„Die Welt ist nicht mehr von Sachrang abgeschlossen“. Die Grenze südlich von Sachrang am Wildbichl nach Tirol ist wieder offen: keine Straßensperre, kein Bauzaun, keine blauen Planen, keine Grenzsoldaten des Bundesheeres mit Maschinenpistolen oder Sturmgewehren hindern die Autofahrer auf ihrem Weg von Sachrang nach Niederndorf und Ebbs. Lediglich die Betonsperren am westlichen Straßenrand erinnern noch an die vier Monate, an denen hier die Welt zu Ende war. Sie sollten verhindern, dass Autofahrer mit geländefähigen Fahrzeugen die österreichische Staatsgrenze und ihre Sperren mit einer Fahrt über die Wiese umgingen und diese Grenze widerrechtlich überschritten. Für die Sachranger ist jetzt vieles wieder einfacher geworden: sie können ohne Riesenumwege ihre Arbeitsplätze im bayerischen Inntal und im benachbarten Tirol erreichen. Auch der stillschweigend geduldete kleine Grenzverkehr mit dem Segen der Behörden und vielfach unter den Augen der Gendarmerie und des Bundesheeres, die Belieferung des Sachranger Dorfladens und des Prientaler Bergbauernladens mit Käse, Wurst und landwirtschaftlichen Produkten aus Tirol ist Geschichte. Die Lieferungen können nun wieder ohne Einschränkungen erfolgen.
Zahlreiche Bewohner des Prientales nutzten die Grenzöffnung sofort, um in Hatzenstädt ihren Brotzeitkäse zu kaufen und um an der Tankstelle in Wildbichl den Tank ihres Autos mit günstigem Sprit zu füllen.
„Die Versorgung mit Lebensmitteln und Verbrauchsmaterial – einschließlich Klopapier – für Sachrang stand zu jeder Zeit! In diesen Zeiten bewies sich jeden Tag aufs Neue, wie wichtig die unmittelbare Nahversorgung aus der Region für einen Ort ist“, erklärt Josef Mispagel vom Sachranger Dorfladen, der in diesen Tagen sein zehnjähriges Bestehen feierte. „Im vergangenen Jahr hatten wir die Schneekatastrophe, heuer schnitt der Corona-Virus die Welt draußen von uns hier in Sachrang ab. Das Motto für einen Lebensmittelladen muss also heißen: „Aus der Region – für die Region“. Das umfangreiche Sortiment des Dorfladens umfasst alles, was das Dorf so zum Leben braucht und sollten wir heute etwas nicht haben, dann haben wir es morgen. Wir verlassen uns nicht auf weltweite Lieferanten, sondern beziehen große Teile unseres Sortiments direkt aus der Region, vom Bäcker, vom Metzger und von der Genossenschaftskäserei. Der Laden ist also der direkte Vermittler zwischen Erzeuger und Verbraucher.“
Die Männer der Sachranger Feuerwehr sind wieder voll in den Alarmplan der benachbarten Feuerwehren eingebunden: „Wenn irgendwo Hilfe benötigt wird, dann kommen wir zum Einsatz, egal ob vor der Tiroler Grenze oder dahinter und für die Kameraden der Feuerwehr vom Niederndorfer Berg gilt das Gleiche“.
Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg