden der Sudetendeutschen Sozialdemokratie vor der nationalsozialistischen Besetzung der sudetendeutschen Gebiete, Wenzel Jaksch. Heute gelte es in dieser Tradition an einem Europäischen Volksgruppen- und Minderheitenrecht zu arbeiten, das den vielen Nationalitäten Europas ihre Freiheit und Eigenart in einer größeren Gemeinschaft sichere sowie jeden Nationalismus und Rassismus in die Schranken verweise. Halbleib sprach sich für eine europäische Erinnerungskultur aus, die sowohl die nationalsozialistischen Verbrechen aufarbeite als auch ohne Scheu die Massenvertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg beim Namen nenne: „Wir erwarten von unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarn, daß sie sich dem Unrecht der Vertreibung stellen.“
Halbleib dankte Bernd Posselt, „daß er die Tagung trotz der nach wie vor großen Einschränkungen gerade zum jetzigen frühen Zeitpunkt einberufen hat. Das ist ein mutiges, wichtiges Zeichen der Zuversicht.“ Dies treffe auch auf das Motto „Nach der Krise – neue Kraft für Europa“ zu. Der SPD-Politiker definierte dazu drei „Kraftquellen“: Europa als Wertegemeinschaft, als Friedensgemeinschaft und als sozialstaatliche Gemeinschaft.
In einer flammenden Rede wies die oberfränkische CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier auf die außenpolitischen Schwachstellen der Europäischen Union hin. Es genüge nicht, Mächte wie China oder Rußland mit durchaus zutreffenden Argumenten für unmoralisch zu erklären und sich selbst für moralisch. Das Leben sei kein James-Bond-Film, in dem ein Einzelnerdie Welt retten könne. Die EU müsse, um etwas zu bewirken, machtpolitisch auf Augenhöhe mit anderen umgehen und verhandeln können. Auch für die europäisch-amerikanischen Beziehungen sei dies vonnöten: „Die Amerikaner waren immer unsere Freunde, aber jetzt knirscht es.“ Wer auf Dauer in Europa Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit sichern wolle, müsse vor allem in Forschung und Technologie investieren und innovative Betriebe wie den Airbus stärken. Deshalb befürworte auch sie das umfangreiche Wiederaufbauprogramm, das die EU-Kommission für die europäische Wirtschaft vorgelegt habe, werde jedoch als Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses im Europäischen Parlament dafür sorgen, daß es bei der Verwendung dieser Gelder nicht zu Ineffizienz und Verschwendung komme. Mit Blick auf oligarchische Entwicklungen in etlichen EU-Mitgliedstaaten bezeichnete sie die Rechtstaatlichkeit als grundlegendes Kriterium für alle politischen und finanziellen Aktivitäten der Europäischen Institutionen, die sich nicht als Geldautomaten für Regierungen, die ihre Macht mißbrauchen, hergeben dürften.
Der ehemalige tschechische Kulturminister Daniel Herman, ein Vorkämpfer der tschechisch-deutschen Verständigung und Versöhnung, bezeichnete die Fähigkeit zum Dialog als „zentral für Europa“. Ohne echte Begegnung zwischen den Menschen „wäre die heutige EU nicht aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges entstanden.“ Herman, ein tschechischer Christdemokrat mit deutschen und jüdischen Wurzeln, warf die Frage auf, wie es möglich war, daß der „Holocaust sowie die anschließende Rache der Sieger, die auch in der Vertreibung der Deutschen aus Böhmen, Mähren, Schlesien und aus anderen Ländern ihren Ausdruck fand, geschehen konnte.“ Diese Frage sei wichtig, weil man sich nicht dessen sicher sein könne, daß solche menschenverachtenden Ideen heute nicht mehr lebendig seien: „Das gefährliche Prinzip, das diese furchtbaren Taten ermöglichte, wurde auf der Fiktion der Kollektivschuld auf der Basis der ethischen Herkunft aufgebaut … Dieses Prinzip ist aus Haß entstanden und wurde durch die Überzeugung verstärkt, daß man den freien Menschen auf seine Ethnizität, Religiosität, auf eine Rasse oder Klasse reduzieren kann.“ Die Europäer dürften die „Chance nicht vergeuden … stetig an unserer gemeinsamen europäischen Heimat weiterzubauen.“ Dazu müsse „auf die judeochristlichen, biblischen Werte hingewiesen werden, die unsere Kultur über Jahrhunderte geprägt und gestaltet haben. Heute ist es mehr denn je unsere Pflicht, diese Werte nicht nur zu pflegen, sondern auch zu leben.“
Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Hans-Peter Friedrich würdigte die neue Bedeutung der Europapolitik in der deutschen Öffentlichkeit durch Manfred Weber: „Mit dir hat Europa jetzt bei uns ein Gesicht. Du bist kein Bürokrat oder Funktionär, sondern ein begeisterter, bürgernaher Politiker, der für dieses Europa eintritt.“ Als Wertegemeinschaft baue die EU auf einem in mehr als tausend Jahren gewachsenen Kulturraum auf, wie die Paneuropa-Union auf einzigartige Weise immer wieder deutlich mache. Es gebe aber inzwischen Kräfte, auch in Parlamenten, die behaupteten, sie seien zwar für Europa, aber nicht für dieses, und die EU ablehnten. Diese sei jedoch die einzige Institution, „die die Kraft und das Durchsetzungsvermögen und das politische Gewicht hat, um unseren Kontinent zu einigen. Wer an der EU etwas zu kritisieren hat, muß eben bessere Vorschläge machen und sie in einem – oftmals sehr mühsamen – demokratischen Prozeß durchsetzen.“ Wer das geeinte Europa aber zerstören wolle, sei „entweder ein politischer Trickbetrüger oder noch nicht angekommen im 21. Jahrhundert.“ Heute gehe es nicht mehr darum, „welche europäische Nation die Nase vorn hat“. Die Frage sei vielmehr, wie zu verhindern sei, daß „unser Kontinent in der Dualität und Rivalität zwischen den USA und China am Rand steht, zerrieben wird und in Bedeutungslosigkeit verschwindet.“
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler schilderte die Diskrepanz zwischen seinen Spaziergängen als gelangweilter Jugendlicher vor 1989 mit den Eltern im Bayerischen Wald, wo ihn plötzlich das Grenzschild „Wer weitergeht, wird erschossen“ am Stacheldraht aufgerüttelt habe, und dem heutigen Zusammenwachsen im Herzen Europas. Heute seien die Grenzen offen, Bayern verfüge über eine eigene Vertretung in Prag und habe eine gemeinsame Landesausstellung mit der Tschechischen Republik über Kaiser Karl IV. durchgeführt. 2023 solle eine weitere, von vielen Veranstaltungen begleitete über den bayerischen und böhmischen Barock folgen. Der Freistaat sei nicht nur geographisch die europäische Mitte, sondern auch kulturell: „Hier haben Kelten, Slawen und Germanen gelebt, hier sind nach dem Zweiten Weltkrieg Millionen von Vertriebenen und Flüchtlingen angekommen. Sie haben dem Agrarland einen neuen Arbeitsethos geschenkt und es industrialisiert.“ Daß Bayern heute industriell, kulturell und wissenschaftlich prägend sei, hänge auch mit der Fähigkeit zusammen, verschiedene Impulse aufzunehmen und als kreative neue Kraft wirksam werden zu lassen. Der Niederbayer appellierte an seinen engeren Landsmann Manfred Weber, sich weiterhin für den europäischen Jugendaustausch einzusetzen, insbesondere durch Programme wie ERASMUS und COMENIUS sowie durch die Ermöglichung günstiger Interrail-Reisen.
„Abschotten, abriegeln, einkapseln – wir wissen, was es bedeutet, wenn Menschen auf Distanz gehen“, begann die Hofer Bürgermeisterin Angela Bier ihr Grußwort. Die in den letzten Monaten erlebten Grenzschließungen hätten Erinnerungen an den Eisernen Vorhang geweckt, „der längst beseitigt ist. Aber das Leid, das er verursacht hat, darf nicht vergessen werden.“ An den Orten der Paneuropa-Tage, in Hof, Waldsassen, Eger und Franzensbad, „haben wir jahrzehntelang mit Stacheldraht und Minenfeldern leben müssen.“ Aber die Menschen hätten nicht aufgegeben und die Trennung überwunden: „Hof lag an einer Nahtstelle; heute hat es eine Brückenfunktion. Wir arbeiten täglich im Sinne des Wertekanons, der das Europa des Friedens auszeichnet.“ Deshalb freue es sie, daß die Tagung in Zusammenarbeit mit der tschechischen Partnerorganisation stattfinde, und sie hoffe, daß diese internationale Begegnung dazu beitrage, „die Europäische Einigung durch entscheidende Schritte voranzubringen“, so Angela Bier, die auch die Grüße von Oberbürgermeisterin Eva Döhla überbrachte.
Der Präsident der mitveranstaltenden Tschechischen Paneuropa-Union, Marian Švejda, begann seine Ausführungen mit einem alten Prager Witz: Der Schneider Blumenfeld soll eine Hose für Herrn Kohn nähen. Als sie nach einem halben Jahr noch nicht fertig ist, sagt Herr Kohn: „Gott hat die Welt in sechs Tagen geschaffen, und Sie sind nicht in der Lage, eine Hose in sechs Monaten fertig zu machen?“ Darauf Herr Blumenfeld: „No ja, aber sehen Sie mal, wie die Hose aussieht und wie die Welt!“ – Die Welt heute sei gezeichnet von Pandemie, Angst und wirtschaftlicher Unsicherheit, der teils mit „eher ratlosen Entwürfen“, teils mit nationalem Populismus begegnet werde. Eine tschechische Umfrage vor kurzem habe ergeben, daß die Hälfte der Befragten bereit sei, zugunsten einer festen Regierung einige Freiheiten und „checks and balances“ eines demokratischen Systems aufzugeben. So müsse man „einem gefährlichen Gegner standhalten, obwohl wir die besten Hosen der europäischen Vereinigung schneidern wollen. Aber wie fest die Nähte sein sollen und wie diese Hose eigentlich aussehen soll, wissen nur sehr wenige politische Vertreter.“ In dieser Situation bekenne sich die tschechische Paneuropa-Union zu den Entwürfen von Richard Coudenhove-Kalergi und Otto von Habsburg, aus denen eine moderne paneuropäische Vision entwickelt werden müsse. Gegen die europafeindlichen Kräfte, die ein Versagen des europäischen Projektes propagieren, gelte es darauf zu bestehen, daß der richtige Weg nur „mehr Europa“ sein könne.
