Nur ganz wenige Vereine in der Region haben eine so lange und wechselvolle Geschichte: die Krieger- und Soldatenkameradschaft Aschau feiert ihren 200. Geburtstag. Lediglich die Gebirgsschützenkompanien und einige wenige königlich privilegierte Feuerschützengesellschaften können auf eine derart lange oder noch längere Geschichte zurückblicken.
Napoleon ist an allem schuld, er war indirekt an der Vereinsgründung beteiligt: 14 Soldaten aus Aschau zogen 1812 in der Grande Armee Napoleons gemeinsam mit 30000 weiteren bayerischen Soldaten nach Russland, nur zwei Männer – der Schustersohn vom Fellerer und der Ehgartsohn von Grünwald – kehrten nach Jahren in die Heimat zurück. Zwölf Männer aus dem Priental blieben für immer in Russland, unter ihnen auch der Sohn des damaligen Schlossherrn, Graf Friedrich von Preysing. Er war Oberst und Commandant des Königlich Bayerischen Linien-Infanterie-Regiments 10 in Ingolstadt. An sie erinnert noch heute eine Gedenktafel an der Aschauer Kreuzkapelle.
Bereits 1816 kamen die Veteranen aus den napoleonischen Kriegen zum ersten Mal zusammen und legten fest, sich jedes Jahr am Kirchweihmontag – dem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig – bei einem Gedenkgottesdienst zu treffen, um ihrer gefallenen Kameraden zu gedenken. Das war der Beginn und Auslöser für die erste Vereinigung der Veteranen in der Region; zunächst war es nur eine lose Verbindung ohne besondere Statuten oder eine Satzung. Erst im Jahr 1819, als alle überlebenden Kriegsteilnehmer nach Krieg und Gefangenschaft wieder zu Hause waren – erhalten ist ein Fahnenband mit der Jahreszahl 1819 – nahm die Verbindung eine festere Form an. Die offizielle Gründung verzögerte sich jedoch noch. Erst im Jahr 1822 entstand der „Militär-Veteranenverein“ in Aschau. Drei Namen aus der Gründungszeit sind überliefert: Wolfgang Gsinn, Schneider aus Brückl, Georg Manhardstätter, Nagelschmiedgeselle und Johann Reiserer, Waldhausersohn aus Bach. Die erste Fahne wurde von der damals aufgelösten Gebirgsschützenkompanie übernommen. 1840 verlieh König Ludwig I. den beiden letzten noch lebenden Kriegsteilnehmern das Frankreichkreuz. Beide Ehrenzeichen sind erhalten und befinden sich noch heute am Ordensband der Vereinsfahne. 1847 wurde eine Gedenktafel für die Gefallenen von 1812 in der Pfarrkirche enthüllt.
Heute – 200 Jahre danach – sieht sich der Verein in seiner Satzung als ein Zusammenschluss von ehemaligen Kriegsteilnehmern, Soldaten und Reservisten sowie fördernden Mitgliedern. Er fühlt sich besonders verbunden mit denen, die in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts Leid, Opfer und Entbehrungen erfahren mussten. Ebenso besteht eine enge Verbindung mit den Soldaten und Reservisten der Bundeswehr, die mit ihrem Dienst einen Beitrag für die Sicherheit, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes geleistet haben. Der Verein fördert die Errichtung, Erhaltung und Pflege der Denkmäler und Ehrenmale für die Kriegsopfer in Aschau; das wird durch die Teilnahme an öffentliche Veranstaltungen und Gedenkfeiern in würdiger Weise unterstützt. Im Besonderen hat er es sich zur Aufgabe gestellt, seinen Mitgliedern ein würdiges Begräbnis teilwerden zu lassen. „Im Rahmen einer würdigen Beerdigung verabschieden wir unsere verstorbenen Kameraden mit Fahnenbegleitung, Musik „Dem Guten Kameraden“, einem Kranz oder einer Schale sowie einer Ansprache“.
Zu ihrem stolzen Jubiläum hat die KSK Aschau eine reich bebilderte Festschrift, verfasst von Rolf Danielowski herausgegeben.
