Leitartikel

400 Jahre Schiffleute – Bgm.-Grußwort und erste Bilder

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

Ein großes Jubiläum wird in diesem Jahr in Neubeuern am Inn gefeiert: 400 Jahre Schiffleuteverein. Einer der Höhepunkte im Jubiläumsjahr ist der Festgottesdienst und der Festtag am Sonntag, 22. Mai auf dem Neubeurer Marktplatz. Hierzu das Grußwort von Bürgermeister Christoph Schneider und erste Bilder: 

400 Jahre Neubeurer Schiffleutbruderschaft – Grußworte des 1. Bürgermeisters von Neubeuern, Christoph Schneider

Sehr verehrte Juliane Tiefenmooser, werte Vorstandschaft der Schiffleutbruderschaft, sehr verehrter Landrat Lederer, liebe Gäste aus Nah und Fern,

es erfüllt mich mit besonderem Stolz, dass ich Sie heute nicht nur als Bürgermeister, sondern auch als Schirmherr dieses großen Jubiläums am Neubeurer Marktplatz aufs Herzlichste begrüßen darf. Der Herrgott hat es wieder einmal bestens mit unserer Gemeinde gemeint und lässt den Marktplatz einmal mehr außerordentlich prächtig erscheinen. Eine würdige Kulisse für diese besondere Veranstaltung. Ein 400-jähriges Jubiläum feiert man sicher nicht oft und so nimmt die heutige Feierlichkeit nach der 1200 Jahrfeier der Gemeinde und dem 600. Jubiläum zur Verleihung des Marktrechts, welche 1993 begangen wurde, in der Historie unseres Dorfes einen Spitzenrang ein. Keine Institution, kein Verein mit Ausnahme der Gemeinde selbst und der kirchlichen Organisationen dürfte älter als die Schiffleutbruderschaft sein und dazu darf ich zunächst allen Personen, die sich der Innschifffahrt und unserer Bruderschaft verbunden fühlen, herzlich gratulieren. Dies natürlich auch im Namen aller Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und unserer Angestellten der Gemeinde, die sich bei der Vorbereitung zu diesem Festsonntag alle sehr gerne eingebracht haben.

Ein Jubiläum beziehungsweise ein Geburtstag ist oft Anlass auf etwas zurückzublicken, Geschehnisse aufzuarbeiten und zu rekonstruieren, in Erinnerungen zu schwelgen und auf positive, aber auch negative Ereignisse zurückzublicken. Ich denke, dass wir heute, aber auch an den weiteren Veranstaltungen, die in nächster Zeit folgen, ausreichend Gelegenheit haben werden uns mit der Geschichte der Innschifffahrt auseinanderzusetzen. Neben den zahlreich geplanten Aktionen im Rahmen dieses Festtags gibt es ja noch weitere Möglichkeiten sich geschichtlich mit der Innschiffahrt zu befassen, etwa im Schiffleutmuseum im Haus für Kunst und Kultur (im Volksmund Schwirtlich Haus genannt), welches vor kurzem neu eingerichtet wurde, aber auch in der Ortschronik von Dr. Josef Bernrieder, welcher sich in einem separaten Kapitel der Innschiffahrt widmet, und nicht zuletzt natürlich in den vielen Gesprächen im Rahmen der Veranstaltungen, die wir im Jahr 2022 gemeinsam feiern und begehen dürfen.

400 Jahre Neubeurer Schiffleutbruderschaft – Festsonntag: Bürgermeister Christoph Schneider (rechts) überbringt Grußworte, Zweiter Bürgermeister Wofgang Sattelberger und Juliane Tiefenmooser (Vorstand der Schiffleut) links.

Als erster Bürgermeister und Schirmherr des Jubiläums möchte ich in meiner Ansprache aber weniger auf die Geschichte der Bruderschaft eingehen – das können viele andere Personen im Ort um einiges besser und bewandter darstellen– sondern die Frage aufwerfen, was wir alle miteinander – egal ob im privaten Umfeld, in unserem beruflichen Handeln oder auch in unserer gesellschaftlichen Verantwortung – von der Schiffleutbruderschaft lernen und aus deren Historie für uns ableiten können. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir viel vom Erbe der Schiffleute und vor allem auch der Institution der Bruderschaft mitnehmen können. Gerade in diesen Zeiten, die doch von viel Unsicherheit, komplexen Herausforderungen und Fragestellungen geprägt sind, kann ich persönlich einiges für mich mitnehmen.