Der Landesvorsitzende der Paneuropa-Union Bayern, Dirk Hermann Voß, schlug in dieselbe Kerbe, indem er den anwesenden Politikern die nach 50 Jahren neu aufgelegten Memoiren von Richard Coudenhove-Kalergi „Ein Leben für Europa“ als Bettlektüre empfahl: „Wenn Sie einmal verzweifelt sind über Europa: Die Paneuropa-Union ist Spezialist für die Überwindung politischer Krisen.“ Als Privatmann ohne jedes Mandat habe Coudenhove seine Idee „durch dick und dünn weiterverfolgt“ und große Staatsleute von Stresemann und Briand über Paul Löbe und Charles de Gaulle bis zu Franz Josef Strauß und Bruno Kreisky dafür gewonnen. Srauß habe in den sechziger Jahren, als Finanzminister, geschrieben, es sei von strategischer Bedeutung, Griechenland in die EU aufzunehmen, und um das zu finanzieren, solle man notfalls die deutsche Mehrwertssteuer erhöhen. Egal welche Krise die EU schüttele – „heute, wo Amerika sich verabschiedet, muß Europa diesen Platz füllen. Das ist die Hoffnung für Menschen in Afrika und Asien.“ Vereinigte Staaten von Europa seien, „was die Welt dringend braucht.“ Deshalb zeigte sich Voß dankbar für Politiker wie Manfred Weber und warnte heftig vor „Nazis in Smoking und in feinem Zwirn“, von denen man wie zu Weimarer Zeiten denke, man könne sie „schon mit reinnehmen“: „Nein! Sie haben ein zerstörerisches Werk vor Augen, das sie unerbittlich verfolgen“.
Die Festliche Eröffnung am Freitag Abend wurde von Bundesgeschäftsführer Johannes Kijas moderiert, der die Tagung für etwa 150 Teilnehmer unter erschwerten Corona-Bedingungen organisiert hatte. Das „Egerländer Dudelsackduo“ Tomáš Spurný und Carina Kaltenbach lockerte die Atmosphäre mit flotten Liedern in Egerländer Mundart und tschechischer Sprache auf. Die Hauptkundgebung am Samstag Vormittag leitete der Bundesvorsitzende der Paneuropa-Jugend, Franziskus Posselt. Ein Bläsertrio des Westböhmischen Symphonieorchesters unter seinem Direktor Milan Muzikář belebte die Zwischenräume mit Stücken aus Dvořáks Böhmischen Tänzen und Smetanas „Moldau“.
Außer den politischen Kundgebungen gehörten zum Programm der Paneuropa-Tage zwei Symposien. Beim einen diskutierten die Installationskünstlerin Brigitte Hadlich, der Demokratiephilosoph Pavo Barišić, ehemaliger kroatische Wissenschaftsminister und heutiger Dekan der Fakultät für Kroatische Studien in Zagreb, die Studiendirektorin Angelika Neumayer, erprobte Lehrerin und Europa-Vermittlerin des Ignaz-Taschner Gymnasiums, und der Referatsleiter für internationale Bildungszusammenarbeit im Bayerischen Kultusministerium Werner Karg, gekonnt interviewt von der stellvertretenden Vorsitzenden der Paneuropa-Jugend Gentiana Krasniqi, über das Thema „Europa bilden – Kultur als Startbahn der Zukunft“. Das zweite Symposium befaßte sich mit der „Euregio – Schicksalsgemeinschaft jenseits des Nationalstaats“, der bayerische PEJ-Landesvorsitzende Christian Hoferer führte durch die Beiträge der Alt-Oberbürgermeisterin von Marktredwitz und Präsidentin der Euregio Egrensis Bayern Dr. Birgit Seelbinder, des Vorsitzenden des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums und ehemaligen Vizepräsidenten des Europaparlamentes Libor Rouček, der oberfränkischen Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz und der jungen Politologin, Unternehmerin und grenzüberschreitenden Verkehrs-Aktivistin Eva Meidinger.
Weitere Höhepunkte der Paneuropa-Tage waren ein katholischer Gottesdienst in der Stiftsbasilika Waldsassen sowie ein evangelischer in der Michaeliskirche in Hof, die feierliche Übergabe einer Paneuropa-Fahne an die Stadt Eger auf den Stufen ihres historischen Rathauses sowie ein Begegnungsabend im großen Saal des unter Kaiser Franz II. errichteten Casinos von Franzensbad, bei dem acht tschechische und deutsche Persönlichkeiten, die sich besondere Verdienste um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erworben haben, geehrt wurden.
Bericht: Paneuropa-Union Deutschland
Fotos: Egon Lippert – www.lippert-egon.de