Nach der Vereinsgründung kümmerte sich der Verein in den folgenden Jahrzehnten um alle Soldaten, die aus dem aktiven Militärdienst bei der königlich bayerischen Armee ausgeschieden waren oder in den Einigungskriegen im Feld gestanden waren. Das Ordensband der Fahne enthält ein Gedenkkreuz mit der Jahrzahl 1866. Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 waren 44 Aschauer ins Feld gerückt. Neun blieben in Frankreichs Erde zurück und drei erlagen später ihren Verwundungen. Ein Eisernes Kreuz zweiter Klasse mit der Jahreszahl 1870, das sich ein Aschauer erworben hatte, schmückt das Ordensband. 1874 änderte man den bisherigen Namen in „Veteranen- und Kriegerverein“ mit Sitz in Niederaschau. Das 70 jährige Gründungsfest feierte man 1891, verbunden mit der Weihe einer neuen Fahne und der Enthüllung des Denkmals für den Krieg von 1870/71 an der Pfarrkirche.
Als 1914 der erste Weltkrieg begann, wurden viele Aschauer an den verschiedensten Fronten eingesetzt. Aus der Gemeinde Aschau waren es insgesamt 330 Mann, die eingezogen wurden. 87 davon kehrten nicht mehr in die Heimat zurück. Während des ganzen Krieges war auf Schloss Hohenaschau ein Lazarett eingerichtet, in dem auch Freifrau Annie von Cramer-Klett als Krankenschwester tätig war. 1919 hielt der Veteranenverein die erste Generalversammlung nach dem ersten Weltkrieg ab. Zum 100 jährigen Jubiläum 1922 wurde wiederum eine neue Fahne geweiht. Ein sterbender Krieger auf der einen und das Abbild der Patrona Bavaria auf der anderen Seite versinnbildlichen die Leiden des Krieges und das Vertrauen auf Bayerns Schutzfrau Maria. Die beiden Kriegerdenkmäler in Hohen- und Niederaschau wurden errichtet.
Im zweiten Weltkrieg mussten 79 Aschauer Kameraden ihr Leben lassen. Auf dem Ordensband befinden sich folgende Kriegsorden aus dieser Zeit: EK I, Sturmabzeichen, Verwundetenabzeichen, Fallschirmjägerabzeichen, EK II am Band.
1951 wurde die erste Generalversammlung nach dem zweiten Weltkrieg einberufen Ebenfalls im Jahr 1951 wurde das Gedenkkreuz für die Gefallenen des Chiemgaus auf der Kampenwand durch die Höslwanger Josef Hell und Franz Schaffner errichtet. Im Jahr 1954 erfolgte der Anschluss an die Interessengemeinschaft der Kameradschaften im Landkreis Rosenheim. Zu diesem Zeitpunkt zählte der Aschauer Veteranenverein rund 220 Mitglieder.
Um junge Mitglieder, die ihren Wehrdienst bei der Bundeswehr geleistet haben, für den Verein zu gewinnen, beschloss man im Jahr 1971 den Namen von „Veteranen- und Kriegerverein“ in „Krieger- und Soldatenkameradschaft Aschau“ zu ändern. Bei der Generalversammlung 1975 wurde beschlossen, fördernde Mitglieder in den Verein aufzunehmen. Durch aktives Werben um neue aktive und passive Mitglieder zählte der Verein zu diesem Zeitpunkt rund 300 Mitglieder. Lange Jahre war die Vorstandschaft mit der Renovierung und Vervollständigung der vier Kriegerdenkmäler in Nieder- und Hohenaschau befasst. Eine Zusammenlegung aller Kriegerdenkmäler zu einer gemeinsamen Aschauer Gedenkstätte am Kirchplatz konnte nicht verwirklicht werden.
Mit Hans Pellkofer wurde 1989 erstmals ein Soldat der Bundeswehr an die Vereinsspitze gewählt.
Der Erhalt und die Renovierung der Denkmäler blieb eine wesentliche Aufgabe für die neue Vereinsführung. Das Denkmal in Niederaschau blieb an der alten Stelle erhalten und wurde mit neuen Gedenksteinen und den Namen der Gefallenen des zweiten Weltkrieges ergänzt. Das Denkmal für die Gefallenen des deutsch-französischen Krieges 1870/71 an der Pfarrkirche Aschau wurde 1992 ebenfalls renoviert. Anlässlich des 175 jährigen Jubiläums wurde die Gründungstafel von 1819 neu hergestellt. Die KSK Aschau gab in diesen Jahren für Renovierungen und Neuherstellungen rund 33000 Mark aus und leistete damit auch einen großen Beitrag zur Vereins- und Heimatgeschichte.