Die Schiffleutbruderschaft Neubeuern fußt im Wesentlichen und das ist im historischen Bruderschaftsbrief mit Satzung herauszulesen, auf zwei maßgeblichen Wertvorstellungen: 1. ist das der christliche Glaube, welche Werte beinhaltet wie Gerechtigkeit und Uneigennützigkeit, aber auch das Vertrauen auf Gott und das Vertrauen zueinander  und 2. ist es die Sozialität als Hinterbliebenenversicherung mehr als 250 Jahre vor den Reformen Bismarcks, der ja ein allgemeines Sozialversicherungssystem durch den Staat in 1889 einführte.

Bürgermeister Christph Schneider (links) und Zweiter Bürgermeister Wolfgang Sattelberger (rechts) überreichen den Vereinschefs Juliane Tiefenmooser und Georg Wachinger das Modell eines Schiffs für das neue Museum.

Diese eben genannten Werte sind in den letzten Jahren in einem Teil unserer Bevölkerung leider etwas verloren gegangen. Das ist nicht als Vorwurf zu verstehen, unser enormer Wohlstand, welcher jeder für sich natürlich verteidigen will, gepaart mit unglücklichen Ereignissen wie der Corona-Pandemie und nun auch diesem abscheulichen Krieg führen uns in Unsicherheiten ja gar Angst, die es in der nächsten Zeit abzubauen gilt, um zuversichtlicher in die Zukunft zu blicken. In unserem sehr gestressten Alltag, geprägt von Leitlinien wie „höher, schneller, weiter“, bleibt oft nicht mehr die Zeit zu entschleunigen, das eigene Handeln  zu reflektieren und vielleicht zwischendurch nach links und rechts zu schauen, wer momentan in unseren Reihen Hilfe und Unterstützung braucht.

Die Schiffleute taten genau das. Trotz einer rauen und derben Art, welche den Schiffleuten in etlichen Quellen nachgesagt wird – bei Herrn Dr. Bernrieder sind das ewige Fluchen, das Sakramentieren und das Trinken besonders prägnant herausgearbeitet– strebten die Schiffleute nach Redlichkeit und Frömmigkeit. Nach jeder überstandenen Ausfahrt dankten Sie im gemeinsamen Gebet und bauten Dank und Vertrauen zu Gott auf. Aber nicht nur das Vertrauen zu Gott prägte die Innschiffler, sondern bei jeder Reise, die gemeinsam und erfolgreich bewältigt wurde, baute man auch gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung in diejenigen Personen auf, die mit einem auf Reisen gingen.   Lassen Sie es uns allen den Schiffleuten nachmachen.

400 Jahre Neubeurer Schiffleutbruderschaft – Festsonntag

Schauen wir wieder mehr nach links und rechts, auf die Hilfsbedürftigen in unseren Reihen und diejenigen die unsere Unterstützung brauchen. Wir haben viele Aufgaben vor unserer Brust, die es zu lösen gilt – die Hilfe und Integration unserer Flüchtlinge – auch heute sind wieder etliche Ukrainer am Marktplatz unter uns – ist dabei in der nächsten Zeit wohl die eine Wesentliche. Suchen wir nach der Pandemie wieder die Gespräche und bauen das Vertrauen und die Wertschätzung zueinander wieder auf, welches wir benötigen um in unserer Gemeinschaft und in unserem Alltag gemeinsam voranzukommen. Als Schirmherr der Veranstaltung und Bürgermeister unserer Gemeinde bin ich optimistisch und überzeugt davon, dass uns das gerade in Neubeuern und in den Inntalgemeinden gelingt. Nehmen Sie alle wieder an den zahlreich geplanten Veranstaltungen teil und rücken wir wieder näher zusammen.

Ich wünsche heute allen einen wunderbaren Festsonntag, viele gute Gespräche, eine gute Zeit und schließe natürlich mit einem – Nahui in Gotts Nam!

Einen ersten großen Bilderbogen des Festsonntags finden Sie hier, sowie in unserem weiteren Beitrag an dieser Stelle.
Einen Fernsehbeitrag des Bayerischen Fernsehens zum Festtag finden Sie in der Br-Mediathek.
Fotos: Rainer Nitzsche / Hötzelsperger – Stangen der Schiffsleut-Bruderschaft / Gottesdienst / Fahnensegnung







Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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