Kultur

Besuch beim Blechblasinstrumentenbauer in Aschau

Veröffentlicht von Anton Hötzelsperger

„Ich liebe das, was ich mache“, fasst Blechblasinstrumentenbaumeister Peter Baumann (52) seine Berufsauffassung in einem kurzen Satz zusammen. „Deshalb funktioniert es“. Er ist einer der letzten in Bayern und einer der wenigen in ganz Deutschland, die dieses Handwerk noch am Leben erhalten. „Musiker und Instrumente gibt es viele, dank der Musikschulen und der frühen musikalischen Ausbildung der Kinder ist ein Riesenbedarf an Blasinstrumenten entstanden“. Dieser wird heutzutage vor allem durch industriell gefertigte Instrumente gedeckt, ein handgefertigtes Blechblasinstrument wird man wohl kaum für einen zehnjährigen Anfänger kaufen. Eine Baumann-Trompete, ein Flügelhorn oder Basstrompete ist schon etwas ganz Besonderes für die Meister ihres Faches, dabei ist es egal, ob sie irgendwo bei den Philharmonikern im großen Orchester oder beim Musikverein Hayingen spielen. Sie alle schätzen das präzise Handwerk und die Erfahrung Peter Baumanns, die er seit über 30 Jahren an verschiedenen Orten gewann. Egal ob aus Japan, Italien, Australien oder Hayingen sie alle kommen nach Aschau in den Chiemgau, um bei ihm die verschiedenen Varianten ihres Blasinstrumentes zu probieren und ein speziell auf sie abgestimmtes Exemplar zu bestellen. Wer da aber meint, er könne sich im Laden einfach eine fertige Trompete oder ein Flügelhorn greifen und mitnehmen, der ist allerdings an der falschen Adresse. „Ich bin Instrumentenbauer und kein Instrumentenladen“. Jedes Instrument ist einmalig. Die Kunden suchen sich in der Werkstatt genau ihre eigene Variante aus, die zu ihnen und ihren Fähigkeiten passt und die ihnen Peter Baumann schließlich nach Maß baut. „Ich muss wissen: was spielt der Musiker – Orchester oder Kammermusik – was kann er, welche Stärken muss ich betonen, welche Schwächen ausgleichen?“ Wenn man weiß, dass man aus den Teilen einer Trompete 78 verschiedene Varianten des Instrumentes bauen kann, dann kann man wirklich von einem „Maßanzug“ reden. Ein Jahr müssen die Kunden üblicherweise auf ihr Instrument warten, dann ist es fertig – und ist einmalig auf der Welt. „Zum Abholen kommen sie dann auch wieder her“, erzählt Baumann. „Es ist schön zu sehen, wenn die Leute ihr Instrument abholen und total begeistert sind. Viele sparen ewig für so ein Instrument und die Reise nach Aschau; da kann es schon passieren, dass ein Kunde nasse Augen hat, wenn er sein Instrument zum ersten Mal in den Händen hält“.

Konzerttrompeten, Jazz-Trompeten, Flügelhörner, Basstrompeten, Ventil-Posaunen, und Tenorhörner entstehen in der Aschauer Werkstatt. Allerdings nimmt die Anfertigung eines einzigen Instruments so viel Zeit in Anspruch, dass Peter Baumann im Monat maximal drei bauen kann. Das macht im Jahr 30 bis 35 Instrumente, davon etwa zehn Basstrompeten. Diese sind zusammen mit dem Flügelhorn gewissermaßen seine Spezialität.

„Corona hat für mich keine Beschränkungen gebracht, da Wohnung und Werkstatt in einem Haus sind. Ich habe keinen Arbeitsweg und muss das Haus nicht verlassen. Die Bestellungen liegen für das ganze Jahr vor und werden nach und nach abgearbeitet, Material ist ebenfalls genügend vorhanden. Da fast alle Arbeitsschritte im Haus erfolgen, gab es auch keine Engpässe bei Einzelteilen. Ich kann arbeiten“.

Aber wie wird man denn nun eigentlich Blechblasinstrumentenbaumeister? Bei Peter Baumann fing alles damit an, dass er in der Jugendblaskapelle in Rosenheim das Flügelhorn spielte und ein gutes neues Instrument haben wollte. Das gab es beim Instrumentenbauer Axel Müller in Brannenburg – kostete aber viel Geld. Der junge Peter brachte das Geld zusammen und das Flügelhorn wurde für ihn nach Maß gebaut. Der Kontakt blieb bestehen; als Axel Müller ein paar Jahre später einen Lehrling suchte, war der berufliche Weg von Peter Baumann vorgegeben. „Mich faszinierte die Kombination von Musikalität und Technik“. Die Berufsschule machte er an der Geigenbauschule in Mittenwald: „für die Praxis waren wir Blechleute in einer eigenen Klasse zusammengefasst, die anderen Fächer hatten wir gemeinsam mit den Geigenbauern“. Bei seiner Gesellenprüfung war er Innungsbester und zugleich Landessieger im Blechblasinstrumentenbau. Als Weiterbildung und um das Herstellen von Jazztrompeten und Pumpventilen zu lernen, ging er für einige Zeit in die USA. Aber die Aufteilung der Fertigung in so viele verschiedene einzelne Gewerke war nicht das, was er gelernt hatte und unter Instrumentenbau verstand. „Ich habe Instrumentenbauer gelernt und nicht Baugruppenmonteur“. In seiner Freizeit spielte er dort nebenbei in der „Golden Gate Blaskapelle“ mit. Nach dem schweren Erdbeben in Kalifornien 1989 kehrte er zurück in die Heimat und machte seinen Meister. Zwei Jahre später gründete er seine eigene Firma in Aschau und baute sich seinen Kundenkreis auf – erst regional, dann national und schon bald international auf allen Kontinenten.

Sein Arbeitstag ist keineswegs auf acht Stunden beschränkt und die 38 Stundenwoche ist für ihn Illusion, auch an Samstagen ist selten frei. Das Herstellen einer Trompete oder eines Flügelhorns ist extrem aufwändig und erfordert das Fachwissen mehrerer Gewerke: Baumann ist Schallstückmacher, Maschinenbauer und Instrumentenkonstrukteur in einem. Die Maschinen für besondere Anforderungen konstruierte und baute er zum Teil sogar selbst. Weil er während seiner Lehr- und Gesellenjahre in allen Sparten, die für den Bau eines Blechblasinstruments nötig sind, einmal gearbeitet hat, erledigt Peter Baumann fast alle Arbeitsschritte selbst. „Lediglich die Ventilbüchse und das Ventil bekomme ich CNC-gedreht geliefert. Da arbeite ich mit einem Betrieb zusammen, der seit 1866 nur Ventile macht“, erklärt er, „die können das, wie nur wenige auf der Welt“. Den Korpusbau hingegen macht er ganz alleine. „Das wichtigste Werkzeug beim Bau meiner Instrumente sind meine Hände. Ich bin alleine in meiner Werkstatt, ich mache vom Rohzuschnitt bis zum spielfertigen Instrument alles selber, darum bin ich auch ganz alleine für das Ergebnis verantwortlich“.

Am Anfang eines jeden Instruments, egal ob Konzerttrompete, Jazz-Trompete, Flügelhorn, Basstrompete, Ventil-Posaune oder Tenorhorn steht eine Rolle Blech – Messing oder Neusilber – frisch aus der Fabrik. Der Bau eines jeden Instruments beginnt mit dem Zuschnitt des Blechs mit einer Schablone. Anschließend werden die Teile zusammengelötet. Niemand könnte in dem unförmigen Teil schon eine elegante Trompete oder ein glänzendes Flügelhorn erkennen. Dann wird der Schallbecher herausgedrückt und die Oberflächen werden hart geklopft. Die Materialstärke beträgt dabei nur 0,35 bis 0.5 Millimeter. Dann wird das ganze Instrument gebogen, anschließend gefeilt und geschliffen und wenn schließlich alles fertig zusammengelötet ist, kommen noch einmal bis zu zehn Stunden Arbeit auf den Meister zu: Das Instrument muss überall auf Hochglanz poliert werden, damit es für die Galvanik und die Vergoldung bereit ist. Nach der Gravur schickt er seine Instrumente schließlich nach Wien zum Versilbern und Vergolden. „Es gibt nicht mehr viele solcher Spezialisten. Dort in Wien bekommt man die höchste Qualität“. Wenn die Instrumente schließlich aus Wien zurückkommen und von Peter Baumann zusammengebaut und hochglanzpoliert wurden, können sie endlich von den neuen Besitzern abgeholt werden.

Freizeit ist eines der Fremdworte, die in der Werkstatt am Ortseingang von Hohenaschau weitgehend unbekannt sind, kann er tatsächlich einmal ein paar Stunden abzweigen, dann malt Peter Baumann. Zurzeit arbeitet er an einem großen Selbstporträt, ob und wann es fertig wird, kann er nicht sagen, das entscheiden seine Kunden. Lediglich für die Feuerwehr macht er eine Ausnahme: wenn der Alarm ertönt, dann rückt Peter Baumann auf einem der ersten Wagen mit aus: „Wenn man helfen kann, dann soll man das tun. Wer weiß, ob man auch selbst einmal Hilfe benötigt und dann ist man froh darum“.

Kontakt: Blechblasinstrumentenbau Peter Baumann, Kampenwandstr. 71a, 83229 Aschau im Chiemgau, Telefon 08052-5311, baumann@blechblasinstrumente.de.

Bericht und Bilder: Heinrich Rehberg

Redaktion

Anton Hötzelsperger

Als freier Journalist bin ich bereits seit vielen Jahren mit der täglichen Pressearbeit für die Region Chiemsee, Samerberg und Oberbayern befasst. Mit den Samerberger Nachrichten möchte ich eine Plattform bieten für Beiträge aus den Bereichen Brauchtum, Landwirtschaft, Tourismus und Kirche, die sonst vielleicht in den Medien keinen breiten Raum bekommen würden.

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