Die Fahne aus dem Jahr 1891 konnte nicht mehr renoviert werden und musste neu erstellt werden. So war die Segnung der neu wiederhergestellten und fast ausschließlich aus Spendengeldern finanzierten Fahne aus dem Jahr 1891 bei der Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Einweihung des Chiemgau-Kreuzes und 35 Jahre Kapelle „Maria, Königin des Friedens“ auf der Kampenwand ein Höhepunkt im Vereinsjahr 2010/2011. Die Predigt und Segnung übernahm Weihbischof Bernhard Haßlberger. An dieser Gedenkmesse nahmen Abordnungen mit insgesamt 91 Fahnen teil.
2011 setzte der Bundestag die allgemeine Wehrpflicht aus und nahm damit den Kameradschaften und Veteranenvereinen die Möglichkeit junge Wehrpflichtige der Bundeswehr in die Vereine zu integrieren und damit langfristig das Überleben dieser Vereine zu sichern.
Im Jubiläumsjahr 2019 wird der Verein von den beiden Vorsitzenden Hans Pellkofer und Anton Ablinger geführt, verantwortlich für die Kasse ist Martin Berghammer und für die Schriftführung Rolf Danielowski. Um die Fahne kümmern sich die beiden Fähnriche Werner Stuhlrainer und Albert Lettenbichler, sowie Gerhard Pellkofer, Alex Kramer und Andreas Kink als Begleiter. Reservistensprecher Thomas Heinl und die vier Beisitzer Paul Kink, Georg Mix, Peter Stein und Hans Hailer runden das Gremium ab.
In der Tradition sollten weiterhin an Allerheiligen in Hohenaschau und am Volkstrauertag am Denkmal 1870/71 sowie am Denkmal in Niederaschau aller Gefallenen gedacht werden. Veranstaltungen, die der Erhaltung des Friedens, der Völkerverständigung und der Kameradschaft dienen, werden wie bisher von der KSK unterstützt.
Um diese Tradition zu halten und finanzieren zu können, ist es notwendig, viele junge Männer für den Verein zu gewinnen. Nach der Aussetzung der Wehrpflicht sollen – nach dem Wunsch der Krieger- und Soldatenkameradschaft Aschau – möglichst viele junge Burschen aus Aschau der KSK beitreten, um so die kameradschaftlichen und friedenssichernden Gedanken zu verbreiten und damit die Tradition zu sichern.
Programm
Für den Festabend im Saal des Chalet am Samstag, 12. Oktober ist folgendes Programm vorgesehen:
200 Jahre Krieger- und Soldatenkameradschaft Aschau
- 17 Uhr Ökumenischer Gottesdienst mit Pfarrer Paul Jansen und Pfarrerin Betina Heckner in der Pfarrkirche Aschau
- Nach dem Gottesdienst kurzes Gedenken an alle Kriegsopfer, sowie die Verstorbenen des Vereins bei der Gründungstafel an der Kreuzkapelle.
- Abmarsch zum Chalet um ca. 18.15 Uhr am Kirchplatz über Zellerhorn- Schulstraße zur Bahnhofstraße mit kurzem Absenken der Fahnen am Denkmal in Niederaschau.
- Eintreffen Chalet um ca. 19 Uhr – Begrüßung der Festgäste.
- Abriss über die Chronik der Krieger- und Soldatenkameradschaft Aschau
- Grußwort durch den Ersten Bürgermeister
- Ehrung für verdiente Mitglieder des Vereins
Bericht und Fotos: Heinrich Rehberg
Die neu gesegnete Aschauer Veteranenfahne bei der Kampenwandfeier
Gedenkfeier am Ehrenmal in Hohenaschau – jedes Jahr am 1. November
Gedenkfeier am Ehrenmal in Niederaschau – jedes Jahr am Volkstrauertag
Die Gedenkfeier auf der Kampenwand erinnert nicht nur an die Gefallenen und Vermissten des Chiemgaus sondern steht auch für Frieden und Freiheit in unserer unruhigen Welt
Die beiden Vorsitzenden der Krieger- und Soldatenkameradschaft Aschau Hans Pellkofer (links) und sein Stellvertreter Anton Ablinger
Ein Teil des ehemaligen Kriegeraltars die „Herablegung“, geschaffen von Angelo Negretti für die Gefallenen des ersten Weltkrieges und gestiftet vom Seidenfabrikanten Konsul Kotzenberg an den Veteranen- und Kriegerverein Aschau im Jahr 1922, fand seine neue Heimat in der Aussegnungshalle am Aschauer Friedhof.